Unified Communications

Unterschiedliche Business-Technologien verbinden

21.08.2008 von Dietmar Spehr
Sie arbeiten eng zusammen und haben bislang doch nie so recht zusammengefunden: Telefon und Computer. Beide Geräte blieben in ihrer jeweiligen Technologiewelt gefangen. Unified Communications soll dieser Trennung ein Ende bereiten.

Es wächst zusammen, was längst zusammengehört: Das Telefon ist im Kommunikationszeitalter zum Business-Tool schlechthin geworden und müsste daher in die Arbeitsumgebung des Denkarbeiters integriert sein: Wählen aus Applikationen heraus, Mailbox-Nachrichten im E-Mail-Postfach, am Bildschirm sehen, wer anruft, und gleich den Kundendatei-Eintrag auf den Schirm bekommen - fast 30 Jahre nach dem Einzug der IT in die moderne Arbeitswelt sollten solche Funktionen eigentlich selbstverständlich sein.

Dass dem nicht so ist, lag wohl auch an den verschiedenen Übertragungsstandards: Ethernet-Kabel und das Internet Protocol (IP) hüben, Klingeldraht und Telefonstandards drüben. In den vergangenen Jahren hat sich jedoch die IP-Technologie auch im Telefonsektor etabliert, und die Grenzen verschwimmen. Der Standard ist ausgereift, die Sprachqualität stimmt, und etliche Unternehmen haben entsprechende Lösungen für den Business-Einsatz im Angebot. Das Problem besteht aber darin, sämtliche Kommunikationskanäle - Telefonie, Voice-Mail, E-Mail, Präsenzinformationen, Fax, Instant Messaging, Application Sharing und mobile Kommunikation - zu einer einheitlichen Plattform und Benutzeroberfläche zu verbinden. Mitarbeiter sollen so in die Lage versetzt werden, weitestgehend ohne störende Medienbrüche und unproduktive Wartezeiten zu kommunizieren.

Auf dem Weg zu Unified Communications

Mit einer VoIP-Infrastruktur verfügt die Hälfte aller mittelständischen Unternehmen bereits über die entsprechenden Grundlagen. Der Weg zu Unified Communications ist damit geebnet.

Neue Technik benötigt UC nicht unbedingt, der "All-in-on-Ansatz" erfordert aber eine neue Herangehensweise.
Foto:

Kern eines Unified-Communications-Systems ist ein Server, der sämtliche Kommunikationsdienste bündelt und zentral bereitstellt. Durch diesen "All-in-one”-Ansatz wird die Server-Landschaft in den Unternehmen konsolidiert und die Administration drastisch vereinfacht. Die erzielbaren Synergieeffekte und Einsparungen sind beachtlich: Im Betriebsalltag braucht nur ein einziger Server installiert, verwaltet und gepflegt werden. Ein zweiter Server wird nur zu Redundanzzwecken benötigt, und dies auch nur dann, wenn höchstmögliche Ausfallsicherheit angestrebt ist.

Da für moderne Unified-Communications-Lösungen standardisierte Hard- und Software genutzt wird, kann die vorhandene Infrastruktur verwendet werden - also etwa die existierenden Windows Server Systeme, mit denen der Administrator bereits vertraut ist. Zugleich läuft die Integration in die üblichen Business-Applikationen denkbar einfach. So klinken sich aktuelle Telefonie-Applikationen heute nahtlos in marktübliche CRM-, ERP- oder BPM-Systeme ein.

Als Folge kann beispielsweise der Vertriebsmitarbeiter per Mausklick aus Microsoft Outlook oder Lotus Notes heraus ein Telefongespräch initiieren oder sich bei eingehenden Rufen durch die Rufnummernauflösung automatisch alle relevanten Daten aus dem CRM-System anzeigen lassen. Dabei ist die Einbeziehung weiterer Applikationen dank offener Schnittstellen problemlos möglich. So nutzen Vertriebsmitarbeiter gerne die Vorzüge einer automatischen Ortsanzeige in Google Maps.

Wer ist wo?

Mehr Produktivität lässt sich zudem über präsenzbasierte Features erreichen. Mitarbeiter erreichen auf Anhieb den richtigen Teamkollegen und wissen, wo dieser sich gerade aufhält. Dank der intelligenten Einbindung von Terminplanern erkennen moderne Unified Communications-Systeme zum Beispiel an den Kalendereinträgen in Outlook oder Lotus Notes zu welchem Ziel ein Ruf übergeben werden muss: Ist eine Besprechung eingetragen, erfolgt die direkte Weiterleitung an die Mailbox. Stellt das System fest, dass der Angerufene länger im Urlaub ist, erfolgt eine Vermittlung an einen kompetenten Kollegen. Individuelle Konfigurationsmöglichkeiten verfeinern das System: Beispielsweise darf ein Key-Account-Kunde, wenn das so geregelt ist, den Sales-Manager auch im Meeting stören - dank Rufnummernauflösung technisch kein Problem.

Noch mehr Möglichkeiten bieten grafische Skript-Editoren. Mit ihrer Hilfe lassen sich Regeln und Aktionsfolgen für eingehende Anrufe anschaulich in Form eines Flussdiagramms visualisieren sowie schnell und unkompliziert mit wenigen Mausklicks anpassen. Auch komplexe "Rufbehandlungsszenarien" mit logischen Verknüpfungen und Schleifen können so auf übersichtliche Art und Weise in Form eines Flussdiagramms abgebildet werden. Die Möglichkeit, beispielsweise DTMF-Töne zu erkennen und auszuwerten, erlaubt eine interaktive, durch den Anrufer gesteuerte intelligente Rufbehandlung.

Mit Features wie diesen ist auch für kleinere Unternehmen der Weg zu einem eigenen leistungsstarken Contact Center geebnet. Dank Unified Communications können dort neben Telefonaten auch E-Mails oder Online-Anfragen bearbeitet werden. Auf diese Weise hat der Kunde stets die Wahl, wie er den Kontakt aufnehmen will. Umgekehrt können Contact-Center-Agenten stets mit dem optimalen Kommunikationsdienst reagieren. Beispielsweise kann ein Agent während eines Kundengesprächs mittels Instant Messaging Rat bei einem Kollegen einholen - ohne dass ein weiteres Kommunikationsprogramm geöffnet werden muss. Er ist zudem in der Lage, aus jeder Applikation heraus ein Fax zu verschicken oder Voice-Mails als E-Mail zu empfangen und an andere Empfänger weiterzuleiten.

Daheim und unterwegs vermitteln

Ein weiteres Ärgernis der modernen Bürokommunikation ist die mangelnde Einbindung von Handys in die Telefonwelt eines Unternehmens. Da Festnetz und Mobilfunk technisch komplett getrennt sind, haben die Mitarbeiter meist mindestens zwei verschiedene Telefonnummern und müssen zwei verschiedene Voice-Mail-Systeme abfragen. Zugleich sind mobile Ansprechpartner mal unter der einen, dann wieder unter der anderen Nummer erreichbar.

Dem setzt Unified Communications ein Ende. Zur "Fixed Mobile Convergence" führen verschiedene Wege. Viele Lösungen am Markt nutzen das GSM-Mobilfunknetz als technische Basis für die Kommunikation zwischen Mobilfunkgerät und dem Unified-Communications-Server. Fast alle Business-Handys unterstützen mittlerweile neben GSM auch WLAN/SIP. Gleichzeitig verfügen viele Unternehmen über eine WLAN-Infrastruktur. Deshalb liegt es nahe, Fixed Mobile Convergence auch über das Session Initiation Protocol (SIP) zu realisieren, da hierbei keinerlei Mobilfunkkosten entstehen.

Einige Hersteller kombinieren diese beiden technischen Ansätze: Befindet sich der mobile Benutzer innerhalb der Reichweite eines geeigneten WLAN-Netzes, kann er per SIP kommunizieren. Lässt sich keine Verbindung per SIP aufbauen, werden alle Rufe über das GSM-Mobilfunknetz geführt.

Auf diese Weise sind alle Mitarbeiter immer mit jedem Telefon unter ein und derselben Telefonnummer zu erreichen. Kunden und Geschäftspartner müssen nicht umständlich verschiedene Alternativen durchprobieren, um den gewünschten Ansprechpartner zu kontaktieren. Unternehmen brauchen also nur noch eine Rufnummer nach außen zu geben, etwa auf der Visitenkarte oder per E-Mail-Signatur. Technisch ist es sogar möglich, dass bei Handy-Gesprächen die Büronummer auf dem Display des Angerufenen erscheint. Zudem sehen die Teamkollegen am Arbeitsplatz durch die Einbindung der Präsenzinformationen, ob ein Mitarbeiter gerade mit seinem Handy telefoniert. Umgekehrt erkennt ein mobiler Benutzer auf einen Blick, wie der Teamkollege im Augenblick am besten erreichbar ist.

Outsourcing oder Eigenregie?

Ein weiterer Vorteil moderner Unified-Communications-Systeme besteht darin, dass Unternehmen entscheiden können, inwieweit sie die Bereitstellung, Verwaltung und Administration selbst übernehmen oder an einen Dienstleister outsourcen möchten. Das ermöglicht eine optimale Anpassung an individuelle Anforderungen, Budgets und Ressourcen. "Die Mehrzahl der mittelständischen Unternehmen entscheidet sich nach wie vor für einen Eigenbetrieb - "man könnte das als Unmanaged Unified Communications bezeichnen", kommentiert Siegbert Glienke, Unified Communications-Experte bei Swyx, einem Dortmunder Anbieter von Unified Communications-Lösungen. In diesem Fall befindet sich die Unified-Communications-Plattform in den eigenen Geschäftsräumen und ist entweder gekauft oder geleast worden. Als Besitzer des Unified-Communications-Systems hat das Unternehmen die vollständige Kontrolle darüber und kann es beliebig umgestalten und an die individuellen Bedürfnisse anpassen - beispielsweise bei der Integration in Business-Anwendungen. Dem gegenüber steht die Verantwortung, selbst für den reibungslosen Betrieb sorgen zu müssen und entsprechende Ressourcen bereitzuhalten. Auch wenn die sehr einfache und effiziente Administration zu den Hauptvorteilen von Unified Communications gehört, kann es also sinnvoll sein, das System teilweise oder ganz von einem Dienstleister verwalten zu lassen. Das Unternehmen kann sich in diesem Fall vollständig auf seine Kernkompetenzen konzentrieren.

In Zukunft werden immer mehr Carrier und Service-Provider in dieses Geschäft einsteigen. "Dabei befindet sich der Unified-Communications-Server im Rechenzentrum des Dienstleisters, der für die Verwaltung und maßgeschneiderte Bereitstellung des Service verantwortlich ist", blickt Swyx-Manager Glienke in die Zukunft. Eine gehostete Lösung stellt auch für viele mittelständische Unternehmen eine attraktive Option dar, da nur sehr geringe Anfangsinvestitionen erforderlich sind. Zudem muss das Unternehmen stets nur für genau die Anzahl von Diensten bezahlen, welche tatsächlich zum jeweilig Zeitpunkt benötigt werden.

Bei der Auswahl einer Unified-Communications-Lösung sollten gerade mittelständische Unternehmen die Folgekosten und die Integrationsmöglichkeiten im Blick haben. Es ist kontraproduktiv, sich für eine Unified Communications-Lösung zu entscheiden, mit der man zwar sinnvolle Features wie zum Beispiel multimediale Erweiterungen und präsenzbasierte Kommunikation erhält, aber sich andererseits erhebliche Einschränkungen bei den Telefonfunktionen einhandelt. Genauso wenig ist es effizient, unbedingt am alten Kommunikationssystem festzuhalten und mühsam Unified-Communications-Funktionen mit teuren, eigens angepassten Zusatzapplikationen anzudocken. Denn ein Teil der Medienbrüche bleibt immer erhalten, oder der Wartungs- und Administrationsaufwand steigt kräftig. Ideal ist eine Lösung, die das Beste aus beiden Welten in einer Applikation vereint. (hi)