IT-Trend 2015

Transformation zur digitalen Bank

16.02.2015 von Steffen Lorenz
Der moderne Kunde kommuniziert mit seiner Bank über mehrere Kanäle hinweg, zu jeder Zeit und dort, wo er gerade ist. Gleichzeitig stehen Banken aufgrund des niedrigen Zinsniveaus unter hohem Kostendruck und müssen sich gegenüber branchenfremden Wettbewerbern behaupten. Hierfür müssen sich traditionelle Bankhäuser in diesem Jahr technologisch und organisatorisch aufstellen.
Umfassende Kundenanalysen führen auch bei Banken und Finanzdienstleistern zu zielführenden Angeboten. Allerdings heißt es, schnell zu reagieren, bevor es ein Anderer tut.
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Dem richtigen Kunden über seinen bevorzugten Kanal ein maßgeschneidertes Angebot zu unterbreiten, muss vorrangiges Ziel jedes Finanzdienstleisters sein, wenn sie angesichts der Konkurrenz aus der digitalen Welt wettbewerbsfähig bleiben wollen. Auf dem Weg dorthin zeichnen sich zwei Trends ab, die unmittelbar miteinander verknüpft sind: Big-Data-Analysen und Omni-Channel-Vertrieb.

"Seamless Banking": Finanzgeschäfte ohne Brüche digital, mobil und persönlich erledigen

Die Basis dafür, dass Banken ihren Kunden relevante Produkte anbieten können, ist die Echtzeit-Analyse von Interessen, Bedürfnissen und Verhaltensweisen. Es gilt, die Instrumente, die Einzel- und Onlinehandel bereits erfolgreich einsetzen, um ihre Umwandlungsrate zu steigern, in den Finanzsektor zu übertragen. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, für welche Produkte sich der Kunde in seiner aktuellen Lebens- und Finanzsituation interessiert. Überweist ein Bankkunde beispielsweise regelmäßig Beträge von seinem Girokonto auf ein Konto einer Direktbank, könnte ihn ein attraktives Angebot seiner Bank für ein Tagesgeldkonto interessieren. Mithilfe von Big-Data-Analysen entsteht ein vollständiges Bild des Kunden, anhand dessen Finanzberater Produkte als "Next Best Offer" anbieten können, die er mit hoher Wahrscheinlichkeit kauft.

Dabei gilt: Je schneller diese Analyseergebnisse zur Verfügung stehen, umso besser. Im Idealfall sieht der Servicemitarbeiter der Bank ein aussagekräftiges Profil des Kunden vor sich, der gerade die Filiale betritt. Er weiß zum Beispiel, dass sein Festgeld-Konto in Kürze ausläuft, und kann ihm direkt ein Angebot für eine weitere Anlage machen.

Die Big-Data- und Analytics-Trends 2015
Self-Service Analytics bauen die vorherrschende Rolle der Daten aus
Ähnlich wie sich die Landschaft der Business Intelligence von statischen Reports zur interaktiven Self-Service Daten verändert hat, so wandelt sich deren Herrschaft. Ansätze wie die Isolation der Daten in einem Unternehmen oder Neutralisation der gesamten Prozesse haben ausgedient. Unternehmen müssen lernen, was Führung bedeutet in einer Welt der Self-Service Analytics. Neue Prozesse und beste Methoden werden sich etablieren, um die Daten zu schützen, während Geschäftsleute ihre Antworten von den Daten bekommen.
Vermarkter und Verkäufer nutzen Social Intelligence
2014 haben Unternehmen erstmals angefangen soziale Daten ernsthaft analysiert. Im kommenden Jahr werden die Verantwortlichen aus diesem Potential ihren Vorteil ziehen. Durch das Beobachten von Online-Unterhaltungen von Beginn an, werden Unternehmen in der Lage sein, wann ein Thema beginnt ein Trend zu werden und worüber die Kunden reden. Soziale Analytics öffnen die Tür zu bedarfsgesteuerter Produktoptimierung. Und als weiteres Resultat wird dieser soziale Vorteil den Wettbewerb vermitteln, dass solche Unternehmen eine unheimliche Fähigkeit haben, in die Zukunft zu schauen.
Die Analytic-Kompetenzen innerhalb eines Unternehmens wachsen
Der heutige Datenanalyst ist vielleicht ein operativer Manager, ein Verantwortlicher der Lieferkette oder eine Vertriebsperson. Neue Technologien, die einfache Nutzung und Browser-basierte Analytics erlauben, lassen Menschen unmittelbar Geschäftsfragen beantworten, während Daten-Analysten weiterhin die komplexen und hochentwickelten Datenanalysen bearbeiten und die Ergebnisse in das Tagesarbeit einfließen lassen. Unternehmen, die diese Entwicklung als strategischen Vorteil erkennen, werden anfangen, den "Alltaganalysten" bei seiner Arbeit mit Daten, Werkzeug und Training zu unterstützen.
Nutzer-Communities im Bereich Software machen den Unterschied
Die Consumerization of IT ist nicht länger eine Theorie, sie ist Fakt. Menschen gebrauchen Technologie, die ihnen Spaß macht und Analyse-Software gehört dazu. Der Wunsch, sich im Unternehmen und außerhalb mit anderen Nutzern auszutauschen und zu sprechen, nimmt enorm zu. Die Unternehmen, die diese Entwicklung unterstützen, haben eine wachsende Gemeinde. Und für potenzielle Kunden wie der Blick auf zufriedene und gesunde Produkt-Gemeinden zu einem wichtigen Entscheidungsaspekt auf dem überfüllten Marktplatz der Angebote.

Schnelligkeit ist das Gebot der Stunde

Banken müssen direkt reagieren und ihren Kunden unmittelbar ein Angebot machen wenn der Kunde das Bankgeschäft tätigt oder sich darüber informiert. Bislang ist in vielen Bankhäusern Usus, Kundeninformationen mithilfe von Business Intelligence Tools auszuwerten lange nachdem der Kunde aktiv war, um dann ein allgemeines Mailing oder eine Postsendung zu verschicken. Das dauert dem digital orientierten modernen Kunden viel zu lang. Hier besteht enormer Handlungsbedarf. Digitale Angreifer, die Big Data souverän beherrschen, warten geradezu darauf, im Finanzmarkt anzugreifen.

Jetzt kommt es darauf an, den Kunden auf den Kommunikationskanälen abzuholen, die er bevorzugt nutzt. Hierfür ist eine Segmentierung der Kundengruppen notwendig, um beispielsweise jüngere, digital und mobil orientierte Kunden auf dem Smartphone und ältere Zielgruppen im persönlichen Beratungsgespräch anzusprechen. Ziel des Omni-Channel-Ansatzes "Seamless Banking" ist es, alle Vertriebskanäle so intelligent und nahtlos zu vernetzen, dass jeder Kunde den Kanal frei wählen kann, über den er einzelne Schritte oder das gesamte Finanzgeschäft abwickeln will - und das unabhängig davon, ob er gerade unterwegs, im Büro oder zu Hause ist.

Digitaler Umbau der Organisation hin zu Prozessautomatisierung

Technologisch müssen Banken hierfür ihre größtenteils monolithisch geprägten IT-Infrastrukturen aufbohren. Vorherrschend sind im Finanzsektor umfassende zentrale Mainframe-Anwendungen, die für neue digitale, mobile Vertriebskanäle geöffnet werden müssen. Dies setzt einen tiefgreifenden technologischen Wandel voraus: Einige Software-Anwendungen müssen modernisiert, intuitiver und dezentral gestaltet werden, andere können weiterhin zentral gehostet werden, benötigen jedoch zunehmend Schnittstellen und Integrationspunkte für mobile Apps und Zahlsysteme wie beispielsweise Apple Pay oder Google Wallet. Diese Evolutionsstufe müssen Banken unter Einhaltung höchster Sicherheitsstandards, Datenschutzgesetze und im Idealfall schneller als ihre Wettbewerber erreichen.

Der Handlungsdruck steigt, die Konkurrenz aus der digitalen Welt gewinnt an Stärke. Daher können Banken den digitalen Umbau ihrer Organisation nicht auf die lange Bank schieben. Banken müssen sich 2015 so aufstellen, dass sie der digitalen Transformation und den Wettbewerbern, die das digitale Zeitalter hervorbringt, gewachsen sind. Andernfalls besteht die Gefahr, dass sie Marktanteile an Big Player wie Google, Facebook, Amazon oder Apple verlieren - speziell in ihrem Kerngeschäft, wie etwa dem Zahlungsverkehr und dem Kreditgeschäft, wo sie große Teile ihrer Erträge generieren. (bw)