Auf Sand gebaut

Strukturprobleme erzeugen Spannungen

21.10.2010 von Balz Hug und Daniel Liebhart
Wenn IT und Fachabteilung mal wieder über Kreuz liegen, liegt das selten an schlechter Qualität und mangelndem Willen. Die Ursache sind vielmehr strukturelle Probleme.

Das viel beschworene BusinessIT-Alignment liegt in vielen Unternehmen noch in weiter Ferne. Das hat unterschiedliche Ursachen, die sich jedoch alle auf zwei grundsätzliche Missverständnisse zurückführen lassen. Auf der einen Seite stehen die divergierenden Interessen der vielen Fachabteilungen, auf der anderen Seite die unterschiedlichen Bedürfnisse von IT und Business hinsichtlich der Formalisierung von Geschäftstätigkeiten.

Die Konsequenzen sind bemerkenswert: Der "MIT Sloan Management Review" hat beispielsweise schon vor drei Jahren mit der Studie "Avoiding the Alignment Trap in IT" nachgewiesen, dass eine schlechte Harmonisierung von Business und IT Geld kostet: Schlecht aufgestellte Unternehmen geben hier im Durchschnitt 13 Prozent mehr für die IT aus als die Konkurrenz. Und sie verzeichnen 14 Prozent weniger Umsatzwachstum als besser organisierte Wettbewerber. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Unterschiedliche Interessen auf Abteilungsebene

Jede Fachabteilung - ganz gleich, ob sie für Kern- oder Unterstützungsprozesse zuständig ist - versucht, ihre Aufgaben mit adäquaten organisatorischen und technischen Hilfsmitteln abzuarbeiten. Da die Aufgaben stark voneinander abweichen können, sind auch die Vorstellungen von den richtigen Hilfsmitteln sehr unterschiedlich. Was für die eine Abteilung unabdingbar ist, stellt für die andere einen Fluch oder eine Zeitverschwendung dar.

Die besten Collaborative Reviewing Dienste
Vyew
Hier kommen Anwender in virtuellen Räumen zusammen, um gemeinsam Texte, Bilder oder Videos zu begutachten und Anmerkungen anzufügen. Dafür steht ihnen wie bei anderen Reviewing-Lösungen eine Reihe von Werkzeugen wie etwa Textmarker zur Verfügung. <br /><br /> <a href="http://vyew.com/s/">... zu Vyew</a>
InVision
InVision ist ein anspruchsvoller Web-Dienst, mit dem Designer interaktive Prototypen für Desktop-, Mobile- und Watch-Apps kollaborativ erstellen und mit Kollegen und Kunden auf professionelle Weise teilen und diskutieren können. <br /><br /> <a href="http://invisionapp.com/">... zu InVision</a>
ConceptShare
"ConceptShare" richtet sich primär an Kreative, die Bilder, Videos, Grafiken und Designvorschläge online diskutieren wollen. Zu ändernde Bereiche können in den einzelnen Dateien markiert und kommentiert werden. Positiv hervorzuheben ist insbesondere die Unterstützung verschiedenster Grafik- und Videoformate. <br /><br /> <a href="http://www.conceptshare.com/">... zu ConceptShare</a>
ReviewStudio
Mit "ReviewStudio" lassen sich Bilder, Videos, PDFs und Dokumente im Team online bearbeiten und erfolgte Änderungen diskutieren. Zu ändernde Bereiche können über graphische Tools markiert sowie mit Kommentaren versehen werden. <br /><br /> <a href="https://www.reviewstudio.com">... zu ReviewStudio</a>
InMotion
"InMotion" präsentiert sich als funktionsstarkes Tool für Kreative, die den Reviewprozess von Grafikenwürfen, Bildmaterial, Texten, Videos und Flash-Animationen möglichst effizient managen wollen. So bietet der Dienst neben den klassischen Collaborative Reviewing Funktionen unter anderem die Möglichkeit verschiedene Projekte rollenbasiert zu verwalten sowie detaillierte Reportings zu erstellen. <br /><br /> <a href="http://www.inmotionnow.com/">... zu InMotion</a>
ProofHQ
"ProofHQ" erlaubt den Upload aller gängigen Bild-, Video- und Textformate. Änderungswünsche und Antworten auf diese können dann über graphische Tools und Kommentarfunktionen eingefügt werden. <br /><br /> <a href="http://www.proofhq.com/">... zu proofHQ</a>
Diigo
"Diigo" richtet sich eigentlich an Forscher, die Wissensnetzwerke aufbauen und aktuelle Forschungsergebnisse diskutieren wollen. Zu diesem Zweck bietet Diigo unter anderem die Möglichkeit von Webseiten Snapshots zu erstellen. Diese können dann im Team mittels verschiedener Werkzeuge beliebig kommentiert und markiert werden. Damit eignet sich der Dienst natürlich auch hervorragend für die Weiterentwicklung bestehender Webseiten. <br /><br /> <a href="http://www.diigo.com/">... zu Diigo</a>

Die unterstützende IT hat damit ihre Probleme, und dabei spielt es keine Rolle, ob sie dezentral oder zentral organisiert ist: Eine dezentral organisierte IT reflektiert die Unterschiede, indem sie für die einzelnen Bereiche wie Personalwesen, Buchhaltung, Einkauf oder Lagerverwaltung jeweils passende Standardlösungen zur Verfügung stellt. Leider wird dadurch die unterschiedliche Arbeitsweise noch zementiert, was dem Unternehmenserfolg nicht immer zuträglich ist.

Eine zentral organisierte IT hingegen wird versuchen, die Interessen der Fachabteilungen unter einen Hut zu bringen. Sie bietet ihnen also verschiedene Kompromisslösungen an. Dies führt jedoch dazu, dass die Fachabteilungen nicht immer die richtigen Hilfsmittel zur Verfügung haben. In der Folge beschaffen sie sich "Under-the-Table"-Anwendungen, also Lösungen, die an der IT vorbei eingeführt werden. Diese Lösungen basieren in der Regel auf Office-Produkten; sie enthalten zwar unternehmenswichtige Daten, werden jedoch nicht professionell verwaltet.

Fachbereich und IT wollen etwas anderes

Bild: Pixelio, Cathy Brinkmann
Foto: Pixelio, Cathy Brinkmann

Das zweite Strukturproblem bildet die Tatsache, dass IT und Business unterschiedliche Interessen verfolgen, was die Formalisierung der Geschäftstätigkeit betrifft. Jedes IT-Projekt beginnt zunächst mit der Analyse sämtlicher Prozesse der jeweiligen Fachabteilung, um später das bestmögliche Hilfsmittel bereitzustellen. Dies bedeutet nichts anderes, als dass die Abläufe in einer formalen Sprache erfasst werden. Die wiederum ist notwendig, um die geforderte Anwendung bereitzustellen.

Eine Fachabteilung benötigt diese Formalisierung nicht, da das Personal auf dem entsprechenden Fachgebiet ausgebildet ist und oftmals über jahrelange Erfahrungen verfügt. Dieses implizite Wissen explizit zu formulieren wird als unnötig und unprofessionell empfunden.

Die besten Collaborative-Writing-Tools
Google Docs
Mit "Google Docs" lassen sich neben klassischen Dokumenten im Word-Stil auch Präsentationen oder Tabellen erstellen und im Team bearbeiten. Die Bedienung erfolgt weitgehend intuitiv und stellt Office-Nutzer vor keine größeren Probleme. <br /><br /> Einzige Voraussetzung für die Nutzung von Google Docs: Die Einrichtung eines kostenlosen Google-Kontos sowie eine funktionierende Internetverbindung. <br /><br /> <a href="http://docs.google.com/" target="_blank">...zu Google Docs</a>
Springloops
Die kostenlose "Free"-Version von "Springloops" wendet sich im wesentlichen an Web-Entwickler, die im Team am Quellcode eines Projekts arbeiten. Springloops arbeitet dabei rein webbasiert und bietet schon in der kostenlosen "Free"-Version eine Fülle an nützlichen Features, wie beispielsweise einen AJAX-Code-Browser, die Möglichkeit bestehende Projekte zu importieren oder auch Roll-Back-Features. <br /><br /> Wer mehr als drei aktive Projekte gleichzeitig bearbeiten möchte, muss auf eines der kostenpflichtigen Pakete zurückgreifen. <br /><br /> <a href="https://www.springloops.com" target="_blank">...zu Springloops</a>
Zoho Docs
Ähnlich wie Google Docs arbeitet "Zoho Docs" rein webbasiert und kommt ohne die Installation zusätzlicher Software aus. Nach Einrichtung eines User-Accounts können Dokumente erstellt sowie weitere User zur Mitarbeit eingeladen werden. Die Benutzeroberfläche orientiert sich dabei an dem klassischen MS-Word-Schema und stellt den Nutzer vor keine größeren Probleme. <br /><br /> <a href="https://www.zoho.com/de/docs/" target="_blank">...zu Zoho Docs</a>
Gobby
Im Gegensatz zu Google Docs präsentiert sich "Gobby" im wesentlichen als reines Entwicklertool. Nach Erstellen eines kostenlosen Useraccounts und Installation der Software können via Gobby simultan mehrere Dokumente im Team bearbeitet werden. Gobby bietet hierbei die Möglichkeit einem Dokument die jeweils verwendete Programmiersprache zuzuordnen. Wer möchte, kann sich während des gemeinsamen Codens, via Chat-Funktion, beraten. <br /><br /> <a href="https://gobby.github.io/" target="_blank">...zu Gobby</a>
QuickTopic
Nach Erstellen eines User-Accounts lassen sich mit „QuickTopic" einzelne Dokumente hochladen und im Team besprechen. Einzelne Abschnitte eines Dokuments können dabei via "comment dot" geflaggt und kommentiert werden. <br /><br /> Einziger Wermutstropfen bleibt die Tatsache, dass nur Dokumente im HTML-Format akzeptiert werden. Für Word-Dokumente empfiehlt es sich daher diese vor dem Upload als HTML-Datei abzuspeichern. <br /><br /> <a href="http://www.quicktopic.com/" target="_blank">...zu QuickTopic</a>
SubEthaEdit
Für "SubEthaEdit" hat die Münchner Softwareschmiede The Coding Monkeys 2003 einen der begehrten Apple Design Awards erhalten. Seitdem hat sich der kollaborative Texteditor für den Mac kontinuierlich weiterentwickelt und bietet heute zahlreiche nützliche Funktionen ohne überladen zu sein. Dazu zählen unter anderem ein Kommandozeilen-Tool, das komplexe und interaktive Arbeitsabläufe mit dem Terminal ermöglicht, eine mächtige Druckfunktion, Syntax-Hervorhebung, Html-Export und AppleScript-Unterstützung. <br /><br /> <a href="http://subethaedit.net/">... zu SubEthaEdit</a>

Auf Ebene der Geschäftsprozesse wird dieses unterschiedliche Bedürfnis noch deutlicher: Um ein IT-System zu steuern, sind detaillierte Angaben zu jedem Prozessschritt mit den entsprechenden Geschäftsregeln, begleitenden Dokumenten, Vorbedingungen, Nachbedingungen, Ausnahmefällen und anderem erforderlich. Eine Fachabteilung hingegen kann mit einfach skizzierten Prozessen arbeiten, da die involvierten Profis wissen, was zu tun ist. Die unterstützende IT steht so immer vor der Aufgabe, den Fachabteilungen nachzulaufen, um die zwingend notwendige Formalisierung zu erreichen. Für die Fachabteilungen selbst stellt dies meist eine ärgerliche Zusatzbelastung dar.

Was für die einzelne Anwendung und für eine durchgehende Prozessautomation gilt, gilt ebenso auf Unternehmensebene. Eine optimal organisierte IT setzt voraus, dass ein Unternehmen seine Geschäftstätigkeit weitgehend formalisiert hat. Dies ist aber keineswegs immer der Fall.

Was hilft?

Lösungsmöglichkeiten für diese Probleme bieten folgende Ansätze:

Das ITSM hat sich einer IDC-Erhebung zufolge in vielen Unternehmen etabliert. Demnach haben 60 Prozent der befragten Unternehmen ITSM-Prozesse im Einsatz. Rund 46 Prozent der Unternehmen behaupten, dass sich ITSM positiv auf den Umsatz auswirkt.

Wer hilft?

Unabhängig davon, mit welchem Werkzeug die Spannungen abgebaut werden, empfiehlt es sich immer, Mechanismen mit einer Brückenfunktion zu schaffen. Beispielsweise lassen sich die Bedürfnisse verschiedener Fachabteilungen so konsolidieren, dass sie dem ganzen Unternehmen dienen. Eine weitere Möglichkeit ist, die Abläufe in den Fachabteilungen so detailliert zu formalisieren, dass sie auch problemlos von der IT abgebildet werden können. Oft hat es sich bewährt, einen Prozess-Manager zu berufen, externe Berater zu beauftragen oder pragmatische Entscheidungswege auf Führungsebene einzuführen. (jha)