Berater für Product-Lifecycle-Management

Spezialisierte Allrounder

14.06.2012 von Michael  Schwengers
PLM-Berater sind gleichzeitig Generalisten und Spezialisten. Denn sie müssen in ihrem Job den gesamten Produktlebenszyklus im Auge behalten und dennoch immer wieder auch in die Tiefe gehen. Dafür benötigen sie Technik-, BWL und IT- Kenntnisse. Wer den hohen Anforderungen genügt, dem stehen attraktive Karrieremöglichkeiten offen.
Katarzyna Nowak ist seit drei Jahren PLM-Beraterin bei MHP.
Foto: MHP

"Vielfältigkeit" ist der Begriff, den Katarzyna Nowak am häufigsten verwendet, wenn sie über ihren Beruf spricht. Die diplomierte Wirtschaftsingenieurin ist seit mittlerweile einem Jahr Beraterin für den Bereich Product Lifecycle Management (PLM) - seit etwa einem Jahr arbeitet sie für die Prozess- und IT-Beratung Mieschke Hofmann und Partner (MHP), die vor allem Unternehmen aus der Automobilbranche betreut. Vielfältig seien die Herausforderungen, die es im Auftrag der unterschiedlichen Kunden zu lösen gelte, sagt sie. Vielfältig sei aber auch das Thema PLM an sich.

Das liegt vor allem daran, dass sich das Management von Produktlebenszyklen grundsätzlich über die gesamte Wertschöpfungskette erstreckt - von der Entwicklung über die Produktion bis zum After Sales und wieder zurück. Entsprechend eng sind PLM-Aufgaben auch mit anderen Geschäftsprozessen im Unternehmen verzahnt. So müssen sich die Verantwortlichen zum Beispiel genauso mit den Einkaufskosten für Vorprodukte beschäftigen wie mit den Rückmeldungen der Kunden. Das wiederum macht eine vernetzte IT-Landschaft erforderlich, die eine Vielzahl von Prozess-Schnittstellen aufweist. "Als PLM-Beraterin lerne ich so zwangsläufig alle Bereiche eines Unternehmens kennen und gewinne sehr schnell einen guten Überblick", sagt Nowak.

Mit Überblick und bis ins Detail

Das Management von Produktlebenszyklen erstreckt sich über die gesamte Wertschöpfungskette.
Foto: apops - Fotolia.com

Der ist auch unbedingt erforderlich, besteht doch eine Hauptaufgabe für PLM-Berater darin, die komplexen Verzahnungen entlang des gesamten Produktlebenszyklus sowie zwischen dem PLM- und den übrigen Bereichen sinnvoll zu gestalten. Sinnvoll heißt in diesem Fall: Die Prozesse zwischen den verschiedenen Wertschöpfungsschritten sollten nahtlos ineinandergreifen, so dass Produktdaten ungehindert fließen können. Nur wenn das gelingt, lassen sich zum Beispiel Einkaufspreise für Rohstoffe und Vorprodukte mit Produktstrukturen in Beziehung setzen. Und erst das ermöglicht es, die Kosten eines neuen Produkts bereits zu einer sehr frühen Phase während der Entwicklung zu ermitteln. Realisieren lassen sich solche verzahnten Prozesse nur, wenn sie von der IT nahtlos abgebildet werden. Die Kunst der Berater besteht daher vor allem darin, Lösungen aus unterschiedlichen Bereichen geschickt miteinander zu kombinieren.

Neben dieser weiten Perspektive wird PLM-Beratern aber auch ein genauer Blick abverlangt - immer dann, wenn es um die Details geht. Ein Beispiel dafür ist das Änderungs-Management während der Produktentwicklung: Je besser es auf den spezifischen Bedarf eines Unternehmens zugeschnitten ist, desto besser gelingt es, den aktuellen Stand zu dokumentieren und so auch an weltweit verteilten Standorten gemeinsam an einem Projekt zu arbeiten. Nowak: "Ob es bei einem Kunden nun um die Gesamtstruktur oder um ein Detail geht - wichtig ist immer, zunächst genau zuzuhören, die Ist-Situation zu erfassen und die Anforderungen zu verstehen."

Fasziniert von industrieller Produktion

Ihr Interesse an der Automobilbranche zieht sich durch den Lebenslauf von Katarzyna Nowak. Sie studierte Wirtschaftsingenieurwesen mit Schwerpunkt Fahrzeugtechnik, schrieb ihre Diplomarbeit bei Porsche und arbeitet nun seit rund einem Jahr bei der auf Automotive-Unternehmen spezialisierten Prozess- und IT-Beratung MHP. Der Berufsweg hat Nowak auch zum Thema PLM gebracht, das sie heute nicht mehr missen möchte. Sie reizt die Vielfältigkeit und der enge Kontakt mit den Kunden.

Im Anschluss entwerfen die PLM-Berater gemeinsam mit Mitarbeitern aus den betroffenen Fachbereichen des Kunden ein Konzept, das die Prozesse und die IT gleichermaßen berücksichtigt. Zum Schluss passen sie die bestehende Software an und führen bei Bedarf neue Lösungen ein.

Fach-Know-how auf drei Gebieten

Frank Balbo, MHP: "PLM-Berater verbringen viel Zeit am Projektstandort."
Foto: MHP

"PLM-Berater arbeiten sehr eng mit den Verantwortlichen beim Kunden zusammen", sagt Frank Balbo, der bei MHP als Senior Manager für den Bereich PLM und auch für die Einstellung neuer Mitarbeiter mitverantwortlich ist. "Das bedeutet zum einen, dass sie einen großen Teil ihrer Arbeitszeit am Projektstandort verbringen. Zum anderen müssen sie auf die einzelnen Mitarbeiter und deren unterschiedliche Anforderungen eingehen, dürfen dabei aber nicht die Unternehmensziele und den Projekterfolg aus den Augen verlieren."

Kommunikationstalent und Teamfähigkeit sollten PLM-Berater daher auf jeden Fall mitbringen. Erforderlich ist auch ein abgeschlossenes Ingenieurs-, BWL- oder Informatikstudium. Außerdem erwartet Balbo, dass PLM-Berater mit der Zeit fachliche Kenntnisse auf drei Gebieten vorweisen: Sie sollten sich mit betriebswirtschaftlichen Abläufen auskennen - im Idealfall mit einem Schwerpunkt in einer bestimmten Branche, etwa der Automobilindustrie. Sie sollten die gängigen IT-Systeme beherrschen. Und sie sollten über ein gutes technisches Verständnis verfügen, um sich in die Entwicklung und Konstruktion von Produkten hineindenken zu können.

Für Studierende, die einen Einstieg in den PLM-Bereich in Erwägung ziehen, empfiehlt es sich nach Erfahrung von Balbo, die Lücken bewusst zu schließen, die das eigene Fach lässt. Die Maschinenbaustudentin sollte also beispielsweise auch einmal eine Veranstaltung zur Kostenrechnung besuchen, der BWL-Student einen Grundkurs zur Konstruktion. Gut lässt sich solches Wissen auch durch praktische Erfahrungen sammeln - etwa als Werkstudent oder im Zuge einer praxisnahen Abschlussarbeit.

Steigende Nachfrage

So vorbereitet ergeben sich für angehende PLM-Berater sehr gute Karrierechancen. Zum einen, weil der Bedarf an ihnen künftig weiter steigen wird. Der Grund: Viele Produkte werden immer komplexer und müssen immer schneller an den Markt gebracht werden. Die Bedeutung eines soliden Managements von Produktlebenszyklen und damit von gut organisierten Prozessen und IT-Systemen wächst. Zum anderen profitieren die Berater von ihrem guten Überblick.

"Wer ein paar Jahre lang als PLM-Berater gearbeitet hat, ist extrem breit aufgestellt und kennt sich mit sehr vielen Abläufen und einigen IT-Systemen aus", sagt Balbo. Daher sei es sehr leicht möglich, auch in andere Bereiche innerhalb eines Beratungsunternehmens oder in die Industrie zu wechseln und dort Führungsaufgaben zu übernehmen. Die Vielfältigkeit im Beruf ist dann aber möglicherweise Vergangenheit.

Von der Werkhalle in den Meeting-Raum

Frank Balbo ist Senior Manager bei MHP und mitverantwortlich für das Recruiting.
Foto: MHP

Begonnen hat die PLM-Karriere von Frank Balbo ganz handfest: mit einer Ausbildung zum Betriebsschlosser. Über den zweiten Bildungsweg holte er sein Fachabitur nach und begann mit einem Maschinenbaustudium. Das schloss er als deutscher Diplom-Ingenieur und als französischer Ingénieur Maîtrise Génie Mécanique gleich doppelt ab. Sein praktisches und theoretisches Wissen nutzte Balbo beim Berufsstart zunächst als Inhouse Consultant bei einem Reifenhersteller, bevor er in die Beratungsbranche wechselte. Seit 2006 ist Balbo bei der Prozess- und IT-Beratung MHP. Als Senior Manager leitet er das Competence Center PLM und ist mitverantwortlich für die Personalrekrutierung.