ERP-Software in der Industrie

Standardfunktionen sind nicht genug

04.08.2009 von Cindy Jutras
Anwender nehmen bei der Erweiterung ihrer ERP-Software Integrationsaufwand in Kauf. Was erfolgreiche ERP-Implementierungen ausmacht, davon handelt der "Aberdeen Report 2009”.

Die wachsende Bedeutung von Unternehmensapplikationen innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte hat Anbieter von Software für Enterprise-Resource-Planning (ERP-Software) veranlasst, ihre Lösungen ständig auszubauen. Der "Aberdeen Report 2009”, eine Studie zum Einsatz von ERP-Software, ergab, dass Firmen verstärkt ERP-Erweiterungen einführen, um den Funktionsumfang ihrer Lösungen auszubauen. Die Nutzung von ERP-Modulen ist dagegen leicht zurückgegangen. Für die Studie wurden in diesem Jahr 435 Fertigungsunternehmen unterschiedlicher Größe aus verschiedenen Regionen sowie Branchen befragt.

Foto: Aberdeen Group

Seit 2006 ermittelt Aberdeen die Anzahl der von Unternehmen eingerichteten ERP-Module in Kombination mit dem Anteil der tatsächlich genutzten Modulfunktionen. Betrachtet werden hier 24 generische ERP-Komponenten. Im Jahr 2006 und 2007 blieb die Modulanzahl gleich, stieg 2008 an, sank jedoch in diesem Jahr ab. Ebenso verhielt es sich mit den verwendeten Modulfunktionen: Auch deren Zahl ging 2009 zurück.

Wie die Studie ergab, haben die Anwender nach wie vor Bedarf an zusätzlichen Funktionen. Allerdings machen Firmen verstärkt Gebrauch von ERP-Erweiterungen, die im Gegensatz zu Modulen nicht Teil der jeweiligen ERP-Suite sind. Somit hat der Funktionsumfang der Software insgesamt zugenommen.

ERP-Module versus ERP-Erweiterungen

Foto: Aberdeen Group

Module einer ERP-Software nutzen das gleiche Datenbankmodell, und es gibt fast keine Datenredundanzen. Zudem wurde das Modul mit den gleichen Werkzeugen programmiert und läuft auf der gleichen Softwarearchitektur wie das Kernsystem. Das Modul folgt dem Release-Zyklus des Gesamtsystems. Anders verhält es sich bei einer ERP-Erweiterung: Stammt sie vom ERP-Lieferanten selbst, kann dessen Release-Zyklus nicht synchron zu dem der Kernapplikation verlaufen, doch das ist nicht selbstverständlich. Eine ERP-Erweiterung kann jedoch so gut in die Kernlösung eingebunden sein, dass für den Anwender kein Unterschied zu einem Modul mehr erkennbar ist. Allerdings können trotzdem Kosten für Integration und Anpassung anfallen, wenn neue Programmversionen aufgespielt werden.

Kennzahlen für die ERP-Implementierung

Nichts beschäftigt ERP-Anwender in diesem Jahr mehr, als die Kosten zu senken. Dennoch betrachten die Firmen ihre Business-Applikationen als Werkzeug, um ihre Geschäftsprozesse zu verbessern. Aberdeen hat fünf Kennzahlen aufgestellt, mit denen sich ERP-Implementierungen in Fertigungsbetrieben messen lassen. Dazu zählen die Bestandsreduktion, Genauigkeit der Bestandsbestimmung, Zeit für einen Monatsabschluss, Planungsgenauigkeit in der Fertigung und Termintreue. Dabei wird unterschieden, wie gut:

Die Firmen mit den besten ERP-Implementierungen waren in den letzten Jahren solche, die besonders intensiv von den Funktionen der Systeme Gebrauch machten. Dabei fiel auf, dass die Best-in-Class-Firmen meist Erweiterungsprodukte bei ihren ERP-Lieferanten statt von Drittanbietern gekauft hatten.

ERP-Funktionen sind wichtiger als Kosten und Integration

Es wäre zu vermuten, dass Firmen vor allem deshalb Erweiterungen von ihren ERP-Anbietern kaufen, weil sich damit die Kosten und die Integration in Grenzen halten. Wie die Studie belegt, sind Unternehmen nicht bereit, dafür auf Funktionen zu verzichten: Features der Erweiterung liegen ihnen mehr am Herzen als die Kosten und die Integrationsmöglichkeiten. Anders ausgedrückt: Ihnen reichen leichtgewichtige Komponenten, die zwar wenig kosten und leicht ins ERP-Gesamtsystem eingebunden werden können, nicht mehr aus.

Foto: Aberdeen Group

Den Softwarefirmen stehen heute Entwicklungswerkzeuge und Methoden zur Verfügung, die es ihnen erlauben, neue ERP-Funktionen schneller zu entwickeln als jemals zuvor. Diese Neuerungen liefern sie dann beispielsweise als Module aus. Anwender, die ältere Programmversionen nutzen, verschenken mitunter Potenzial, um ihre Prozesse zu verbessern.

Zuwachs an ERP-Erweiterungen

  • Transportation-Management-Systeme (TMS): 58 Prozent,

  • Supply Chain Planning (SCP): 44 Prozent,

  • Enterprise-Asset-Management (EAM): 30 Prozent,

  • Product-Lifecycle-/Data-Management (PLM/PDM): 29 Prozent,

  • Supplier-Relationship-Management (SRM): 29 Prozent,

  • Human-Capital-Management (HCM): 29 Prozent,

  • Quality-Management-Systems (QMS): 21 Prozent,

  • Customer-Relationship-Management (CRM): 20 Prozent,

  • Manufacturing Execution Systems (MES): 15 Prozent,

  • Business Intelligence (BI): 12 Prozent,

  • Warehouse-Management-Systems (WMS): 5 Prozent.

Folgende Erweiterungen kamen in der Studie von 2009 hinzu:

  • Contact-Center-Management,

  • Financial Planning & Budgeting,

  • Human-Capital-Management,

  • Document-Management,

  • Field-Service,

  • Enterprise Manufacturing Intelligence (EMI),

  • Project-/Portfolio-Management (PPM).

Allerdings macht die enorme Nachfrage der ERP-Kunden neue Programmeigenschaften beziehungsweise ERP-Erweiterungen auch künftig erforderlich. Die Firmen mit Best-in-Class-ERP haben es geschafft, solche ERP-Erweiterungen einzuführen und gut zu integrieren. (fn)