CeLS-Zertifikate

Unabhängige Berufszertifizierung nimmt Fahrt auf

22.06.2015 von Hans Königes
Unter dem Motto „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“ trafen sich Mitte Juni in Hamburg CIOs, Personaler, IT-Experten sowie CeLS-Autoren, um die Idee einer produktunabhängigen Berufsbildzertifizierung weiter umzusetzen.

Initiator Günter Hilger zeigte sich auf dieser ersten Tagung höchst zufrieden über das Interesse der Zertifizierungsteilnehmer und der Resonanz im Markt. Er zitierte eine Umfrage unter den rund 500 Interessenten, die seit vergangenen Herbst ihre IT- und Soft Skills testen ließen. So sind laut Befragung 94 Prozent an weiteren Berufsbildprüfungen interessiert, 86 Prozent finden die CeLS-Idee (Community) gut oder sehr gut, und 60 Prozent sind der Meinung, dass so ein Zertifikat in der Bewerberauswahl stärker berücksichtigt werden sollte.

Der CeLS-Beirat wacht über die Qualität der Tests (von links): Günter Hilger, Dr. Carsten Witt, Dr. Horst Tisson, Daniela Chikato, Jörg Öynhausen, Burkhard Kaufmann, Christian Flöter und Ralph Freude.

CeLS: Experten entwickeln Zertifikate für IT-Profis

Diese Tests kommen im weitesten Sinne aus der IT-Community, also von Experten, die in ihrem Themengebiet absolute Profis sind. Zurzeit sind 23 Berufsbilder online verfügbar, und Hilger drückt aufs Gaspedal: In Kürze sollen weitere 55 online geschaltet werden. Noch sind die Prüfungen kostenlos, ab nächstem Jahr jedoch soll für die Ausstellung eines Zertifikats bezahlt werden. Über das weitere Vorgehen - die Preisfindung für die Tests und vor allem die qualitativen Aspekte - wacht ein Beirat, der sich zur CeBIT im März konstituierte und nun sich wieder in Hamburg anlässlich dieser ersten CeLS-Tagung traf. Vertreten sind hier Personaler, CIOs und IT-Manager aus namhaften Unternehmen.

Muster CeLS-Zertifikat geco-group
Foto: geco-group

Beschäftigte sollen sich ständig weiterbilden

Einer davon ist Christian Flöter, Head of People Resourcing bei Airbus in Hamburg. Er muss sich (fast) täglich mit der Frage auseinandersetzen, wie er die richtigen Mitarbeiter findet, um diese dann auch richtig einzusetzen - unter den stark veränderten Anforderungen an Arbeitgeber und Beschäftigte. Firmen müssten etwa auf die Herausforderungen der Globalisierung reagieren und das Arbeiten in virtuellen und internationalen Teams organisieren können. Von den Beschäftigten werde erwartet, dass sie sich ständig weiterbilden, mobil sind und immer offen für Innovationen zeigen. Es gilt festzustellen, welche Kompetenzen vorhanden sind und wie sich diese in den künftigen Bedarf einfügen. Er ist ein Anhänger dieser Tests und will sie in seiner Firma einsetzen. Er sieht sie als geeignete Ergänzung zu klassischen Bewerbungsunterlagen und Arbeitszeugnissen.

Vor allem, weil die Fortgeschrittenenstufe der Prüfung einen Soft-Soft-Skill-Test beinhaltet, der mit Unterstützung von Uwe Kanning, Professor an der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fakultät der Hochschule Osnabrück, entstand. Der Wissenschaftler begründete in seinem via Video-Konferenz zugeschalteten Vortrag, warum Soft-Skill-Tests ein "wichtiges Instrument der berufsbildbezogenen Eignungsbeurteilung" sind. Neben der Fachkompetenz, Intelligenz und Berufserfahrung, die sich mittlerweile gut messen ließen, spielten heute Themen wie Leistungsmotivation, Persönlichkeit, soziale Kompetenzen eine überdurchschnittlich große Rolle. Der Professor zitierte in diesem Zusammenhang eine Studie, die zeigte, dass aus Kundensicht die Soft Skills oberste Priorität haben und Fachwissen zweitrangig sei.

Diese Soft Skills brauchen IT-Experten
Ohne Soft Skills geht gar nichts
Auch in der IT-Abteilung sind die so genannten "weichen" Eigenschaften heute wichtiger denn je. Welche Soft Skills IT-Profis neben ihrer fachlichen Qualifikation mitbringen sollten, haben wir neun CIOs gefragt.
Christian Ley, CIO von Brose:
"Für das erfolgreiche Umsetzen unserer immer komplexer werdenden IT-Projekte – gerade auch vor dem Hintergrund einer zunehmenden Internationalisierung – sind eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, die Verfolgung gemeinsamer Ziele und eine offene Kommunikation das Maß aller Dinge ...
Kommunikationsfähigkeit
... Deshalb spielen Team- und Kommunikationsfähigkeit, strukturiertes Denken, ein hohes Qualitätsbewusstsein, Konfliktfähigkeit, soziale und teilweise auch interkulturelle Kompetenz eine große Rolle. Natürlich erwarte ich nicht von jedem meiner Mitarbeiter eine gleich starke Ausprägung dieser Soft Skills, das ist letztlich auch abhängig von der Aufgabe des Einzelnen ...
Kundenorientierung
... Von einem Mitarbeiter im ServiceDesk erwarte ich eher eine hohe Kundenorientierung, von einem Softwareentwickler strukturiertes Denken. Alle Mitglieder unserer Mannschaft sollten allerdings mit einem gesunden Maß an Pragmatismus ausgestattet sein."
Klaus Neumann, Bereichsleiter der KfW Bankengruppe:
"Welche Soft Skills IT-Profis heute brauchen – das kommt natürlich immer auch auf die Funktion, in der sie eingesetzt werden, an. An der Schnittstelle zum Kunden, also zum Anwender in unserem Fall, brauchen wir Leute, die offen und kommunikativ sind ...
Konfliktfähigkeit
... Wichtig sind für uns zudem Konfliktfähigkeit und eine lösungsorientierte Sicht. Kann jemand nicht mit Konflikten umgehen - und die gibt es immer - oder denkt einer nur in Problemen, dann ist er nicht der Richtige für die IT-Abteilung."
Für Christoph Böhm, bis 2015 CIO von Vodafone Deutschland, heute Senior Vice President bei SAP...
... ist ebenfalls die Kommunikationsfähigkeit wichtig: "Dies hilft den Mitarbeitern der IT einerseits dabei, die Anforderungen der Business Units als auch die Sprache der IT-Mitarbeiter zu verstehen und diese für die entsprechend andere Gruppe zu übersetzen. Dies ist eine Schlüsselkompetenz, da die Aufgaben einer modernen IT nicht nur darin bestehen, die Business Anforderungen in der IT abzubilden, sondern ebenfalls darin, mögliche Potenziale aus der IT an die Business Units zu kommunizieren, sodass sie nachvollziehen können, welche Auswirkungen und Chancen ein derartiger Schritt auf sie haben würde ...
Die Analytische Kompetenz ...
... ergänzt die Kommunikation, indem die Auswirkungen des Handelns transparent und nachvollziehbar werden ...
Teamfähigkeit
... Mitarbeiter in der IT arbeiten grundsätzlich in Teams, heute meist in gemischten internationalen Teams mit Beteiligung internationaler Partner oder Kollegen."
Günter Weinrauch, ehem. CIO des ADAC:
Zentrale Soft Skills sind für ihn neben Analyse- und Abstraktionsfähigkeiten sowie Kommunikations- und Überzeugungsfähigkeiten (weil auch die beste technische Lösung dem Anforderer "verkauft" werden muss) ...
... Engagement und Ownership:
... um perfekte Lösungen zu schaffen, muss man von seiner Arbeit begeistert sein. Reiner 'Dienst nach Vorschrift' ohne emotionales Engagement kann nie zu herausragenden Lösungen führen ...
Flexibilität
... weil Überraschungen doch immer wieder lauern, und Hindernisse am besten als Herausforderung gesehen werden sollten, nicht als Bremse."
Gilbert Riegel, Senior Project Manager M & A bei Siemens:
Für ihn ist die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel (Einfühlungsvermögen) besonders wichtig: "Das heißt die Fähigkeit, den Ansprechpartner an dem Punkt abzuholen, wo er vom Wissen (Prozesse / Technik) her steht, und ein Verständnis für die Rahmenbedingungen aber auch für die Handlungsperspektiven der Ansprechpartner zu entwickeln. Die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel reduziert Missverständnisse und potenzielle Widerstände ...
Vertrauen aufbauen
... Die Komplexität von IT-Projekten erfordert es, dass die unterschiedlichen Fachbereiche im Unternehmen Vertrauen in die Fähigkeiten der IT-Organisation und ihrer Mitarbeiter haben. Vertrauen entsteht nicht von alleine, sondern über persönliche Interaktion, das Einhalten von Zusagen und Terminen sowie durch die gemeinsame Durchführung erfolgreicher Projekte - also insgesamt positive Erfahrungen mit Personen und Prozessen ...
Selbstbewusstsein
... Die IT-Abteilung fühlt sich oftmals in der klassischen 'Underdog'-Rolle im Unternehmen wohl bzw. lässt sich dort hineindrängen. Um aber den Auftrag an eine moderne IT-Organisation erfüllen zu können, muss die IT aktiv und selbstbewusst mit den Business-Funktionen interagieren und darf sich nicht hinter Governance-Themen und technischer Komplexität verstecken. Das Bild der IT Organisation kann also nicht nur durch den IT Leiter / CIO und einige zentrale Führungskräfte vermittelt werden, sondern muss insbesondere durch die IT Mitarbeiter in Ihrer täglichen Arbeit transportiert werden ...
Analytische Fähigkeiten gepaart mit Neugierde
... Themen schnell erfassen und zu strukturieren ist eine wesentliche Fähigkeit, allerdings mit dem Fokus auf Lösungsorientierung statt Problemorientierung. Neugierde hilft neue Aspekte zu betrachten und so bei einem lösungsorientierten Vorgehen und damit auch Etabliertes zu hinterfragen."
Fähigkeit zur Selbstreflexion
Auch diese findet Riegel wichtig, "um aus dem Feedback anderer und den eigenen Erfahrungen Optimierungsmöglichkeiten für sich selbst und für die verantworteten Themen abzuleiten." Dadurch sei ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess möglich.
Dirk Müller, CIO von Franz Haniel & Cie. ...
findet die Bereitschaft, gelerntes Expertenwissen in Frage zu stellen und sich im Sinne von Innovation auf neue Themen einzulassen, wichtig. Sowie "Empathie und ...
Verhandlungsgeschick ...
... um mit Kunden und in zunehmenden Maße auch mit Lieferanten zielgerichtet, aber doch authentisch umgehen zu können. Beide Themen halte ich bei IT-Profis, die eher aus der Technikecke kommen, für die größte Herausforderung."
Christian Niederhagemann, CIO von KHS:
"Mehr und mehr entwickeln sich IT-Experten zum Sparringspartner für Fachabteilungen, für das Prozessmanagement und inzwischen vielfach auch für die Strategieabteilungen. Aus meiner Sicht sind es drei wesentliche Eigenschaften, die ein erfolgreicher Mitarbeiter in der IT hierzu insbesondere mitbringen muss: Moderationstalent, Empathie und die Bereitschaft, neue Wege gehen zu wollen."
Moderationstalent
Wenn beispielsweise zwischen Fachbereich, Prozessmanagement und den SAP-Profis eine intensive Diskussion entfacht, wie eine Businss-Anforderung elegant, schnell und ohne großen IT-Aufwand abgebildet werden kann, sind Moderatoren gefragt: "Mit Moderationstalent und dem Gespür für die Situation gelingt es in der Regel rasch, die Beteiligten wieder an den Tisch zurück zu holen und das Gespräch auf die Sache, nämlich das gemeinsame Unternehmensinteresse, zu lenken ...
Hochmut fehl am Platz
... In solchen Situationen ist kein Platz für Eitelkeiten und Eigeninteresse, es ist vielmehr Kreativität gefragt, auch einmal neue – eventuell sogar unkonventionelle – Wege zu gehen. Ich unterstütze meine Leute gezielt darin, im Rahmen definierter Leitplanken bewusst gegen den Strom zu denken. Wie häufig wurden nicht schon einfache und intelligente (IT-)Lösungen gefunden, sobald der Mut aufbracht wurde, die eingetretenen Pfade zu verlassen und gleichzeitig den Blickwinkel der beteiligten Parteien einzunehmen."
Hartmut Willebrand, CIO bei H. & J. Brueggen KG:
Er sagt, in der IT-Branche haben wer es überwiegend mit Persönlichkeitstypen zu tun, die in einer Welt der absoluten Abstraktion leben. "Daher neigen wir dazu, Wunschvorstellungen oder geradezu einen technischen Machbarkeitswahn zu haben, dass das, was wir theoretisch überlegt haben, auch genauso funktioniert. Oft fehlen die Anpassungsfähigkeit und das ausreichende Einkalkulieren der Realitäten. Denn das echte Leben ist und bleibt chaotisch, unvorhersehbar. Und die Menschen sowieso."
An Schwächen arbeiten
Willebrand plädiert dafür, die Fachkompetenzen um die "notwendigen humanen, sozialen Skills" zu vervollständigen. "Mit dem Mut, konstruktiv an unseren Schwächen zu arbeiten und unsere Stärken zu stärken, werden wir nachhaltig Erfolg haben."
Soft Skills im Gespräch abklopfen
Ob ein Bewerber die notwendigen Soft Skills mitbringt, erfährt man am besten im persönlichen Gespräch. Da sind sich die CIOs einig. Bewerbungsunterlagen wie Lebenslauf und Arbeitszeugnisse können zwar Hinweise liefern, aber reichen nicht aus.

Damit diese Tests auf eine möglichst hohe Akzeptanz stießen, müsse die Qualität stimmen. Und wie sich diese erreichen lässt, darüber berichtete der ehemalige CIO der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), Michael Busch, der gemeinsam mit den erfahrenen Managern Olaf Schröder und Dirk Bentlin den Test für Projekt-Manager entwickelte. Er habe einen vierstufigen Qualitäts-Management-Prozess entwickelt - vom Entwurf des Tests über die interne dann externe Kontrolle bis hin zur Veröffentlichung.

Zertifikate für 23 Berufsbilder

"Certified by Professionals" oder kurz CeLS heißen neue Zertifikate, die IT-Experten für Experten entwickeln. Interessenten können sich in der Pilotphase kostenlos für mittlerweile 23 Berufsbilder zertifizieren lassen - vom Mobile Application Developer bis zum Projektleiter/-Manager, um ihre Jobchancen und den eigenen Marktwert zu erhöhen. Ab nächstem Jahr sollen die Tests dann kostenpflichtig werden.

CeLS entstand auf Initiative des IT-Dienstleisters Geco in Hamburg in Zusammmenarbeit mit dem IDG-Verlag (COMPUTERWOCHE). Geprüft werden alle für ein IT-Berufsbild wichtigen Fähigkeiten, Fachkenntnisse, Methoden und Soft Skills. Alle Tests sind über www.certbycels.com zu erreichen.

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