Käufer bevorzugen Produkte, die ihnen empfohlen werden. Während sie früher Freunde, Bekannte und Nachbarn um ihre Meinung baten, ist der Kreis derer, die etwas empfehlen können, im Internet-Zeitalter sprunghaft gestiegen.
Viele Online-Shops profitieren von einer "Kunden kauften auch..."-Anzeige. Noch mehr interessiert den Käufer heute jedoch, wie die anderen Konsumenten das Produkt beurteilen. Social Shopping heißt der Trend, der neben immer ausgefeilteren Bewertungssystemen vor allem auf Individualisierbarkeit setzt.
Neue Herausforderungen im E-Commerce
Social Shopping bedeutet für Händler und Marken, den Kunden einzubeziehen. Es soll ihm das Gefühl geben, dass ihn und andere Käufer etwas verbindet. Das kann ein Produkt oder eine Einstellung sein - eben etwas, das ihn von der Masse der anderen Käufer abhebt, obwohl es sich bei dem beworbenen Produkt zumeist um Massenware handelt. Die Ausprägungen im so genannten Social Commerce sind vielfältig. Viele Shops nutzen Bewertungs- und Kommentarfunktionen, mit denen sich Kunden untereinander über Produkte austauschen können. Andere bieten die Möglichkeit, T-Shirts mit individuellen Botschaften zu bedrucken und auf der eigenen Website zu verkaufen. Wieder andere möchten den Nutzern die Suche nach Produkten mit speziellen Plattformen erleichtern.
Anbieter von Shopping-Plattformen müssen sich diesen Herausforderungen stellen. Ständig gilt es herauszufinden, was die Kunden wollen, um ihnen auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Produkte präsentieren zu können. Der Druck, der Entwicklung standzuhalten, wird von Jahr zu Jahr größer: Einer Studie des britischen Centre for Retail Research (CRR) zufolge gaben die Deutschen 2010 über 39 Milliarden Euro beim Online-Shopping aus (siehe Grafik). Die Zahl der deutschen Unternehmen, die das Internet als Vertriebsweg nutzen, hat sich laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2009 verdoppelt.
Obwohl aktuelle Internet-Trends zeitnah auf das E-Commerce durchschlagen und zu technischen Neuerungen in Online-Shops führen, dauert es manchmal etwas länger, bis sich der Erfolg einstellt. Das gilt besonders für Online-Communities: Diese Netz-Treffpunkte von Menschen mit gemeinsamen Interessen waren jahrelang wenig interessiert an kommerziellen Angeboten. Erst mit dem Web 2.0 entdeckten Anbieter und Nutzer das gemeinsame Einkaufen neu.
Den Kunden zum Produkt führen
Auf den Kunden zu hören heißt unter anderem, ihm die Suche nach dem passenden Produkt zu erleichtern. Das geschieht, indem der Shop Kaufempfehlungen macht, die auf früheren Einkäufen und Produktrecherchen basieren. Hier setzt das von der Otto-Tochter Shopping24 betriebene Portal smatch.com an: Es verbindet Kunden, die ein ähnliches Einkaufsverhalten haben. Wer in die Suche das gewünschte Produkt eingibt, stöbert durch die entsprechende Auswahl aus über 700 Shops. Das Suchergebnis lässt sich filtern, zum Beispiel nach den Bewertungen anderer Nutzer. Wer will, baut sich bei smatch.com ein eigenes Netzwerk aus Nutzern mit ähnlichem Geschmack auf, diskutiert mit anderen über passende Produkte und berät sich gegenseitig beim Online-Kauf.
Smatch.com verkörpere ein neues emotionales Einkaufserlebnis, sagt Geschäftsführer Björn Schäfers: "Als Nutzer kann man sich inspirieren lassen und zum Beispiel erfahren, was andere mit einem Pullover oder einer Marke verbinden. Gerade diese Kombination aus ‚rationaler’ und ‚emotionaler’ Suche ist bei unseren Kunden so beliebt."
Auch die Shopping-Suchmaschine Twenga, die nach eigenen Angaben alle Online-Händler listet, setzt auf den sozialen Faktor. Mithilfe einer Toolbar fragt man hier Freunde nach ihrer Meinung über ein anvisiertes Produkt. Zur Auswahl stehen E-Mail, Twitter oder Facebook, Produktbeschreibung und Foto werden automatisch hinzugefügt.
Shopping-Lösungen vermitteln Erfolgserlebnisse
Auch andere Wege im Social Commerce versprechen Erfolge. So ist Selbstgefertigtes und Selbstgestaltetes der Hit - und dank ausgefeilter Software ist häufig kein besonderes Geschick nötig, um ein eigenes Produkt zu kreieren. Plattformen wie Dawanda oder Zazzle.de bieten Nutzern die Möglichkeit, persönliche Kreativität zu Geld zu machen. Dawanda ist ein Marktplatz für handgefertigte Produkte, für die sich der Verkäufer einen eigenen Shop einrichten kann. Zazzle hält Shirts, Tassen, Karten und andere Produkte vorrätig, die sich mittels Benutzeroberfläche auf der Website gestalten und anschließend im selbst eingerichteten Shop anbieten lassen.
Webangebote wie Daily Deal und Dealjäger kommen hingegen passionierten Schnäppchenjägern entgegen. Bei Dealjäger versuchen die Mitglieder der Community, für bestimmte Produkte den günstigsten Preis zu finden, den sie dann mit Produktbild, -beschreibung und Web-Adresse auf der Seite einstellen. Von der Gemeinschaft gibt es als Belohnung dafür so genannte Trefferpunkte.
Das bringt zwar nicht viel mehr als Ruhm und Ehre, aber gerade dieser Belohnungscharakter ist den Nutzern offenbar genug: "Menschen werden durch soziale Anerkennung und durch Bezahlung motiviert. Dealjäger fokussiert sich auf den Aspekt der sozialen Anerkennung", sagt Sven Schmidt, einer der Geschäftsführer von Dealjäger. "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Bezahlung leider dazu führt, dass Nutzer versuchen, das System auszutricksen. Soziale Anerkennung hingegen ist ein passender Anreiz - Twitter, Facebook & Co. machen es vor."
Und das erfolgreich: Studien zufolge sind bereits etwa 75 Prozent derjenigen, die sich online bewegen, Teil eines sozialen Netzwerks. Erst kürzlich veröffentlichte Facebook Zahlen, wonach bereits fast jeder vierte Deutsche dort aktiver Nutzer ist. Youtube und Facebook sind die amerikanischen Giganten eines Trends, der Millionen Nutzer aktiviert und einen geschätzten Umsatz von mehreren Hundert Millionen bis Milliarden US-Dollar generiert - Zahlen, von denen Online-Shops in der Regel nur träumen können.
Funktion und Emotion als Geschäftsmodell
Mit dem Social Shopping kommt eine neue Variante des E-Commerce, die sich von gängigen Online-Shops besonders durch ihr Geschäftsmodell abhebt: Viele Plattformen generieren ihre Umsätze vor allem durch "Click-Outs". Hierbei verkaufen die Seitenbetreiber selbst keine Produkte, bieten den Händlern aber einen attraktiven Ort, diese zu präsentieren. Neu ist auch die Rolle des Nutzers: Im klassischen Handel legt der Hersteller fest, welche Produkte ins Sortiment aufgenommen werden, beim Social Shopping entscheiden die Kunden durch ihre persönlichen Präferenzen die Sortimentsgestaltung mit.
Die Einbeziehung der Kunden ist das zentrale Element des Social Shoppings, umgesetzt mit typischen Web 2.0-Funktionalitäten wie Widgets. Als Beispiel sei der Facebook-Like-Button angeführt: Damit können Nutzer auf einfache Weise zeigen, dass sie ein Produkt mögen. Andere Möglichkeiten sind Wunschlisten, die diskret registrieren, wenn Freunde ein gewünschtes Geschenk kaufen, intelligente Suchfunktionen und Features, mit denen der Freundeskreis innerhalb der Community erweitert und über Neuigkeiten, Wünsche und Tipps informiert werden kann. Shopping wird so als soziale Interaktion wiederentdeckt, das Erlebnis steht im Vordergrund.
Dass es sich beim Social Shopping um einen vergänglichen Trend handelt, glaubt in der Branche niemand. Die Shop-Betreiber erwarten eher, dass die Entwicklung in Richtung Social Commerce weiter zunimmt - und mit ihr vor allem die Verknüpfung der Shops mit Facebook. So setzt Dealjäger auf Facebook Connect, einen Single-Sign-On-Dienst, bei dem Nutzer sich nur einmalig anmelden müssen und ihre Anmeldedaten dann auf anderen Web-Seiten ohne erneute Registrierung verwenden können. Auch Smatch.com hält große Stücke auf die mitgliederstarke Plattform: Als einer der ersten Anbieter im Markt hat die Otto-Tochter ihre Produktsuche schon früh mit Facebook integriert.
Die Zukunft des Handels?
Dass künftig alle Online-Händler auf Social Shopping setzen werden, ist trotz der guten wirtschaftlichen Aussichten aber nicht zu erwarten. Es fehlen gerade in Deutschland noch immer die Erfahrungen im Umgang mit großen Käufermengen und den neuen Social-Funktionen. Deshalb ist Social Commerce auch bis auf weiteres eher ein Thema für Shops, die Produkte in der Nische führen oder für die ganz großen Händler, die allein wegen ihrer finanziellen Potenz vieles einfach ausprobieren können. In der breiten Mitte ist hingegen noch viel Luft nach oben.
Für Social-Shopping-Einsteiger haben wir abschließend noch ein paar Tipps, die beim Start helfen sollen:
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Nutzen Sie Funktionen, die Empfehlungen und Bewertungen ermöglichen. Kunden legen viel Wert auf die Meinung der Community.
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Geben Sie den Nutzern die Möglichkeit, Profile anzulegen und bieten Sie Funktionen, um Lieblingslisten und ähnliche personalisierte Listen anzulegen und verbreiten zu können.
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Setzen Sie auf reale Kommunikation mit den Nutzern. Mitarbeiter, die Kunden per Twitter oder Facebook auf Fragen antworten, sind mehr wert als teure Werbekampagnen. (sh)
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