Angesichts des sich stetig verschärfenden Wettbewerbs hatte sich die Unternehmensführung eines deutschen Automobilzulieferers entschieden, das Management der Kundenbeziehungen komplett neu auszurichten. Unterstützt durch eine integrierte CRM-Lösung sollten die Mitarbeiter gezielt auf die Anforderungen der Kunden eingehen. Doch kurz nach dem Start wurde deutlich, dass die Nutzer mit Skepsis auf die Lösung und die damit einhergehenden Veränderungen reagierten. Das Projekt drohte zu scheitern.
So wie diesem Zulieferer geht es vielen Unternehmen, die eine IT-Lösung einführen. Ein neues Kunden-Management-System bedeutet unter Umständen, dass man sich an neue Prozesse gewöhnen, komplexere Software bedienen und noch mehr Daten eingeben muss. Das ist eine zusätzliche Belastung im ohnehin schon vollen Arbeitsalltag. Hinter diesen Bedenken nehmen die Anwender den strategischen Vorteil, den ein systematisches Kunden-Management dem Unternehmen und letztlich auch ihnen selbst bietet, oft erst einmal nicht wahr.
Ängste ernst nehmen
Um eine Konfrontation zu vermeiden, begleiten einige Unternehmen Veränderungen bereits durch einen Change-Management-Prozess. Damit sollen bei den Mitarbeitern von Anfang an Akzeptanz für das Projekt geschaffen sowie Ängste und Widerstände abgebaut werden. Dieser Ansatz lohnt sich: Die von Change-Management begleiteten Einführungen zeichnen sich dadurch aus, dass Budget- und Zeitpläne besser eingehalten werden. Zudem akzeptieren die Endanwender die IT-Lösungen eher und nutzen sie selbstständig am Arbeitsplatz. Damit verringert sich auch die Anzahl späterer Change Requests erheblich.
Damit das Change-Management gelingt, muss bei den Gründen für mögliche Widerstände angesetzt werden. Sie resultieren zu etwa 75 Prozent aus Angst und Unsicherheit. Nur das restliche Viertel beruht auf sachlichen Bedenken und nicht berücksichtigten Interessen.
Um die eher irrationalen Ängste abzubauen, empfiehlt es sich, möglichst umfassend mit den Betroffenen zu kommunizieren. Die Gründe für die Projektentscheidung sollten ihnen mitgeteilt werden - genauso wie die Ziele, die mit der neuen Lösung verfolgt werden, und die Konsequenzen für sie selbst. Wichtig ist es, noch vor dem eigentlichen Projektstart mit der Kommunikation zu beginnen und sie über das "Go Live" darüber hinaus nicht mehr abreißen zu lassen.
In vier Schritten zur Veränderung
Die so gewonnenen Erkenntnisse auch in der Praxis umzusetzen ist eine Aufgabe für sich. Unterstützung leisten kann das im Folgenden beschriebene Vorgehensmodell für ein projektbegleitendes Change-Management, dem Erfahrungen aus Projekten bei Automobil- und Motorradherstellern zugrunde liegen. Es umfasst vier Phasen:
1. Business Case
Zu Beginn des Projekts gilt es, einen Business Case zu erstellen, der sämtliche Veränderungen ausweist - sowohl hinsichtlich der Prozesse als auch in Bezug auf die IT-Lösungen. Gleichzeitig sollte analysiert werden, welche Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten von den Veränderungen betroffen sind, um alle Beteiligten im Rahmen von "Value Assessment Workshops" in das Vorhaben einzubinden. Mit den Stakeholdern wird hier erarbeitet, wo Vorteile und Nutzen sich für den Einzelnen liegen.
2. Change Framework, Motivation und Sensibilisierung
Im nächsten Schritt entwickelt ein aus den betroffenen Stakeholdern zusammengestelltes Team eine "Change Charta". Sie dient als Grundlage für alle Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Change-Management. Der darin beschriebene Ansatz muss mit der Strategie und dem Business Case des Gesamtprojekts abgestimmt sein.
Nachdem die Charta beschlossen und genehmigt ist, wird ein detaillierter Plan verfasst, der die Inhalte aufgreift, zu einem Aktionsplan verdichtet und grafisch darstellt. Nun gilt es, die Ängste und Bedenken der Betroffenen zu identifizieren. Darauf lässt sich ein Kommunikations- und Projektvermarktungskonzept formulieren, das auf die Stimmung der Mitarbeiter eingeht.
3. Direkte Partizipation
Ist der Rahmen für das Change-Management erst einmal abgesteckt, sollten die Stakeholder aktiv in den Veränderungsprozess eingebunden werden. Das gelingt beispielsweise mit "Usability Labs". Dort arbeiten die betroffenen Mitarbeiter mit einem Prototyp der künftigen IT-Lösung, um zu prüfen, inwieweit das Design und die einzelnen Anwendungen benutzerfreundlich beziehungsweise welche Prozesse noch zu lang oder zu wenig intuitiv sind.
4. Befähigung
Nun werden die Mitarbeiter mit der neuen Lösung vertraut gemacht und können Schritt für Schritt ihre Vorbehalte abbauen. Dazu dienen auf unterschiedliche Anwendergruppen ausgerichtete Trainingseinheiten und ausführliche Schulungsunterlagen. Unverzichtbar ist auch eine schriftliche Systemdokumentation, die umfassend alle Funktionen erklärt. Sämtliche Trainings und unterstützenden Maßnahmen werden im Idealfall auf einer Projekt-Website hinterlegt.
Nach der Einführung geht es weiter
Mit der Einführung der Lösung ist das Change-Management aber noch nicht abgeschlossen. Vielmehr gilt es nun, durch systematische Befragungen herauszufinden, wie zufrieden die Betroffenen mit den Veränderungen sind. So können mögliche Probleme noch behoben oder einzelne Mitarbeiter individuell geschult werden. Zudem signalisiert eine solche Erhebung, dass die Anliegen der Mitarbeiter auch über den eigentlichen Projektabschluss hinaus für das Unternehmen wichtig sind. Damit wird die Basis für weitere erfolgreiche Projekte gelegt. (qua)
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