Softwarehersteller vs. Lizenzhändler

Streit um Gebrauchtsoftware geht in die nächste Runde

17.07.2009 von Martin Bayer
Nach dem Urteil gegen Usedsoft feiert Microsoft einen Etappensieg gegen den ungeliebten Secondhand-Handel. Der Gebrauchthändler wiegelt ab: Der Spruch gelte nicht für Microsoft-Produkte.

Nach dem jüngsten Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf sieht sich Microsoft in seinem Vorgehen gegen angeblich unlautere Machenschaften von Gebrauchtsoftware-Händlern bestätigt. Die Richter im Rheinischen haben es dem Lizenzhändler Usedsoft per einstweilige Verfügung untersagt, Anwendungen eines Schweizer Softwareherstellers, die dieser zuvor im Bundle mit Hardware verkauft hatte, separat als Einzelsoftware weiterzuveräußern. Der Anbieter war gegen Usedsoft vorgegangen, weil der Händler selbst gebrannte Kopien der auf den Systemen installierten Programme angeboten hatte. Dem Bundle selbst lagen demzufolge keine Softwarekopien auf DVD oder CD bei. Usedsoft hat bereits angekündigt, gegen das Urteil Berufung einzulegen.

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Robert Helgerth, Director Microsoft, spricht von erheblichen Schäden durch den Gebrauchthandel im Partnernetz.
Foto: ka

Obwohl Microsoft selbst nicht in den Prozess involviert war, feiert der Softwareriese das Ergebnis als Teilerfolg im eigenen Kampf gegen den Secondhand-Handel. "Wir begrüßen das Urteil", sagte Swantje Richters, Justitiarin der Microsoft Deutschland GmbH. "Es zeigt sich erneut, dass die Gerichte den Schutz von geistigem Eigentum sehr hoch bewerten." Offenbar hätten die Richter den von den Lizenzhändlern in Anspruch genommenen Erschöpfungsgrundsatz, nach dem Hersteller den weiteren Weg einer einmal in Verkehr gebrachten Software nicht reglementieren dürfen, zurückgewiesen. Außerdem dürfte die gängige Praxis von Lizenzhändlern, selbst gebrannte Softwarekopien weiterzugeben, mit dem neuen Urteil nicht mehr zu halten sein.

"Das Urteil gilt nicht für Microsoft-Lizenzen"

Usedsoft-Geschäftsführer Peter Schneider kritisiert Microsoft als Gewohnheitsmonoplisten und wirft dem Konzern vor, die Kunden zu verunsichern.

Während die Microsoft-Verantwortlichen triumphieren, wiegelt Usedsoft ab. "Die Entscheidung des OLG Düsseldorf gilt nicht für Software von Microsoft", heißt es in einer Mitteilung des Gebrauchthändlers. Mit dem Urteil sei lediglich der Handel mit einer Spezialsoftware untersagt worden. Nach geltendem Recht seien Urteile nur für die beteiligten Parteien wirksam und entfalteten keine Rechtskraft auf andere Marktteilnehmer. Die Microsoft-Verantwortlichen versuchten dagegen, Nebelkerzen zu zünden, kritisiert Usedsoft-Geschäftsführer Peter Schneider die Praktiken des Softwarekonzerns. Diese Taktik ziehe bei den Anwendern jedoch immer weniger. Schneider pocht darauf, dass sein Hauptgeschäft, der Handel mit Microsofts Volumenlizenzen beziehungsweise Teilen davon, rechtens sei. "Anderslautende Andeutungen sind ein schamloser Versuch des Gewohnheitsmonopolisten, die Kunden zu verunsichern", prangert er die Taktik des Softwareriesen an. "Aber auch dies kann den liberalisierten Softwaremarkt nicht aufhalten."

Tatsächlich ist längst nicht alles so klar, wie es die Kontrahenten in dem nunmehr seit Jahren andauernden Streit gerne darstellen. In den vergangenen drei Jahren haben Gerichte quer durch die Republik höchst unterschiedlich über die Rechtmäßigkeit des Handels mit gebrauchten Softwarelizenzen entschieden.

Auch hinter den Gerichtskulissen wird weiter gerungen. Zwar betont Microsoft, das Ziel der Aufklärungsarbeit sei es, die Diskussion um Secondhand-Software zu versachlichen. Dabei geht es jedoch knallhart um das Geschäft. Der Secondhand-Handel macht nur einen Bruchteil des gesamten deutschen Softwaregeschäfts aus. Doch offenbar möchten die Hersteller den Anfängen wehren. Software dürfe nicht wie ein normales Wirtschaftsgut behandelt werden, fordert Robert Helgerth, als Microsoft-Director für die Bereiche Partner und Mittelstand verantwortlich. Die 33.000 Microsoft-Partner in Deutschland, die sich gegen die Gebrauchthändler behaupten müssten, forderten zu Recht, dass endlich Klarheit geschaffen werde. Helgerth spricht in diesem Zusammenhang von "nicht unerheblichen Schäden".

Gesetzgeber wird aktiv

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries will zumindest prüfen, ob das Urheberrecht angepasst werden muss.
Foto: Bundestag

Derzeit prüft das Bundesministerium der Justiz den Lizenzhandel. Ex-Außenminister Hans-Dietrisch Genscher hatte bereits im vergangenen Jahr eine entsprechende Anfrage an Justizministerin Brigitte Zypries gestellt, und offenbar für eine weitgehende Liberalisierung des Marktes, auch was online vertriebene Software betrifft, plädiert. In Zypries' Antwort, die der COMPUTERWOCHE vorliegt, heißt es allerdings, der Gebrauchthandel sei nur problematisch, wenn die Software online vertrieben werde. In allen anderen Fällen könne gebrauchte Software jedoch gehandelt werden. Dafür gebe es in Deutschland bereits einen funktionierenden Markt.

Inwieweit die gesetzlichen Grundlagen des Urheberrechts Nachbesserungsbedarf haben, prüft das Ministerium derzeit im Rahmen einer schriftlichen Anfrage an verschiedene Verbände. Mittlerweile liegen auch schon erste Antworten vor. Demnach sieht der Bitkom keinen Bedarf, den Handel mit Gebrauchtsoftware neu zu regeln. Aus Sicht des IT-Lobbyverbands gelte für eine Weiterübertragung von Software der urheberrechtliche Grundsatz, wonach jede Vervielfältigung vom Urheber zu genehmigen sei. Aus den Reihen der Gebrauchthändler verlautete jedoch, dass beispielsweise der Bundesverband des Groß- und Außenhandels (BGA) sowie der Hauptverband des deutschen Einzelhandels (HDE) durchaus gesetzlichen Anpassungsbedarf sehen.

Um diese Rechte geht es

  • Die Händler pochen auf den Erschöpfungsgrundsatz, wonach der Hersteller die weitere Verbreitung eines Gutes nicht beeinflussen darf, nachdem er es einmal in Umlauf gebracht hat.

  • Die Hersteller berufen sich auf das Vervielfältigungsrecht, das sich nicht erschöpft. Gerade wenn im Rahmen von Volumenlizenzen nur ein Datenträger ausgeliefert wird, dürfe dieser nicht ohne Erlaubnis des Herstellers vervielfältigt werden, um einzelne Lizenzen weiterzuveräußern.