Termine koordinieren, Geschäftsreisen buchen, Präsentationen zusammenstellen: Das alles fällt in den Aufgabenbereich von Henning Wolf. Der 39-Jährige arbeitet nicht im Sekretariat. Wolf ist Geschäftsführer der it-agile GmbH in Hamburg. Die Sekretariatsarbeiten gehören dennoch zu seiner Tätigkeit. Denn in der gesamten Firma stehen gerade einmal zwei Sekretärinnen für 160 Mitarbeiter zur Verfügung. "Das reicht", sagt der Diplominformatiker. "Ich habe immer ohne Sekretärin gearbeitet. Und es fehlt mir auch keine."
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Selbst ist der Mann. So wie Henning Wolf müssen immer mehr IT-Manager ohne rechte Hand auskommen. Lean Management, Umstrukturierungen und Hierarchieabbau haben auch vor den Vorzimmern nicht haltgemacht. In Großunternehmen sind die Stellen der Kolleginnen gestrichen oder stark verringert worden, Mittelständler verzichten auf die traditionelle Assistenz. Rund 169.000 Bürofachkräfte waren im Oktober 2009 arbeitslos gemeldet - sechs Prozent mehr als im Vorjahr.
Die leeren Sekretariate der IT-Firmen haben weitreichende Folgen. Neben ihrer fachlichen Arbeit müssen Computerexperten viel Organisations- und Schreibkram selbst erledigen: Termine managen, Veranstaltungen organisieren, Meeting-Räume buchen, Reisekosten abrechnen, Besucher empfangen, Rechnungsanweisungen schreiben. IT-Kräfte im Multitasking-Fieber.
"Viele Manager merken erst, was sie an ihrer Sekretärin hatten, wenn sie weg ist", sagt Fachbuchautorin Karina Matejcek ("Überleben ohne Sekretärin"). "Dann müssen sie sich eingestehen, dass sie vom Office-Management häufig weniger wissen, als sie dachten."
Trend zur geteilten Sekretärin
Tim Marbach ist einer von ihnen. Als Mitgründer und Ko-Geschäftsführer der Juno Internet GmbH mit der Website kaufDA.de verzichtete er anfangs ganz auf ein Sekretariat. Die Folge: "An manchen Tagen haben drei Leute unabhängig voneinander einen Brief zur Post gebracht. Oder wir hatten durch Doppelbestellungen plötzlich 50.000 Blatt Druckerpapier", erinnert sich der Unternehmensgründer.
Heute setzt Juno Internet mit 22 Mitarbeitern auf eine "Arbeitsteilung zwischen elektronischer Assistenz durch SaaS-Lösungen und einer Assistentin aus Fleisch und Blut". Alles, was geht, erledigen die Mitarbeiter elektronisch: File Sharing, Geschäftsreisen buchen, Besprechungszimmer reservieren, Termine koordinieren, Wissens- sowie Kundenbeziehungs-Management. Den Rest übernimmt die Kollegin.
Für viele IT-Führungskräfte ist das Do-it-yourself-Prinzip in Sachen Organisation kein Problem. Uwe Toedter von IBM ist einer von ihnen. Der für den Mittelstandsvertrieb verantwortliche Direktor der Softwaresparte schwört auf Multitasking. Wenn in Fachtelefonaten plötzlich Fragen auftreten, braucht er keine Sekretärin, die die Antwort recherchiert. Stattdessen gibt er die Frage per Instant Messaging direkt an Fachkollegen weiter und bekommt oft noch während des Telefonats Klarheit. "So gewinnt man wertvolle Arbeitszeit", ist Toedter überzeugt. Der 42-Jährige weiß, wovon er spricht. Früher hatte er eine eigene Sekretärin im Vorzimmer. Heute erledigt er vieles selber - aber nicht alles. Mit zwei anderen Führungskräften teilt er sich eine Assistentin.
Ein typischer Fall im Management, wie Claudia Hovermann von der Akademie für Sekretariat und Büro-Management weiß. "Der Trend geht zur geteilten Sekretärin", so die Trainerin. Eine Dame für 15 bis 20 Mitarbeiter sei keine Seltenheit. Im Extremfall seien sogar 50 bis 60 Leute zu betreuen. Da müssen die Zuständigkeiten geregelt sein. "Sonst weiß kein Mitarbeiter, was er machen muss und was die Sekretärin übernimmt", warnt Hovermann.
Das Sekretariat ist keine zweite Teeküche!
Sie weist auf wichtige Verhaltensregeln hin. Regel Nummer eins: "Das Sekretariat ist keine zweite Teeküche!" Die Störzeiten dort sollten dringend beschränkt werden. "Statt mit jeder Anfrage in der Tür zu stehen, ist es oft besser, eine Mail zu schicken." Zudem sollte auch klar sein, zu welchen Zeiten man sich Büromaterial abholt. Außerdem hilft es, die Bürotechnik wie Fax oder Drucker in den Flur auszulagern. Und für Kollegen, die im Sekretariat ihre Briefe aus dem Postkorb fischen wollen, hat Hovermann einen klaren Ratschlag parat: "Post abholen, Klappe halten, gehen. Jedes Gespräch lenkt die Sekretärin von der Arbeit ab."
Ob für sich allein oder geteilt: So ganz ohne Sekretärin geht es meist nicht. Damit hat auch Niels Behrendt so seine Erfahrungen gemacht. Der Geschäftsführer der b.it Dienstleistungen in Cremlingen-Weddel bei Braunschweig betraute einst Praktikantinnen mit der Sekretariatsarbeit. Vergebens. "Es geht nicht allein darum, die Arbeiten zu erledigen. Wir als reiner Männerverein brauchen jemanden, der den Laden wie eine Klammer zusammenhält", sagt der Firmenchef. Und: "Ohne Sekretärin bleibt einfach viel zu viel liegen." Abrechnungen etwa. Oder die Zeiterfassung. Oder die Terminverwaltung: "Darum kümmert sich jetzt mein Programmierer, wofür er überhaupt nicht der Typ ist." Behrendt ist überzeugt: "Eine gute Sekretärin ist wie ein Volltreffer im Lotto."
Knigge für Multitasking-Manager
Diesen Jackpot knacken derzeit jedoch immer weniger Manager. Dennoch gibt es auch für sie Hilfe. Sekretariatsservices wie ebuero, Topbuero oder FastTalk bieten Büroleistungen wie Telefondienst, Diktatservice oder Postannahme an. Zusätzlich macht auch Office-Software von Freeware bis zu Microsoft oder Lexware das Leben ohne Sekretärin leichter.
Wer dennoch die Sache selbst in die Hand nehmen will, sollte den Knigge für Multitasking-Manager kennen. "Es bringt nichts, auf dem hohen Ross zu sitzen und die Arbeit einer Sekretärin als unterqualifiziert abzutun", warnt Fachbuchautorin Matejcek. "Manager tun sich selbst einen Gefallen, wenn sie bei der Erledigung von Sekretariatsaufgaben nicht das Gefühl haben, die lägen unter ihrer Würde." Schließlich kann man sich nicht früh genug an die neue Zusatzarbeit gewöhnen. Zwar werden Manager auf Geschäftsleiterebene auch künftig Sekretärinnen beschäftigen dürfen, schätzt Expertin Hovermann. "Aber auf den unteren Ebenen entwickelt sich eine Sekretärin zunehmend zum Statussymbol", so Hovermann. "Wer es sich leisten kann, hat keinen Blackberry, sondern eine Sekretärin."
So kommen Chefs allein zurecht
Nicht stöhnen. Machen: Organisationsarbeit ist hart und lästig. Aber sie muss getan werden. Also nicht bis zuletzt aufschieben, sondern angehen. Sehen Sie die zusätzlichen Aufgaben als Herausforderung. Manager der Zukunft müssen Tausendsassas sein. Und Sekretariatsarbeiten gehören dazu.
Nicht alles auf einmal: Ab jetzt haben Sie zwei Jobs. Ihren regulären und den einer Teilzeitsekretärin. Versuchen Sie aber nicht, beide gleichzeitig zu machen. Da wäre Multitasking fehl am Platz. Routinearbeiten wie Reisekostenabrechnungen sollten Sie Ihrem Biorhythmus anpassen. Dann vergeuden Sie nicht unnütz die produktivste Tageszeit für solche Aufgaben.
Druck rausnehmen: Als Ihre eigene Sekretärin verspüren Sie den Zwang, immer erreichbar zu sein. Befreien Sie sich von dem Druck - etwa, indem Sie zu bestimmten Zeiten bewusst die Voice-Mail anstellen. Oder legen Sie rollierend ein Teammitglied fest, das auch nach Feierabend immer erreichbar ist. Der Rest der Mannschaft kann dann Smartphone und Laptop ausschalten.
Hilfe suchen: Die Technik ist Ihr Freund. Bei manchen Arbeiten hilft Office-Software. Programme gibt es Tausende - von Share- und Freeware bis Microsoft und Lexware. Finden Sie heraus, welches Programm Ihrem Anliegen am besten weiterhilft. Die paar Stunden Recherche zahlen sich schnell aus.
Nobody is perfect: Das gilt auch für Sie - und für die Sekretärin in Ihnen ebenfalls! Also verabschieden Sie sich von Ihrem Perfektionismus, der Sie ansonsten in Ihrem Job auszeichnet. Eine perfekte Sekretärin werden Sie nie sein - dafür aber eine mit allerbesten IT-Kenntnissen!