Steigender Energiehunger

Sorgt KI für ein Revival der Atomkraft in den USA?

09.07.2024 von Jürgen  Hill
Der Siegeszug von ChatGPT und Co. lässt in den USA den Stromverbrauch explodieren. Neue Kernkraftwerke sollen den Energiehunger decken.
Um den steigenden Energiebedarf für KI zu decken, setzen viele US-Tech-Unternehmen auf die Kernkraft.
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Laut einer Studie des Forschungsinstituts Epoch AI, das wichtige KI-Trends untersucht, ist die für den Betrieb von LLMs benötigte Rechenkapazität seit 2010 jährlich um das Vier- bis Fünffache gestiegen. Und nach Angaben des Weltwirtschaftsforums (WEF) verdoppelt sich die für die KI-Weiterentwicklung erforderliche Rechenleistung etwa alle 100 Tage.

Energiebedarf der KI wächst um bis zu 36 Prozent

Ferner könnte nach Berechnungen des WEF die Rechenleistung für KI um das bis zu 10.000-Fache ansteigen, nur um die Effizienz von KI-Modellen um den Faktor Zehn zu steigern. Weiter führt die NGO aus, dass der Energiebedarf für KI-Aufgaben mittlerweile jährlich zwischen 26 und 36 Prozent wachse.

Angesichts dieser Zahlen verwundert es nicht weiter, dass Open AI, Microsoft, Google, Amazon, Meta etc. nach neuen Stromquellen suchen, um den Energiebedarf zu decken. Doch dieser Energiehunger hat mehrere Haken.

Verteuert KI den Strom?

So würden die meisten Technologieunternehmen keine neuen Ökostromquellen erschließen, sondern Strom aus bestehenden Stromquellen nutzen. Erste kritische Stimmen warnen deshalb davor, dass die Preise steigen könnten. Ferner wird befürchtet, dass der Energiehunger der KI das Ziel einer CO2 -Reduktion verzögert.

Kernkraft für die KI

Um dies zu vermeiden, liebäugeln viel Tech-Unternehmen mit Atomstrom, um ihre Rechenzentren emissionsfrei zu betreiben. So berichtet das Wall Street Journal, dass sich die Eigentümer von etwa einem Drittel der US-Kernkraftwerke in Gesprächen mit Technologieunternehmen befinden, um Strom für neue Data Center bereitzustellen, die benötigt werden, um die Anforderungen des KI-Booms zu erfüllen.

Nur grün dank Atomstrom

Selbst Amazon setzt mittlerweile auf Atomstrom, um das selbstgesteckte Ziel der Netto-Null-Missionen bis 2040 überhaupt erreichen zu können. Ursprünglich wollte das Unternehmen bis 2025 den gesamten Strom, der in den Betrieben verbraucht wird, zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien gewinnen.

So wird beispielsweise erwartet, dass Amazon Web Services ein Geschäft mit Constellation Energyabschließt, um den Cloud-Riesen direkt mit Strom aus Kernkraftwerken zu versorgen. Ein Amazon-Tochterunternehmen hat außerdem 650 Millionen Dollar für den Kauf eines mit Atomstrom betriebenen Rechenzentrums von Talen Energy in Pennsylvania ausgegeben.

US-Regierung will Bau neuer AKWs unterstützen

Ferner plant das Unternehmen den Bau von 15 neuen Rechenzentren auf seinem Campus, die mit diesem Strom versorgt werden sollen, so die in Pennsylvania ansässige Zeitung The Citizen's Voice. Und das Weiße Haus kündigte erst kürzlich an, dass es die Entwicklung neuer Kernkraftwerke im Rahmen seiner Initiative zur Förderung von kohlenstofffreiem Strom oder grünen Energiequellen unterstützen will.

SLMs als Ausweg?

Andere wiederum halten die ganze Entwicklung für einen Irrweg und glauben das die Lösung in kleineren KI-Modellen liegt, die weniger Hardwareressourcen und damit weniger Strom benötigen. "Früher oder später wird die Skalierung der GPU-Chips nicht mehr mit der Zunahme der Modellgröße Schritt halten können", warnt etwa Avivah Litan, Vice President und Analystin bei Gartner Research. "Es ist also keine praktikable Option, die Modelle immer größer zu machen."

Dementsprechend werden kleinere, stärker branchen- oder geschäftsorientierte algorithmische Modelle (SLMs) propagiert. Sie könnten oft bessere, auf die Geschäftsanforderungen zugeschnittene Ergebnisse liefern.