Ausbeutung oder mehr Spielraum für Mitarbeiter?

Vertrauensarbeitszeit auf dem Prüfstand

01.10.2012 von Peter Ilg
Vertrauen ist gut, Zeiterfassung besser. Das meinen die Gegner der Vertrauensarbeitszeit und warnen vor Selbstausbeutung. Befürworter loben die Zeitsouveränität, die man durch Führen mit Zielen gewinnt.

Die gebürtige Amerikanerin Ann Miller-Rauch hat ein typisch deutsches Problem: sie hat ein Kind und arbeitet dennoch in Vollzeit, zudem als Führungskraft. "Manche meinen, ich sei deshalb eine schlechte Mutter." Neben Toleranz mangle es am Betreuungsangebot. "Ich möchte neben der Arbeit natürlich auch Zeit für meine Tochter haben." Deshalb kommt er ihr sehr gelegen, dass sie in einem international tätigen Unternehmen arbeitet. Meist ist sie von neun bis 16 Uhr in der Firma, dann holt sie die Kleine von der Kita ab. Wenn das Mädchen gegen 20 Uhr ins Bett geht, arbeitet die Mama zwei, drei Stunden von zu Hause aus weiter. Gestern Abend hatte sie eine Telefonkonferenz mit Kollegen in Brasilien. "Beruf und Familie funktioniert bei mir vor allem deshalb, weil ich meine Arbeit sehr flexibel einteilen kann." In der Vertrauensarbeitszeit zählt das Ergebnis, nicht die Anwesenheit.

Mitarbeiter trägt Zeit-Risiko

Ann Miller-Rauch ist bei der Software AG Führungskraft in Vollzeit und Mutter einer Tochter. Das geht nur mit Vertrauensarbeitszeit.
Foto: Privat

Ann Miller-Rauch ist bei der Software AG in Darmstadt für die weltweite Personal- und Organisationsentwicklung zuständig. Das Software- und Beratungshaus beschäftigt rund 5500 Mitarbeiter, davon etwa 2000 in Deutschland. Von diesen haben etwa die Hälfte ein Gleitzeitkonto und dokumentieren ihre Arbeitszeit durch Aufschreiben. Diese Gruppe hat einen Anspruch darauf, Überstunden als Gleittage abzufeiern. Die andere Hälfte hat Vertrauensarbeitszeit, führt kein Gleitzeitkonto und hat auch keinen Anspruch auf Überstundenausgleich. Dieser ist mit einem meist höheren Gehalt abgegolten. Vertrauenszeitarbeiter müssen aufgrund einer Betriebsvereinbarung einen variablen Gehaltsbestandteil von mindestens zehn Prozent haben.

"Vertrauensarbeitszeit ist problematisch, weil Mitarbeitern ohne Zeiterfassung eine klare Dokumentation als Voraussetzung fürs eigene Zeit-Management fehlt", sagt Hilde Wagner, Ressortleiterin Tarifpolitik bei der IG Metall in Frankfurt am Main. Das Risiko Zeit bei einem Projekt würde auf die Mitarbeiter verlagert. "Die Gefahr, dass diese Beschäftigten lange arbeiten, ist hoch." Und wenn Zeit nicht erfasst wird, habe man keinen Beleg für einen Ausgleich.

Mehr Gehalt statt Freizeitausgleich

In der Software AG gibt es zwei Berufsgruppen, in denen sich Vertrauensarbeiter häufen: Beschäftigte in Vertrieb und Consulting, dort gibt es traditionell oft variable Gehaltsbestandteile. Und es sind Mitarbeiter mit Führungsaufgaben: je höher Beschäftige in der Hierarchie stehen, umso größer sind ihre variablen Gehaltsbestandteile. Beide Gruppen sind auch typisch für andere Unternehmen, oft sind es Akademiker, die unter dem Führen mit Zielen leiden, weiß Rainer Burckhardt, Betriebsratsvorsitzender der Software AG am Standort Darmstadt. "Sie meinen, Ziele erfüllen zu müssen. Leider prüft bei uns niemand so wirklich nach, wie viel Zeit für eine Aufgabe gebraucht wurde."

Typisch für andere Unternehmen ist auch, dass Vorgesetzte und Mitarbeiter Ziele vereinbaren. Mitarbeiter mit Vertrauensarbeitszeit werden mit Zielen geführt. Werden Aufgaben schneller erledigt, steigt durch den variablen Gehaltsbestandteil das Einkommen, weil mehr geleistet werden kann. In der Software AG beträgt die Arbeitszeit 40 Stunden pro Woche. Diese 40 Stunden sind die Grundlage für Zielvereinbarungen: was kann in dieser Zeit geleistet werden? Wer schneller ist, verdient mehr als langsamere Kollegen durch den variablen Gehaltsbestandteil. "Diese Aussicht treibt mich schon an, meinen Job zügig und gut zu machen", sagt Miller-Rauch.

Gehälter
Typische Gehälter von Führungskräften 2012
Wir haben aus der Gehaltsstudie von COMPUTERWOCHE und Personalmarkt zehn Beispiele ausgewählt, um exemplarisch zu zeigen, was IT-Führungskräfte verdienen.

erhält....
..ein IT-Leiter/Organisation im Maschinenbau.
45 Jahre, Diplom Uni Wirtschaftsinformatik, Branche: Maschinenbau (> 1.000 Mitarbeiter), Raum Darmstadt

verdient
ein IT-Leiter in einem Systemhaus.
43 Jahre, Diplom FH Informatik , Branche: IT-Systemhaus im Raum München (> 5.000 MA)

bekommt
ein Gruppenleiter Administration und IT.
34 Jahre, Bachelor Ingenieurwissenschaften, Branche Autoindustrie nahe Stuttgart (>20.000 MA)

erhält
eine Leiterin Global Head Profit Center
41 Jahre, Diplom FH Wirtschaftsinformatik, Branche: Softwareberatung in Hessen (1.000–5.000 MA)

verdient
ein Projektmanager SAP-Beratung.
40 Jahre, Diplom Uni Wirtschaftsingenieurwissenschaft, Unternehmensberatung im Raum Heidelberg (100-500 MA)

bekommt
ein Leiter IT-Sicherheit.
38 Jahre, Diplom Uni Wirtschaftsingenieurwissenschaft, Telekommunikationsbranche bei Karlsruhe (> 1.000 MA)

erhält
ein Teamleiter CRM.
31 Jahre, Diplom FH Wirtschaftsingenieurwissenschaft, Branche: Telekommunikation nahe Stuttgart (1000–5000 MA)

verdient
ein Leiter SAP-Technik.
42 Jahre, Diplom Uni Informatik, IT Systemhaus in der Umgebung von Aachen (100–500 MA)

bekommt
ein Teamleiter Softwareentwicklung.
32 Jahre, Diplom Uni Wirtschaftsingenieurwissenschaft, Branche: Bank nahe Frankfurt (1000–5000 MA),

erhält
eine Gruppenleiterin EDI.
43 Jahre, Diplom Uni Wirtschaftswissenschaften, Branche: Autoindustrie in Nordrhein-Westfalen (1000–5000 MA).

Zeitlich knappe Zielvorgaben

Ob nun Zeiterfassung oder Vertrauensarbeitszeit: Arbeitsschutzgesetze gelten für alle Arbeitnehmer. "Mehr als zehn Stunden pro Tag darf nicht gearbeitet werden und Zeiten über acht Stunden müssen dokumentiert sein", sagt Frank Brenscheidt, Arbeitszeitexperte in der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Dortmund. Betriebsrat Burckhard meint, daran mangle es im Unternehmen, weil es sich darauf verlasse, dass die Mitarbeiter von sich aus die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes einhalten. Doch das wirkliche Problem der Zeitarbeit seien die vereinbarten Zielvorgaben mit manchmal zu knapp bemessener Zeit. Rainer Fritsch, zuständig für Vergütung in der Software AG, hält dagegen: "Vertrauensarbeitszeit setzt Vertrauen voraus. Wenn ein Mitarbeiter merkt, dass er seine Arbeit nicht schafft, erwarten wir, dass er mit seinem Vorgesetzten spricht und sie gemeinsam eine Lösung finden."

Ob nun Zeiterfassung oder Vertrauensarbeitszeit: Arbeitsschutzgesetze gelten für alle Arbeitnehmer, sind aber oft schwierig einzuhalten.
Foto: bluedesign - Fotolia.com

Nach der Erfahrung des Arbeitszeitexperten Brenscheidt führt Vertrauensarbeitszeit zu Mehrarbeit. Die Situation von Miller-Rauch wertet er positiv: "Vertrauensarbeitszeit macht Vereinbarkeit von Familie und Beruf in vielen Fällen erst möglich." Nach seinen Angaben haben Unternehmen außer der Einhaltung der Arbeitsschutzgesetze weitere Sorgfaltspflichten gegenüber ihren Mitarbeitern. Dazu zählt die Auswahlpflicht. "Mitarbeiter dürfen für einen Aufgabe nur ausgewählt werden, wenn sie diese auch leisten können."

Laut einer Studie vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, IAB, in Nürnberg, gab es 2006 in etwa 15 Prozent aller deutschen Unternehmen Vertrauensarbeitszeit. Der Schwerpunkt lag im Wirtschaftsbereich der Dienstleistungen. Aktuellere Zahlen gibt es nicht, aber eine Prognose von Ines Zapf, Arbeitsmarktforscherin im IAB: "Weil das Dienstleistungsgewerbe wächst und das Qualifikationsniveau der Beschäftigten steigt, dürfte auch der Anteil der Unternehmen mit Vertrauensarbeitszeit zugenommen haben."

Ann Miller-Rauch hält viel von der Vertrauensarbeitszeit und sieht darin die Zukunft für die meisten, wenn nicht für alle Mitarbeiter der Software AG. "Ich möchte meinen Kollegen die Vorteile, die ich daraus ziehe, nicht vorenthalten." Betriebsratsmann Burckhardt hält ihre Idee für unnötig, "weil die bestehende flexiblen Arbeitszeiten ausreichend Spielraum bieten, um Privates und Betriebliches unter einen Hut zu bringen".

Viel Arbeit für umsonst

Durchschnittlich leistet jeder Beschäftigte monatlich 19 Überstunden, davon rund vier ohne Ausgleich durch den Arbeitgeber. Dies hat das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung in Nürnberg für das Jahr 2009 in einer Studie ermittelt. Etwa die Hälfte der Überstunden wird in Freizeit abgegolten, jede zehnte Stunde wird ausbezahlt.

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Verwerfen Sie sämtliche Warnungen, Vorhaltungen, Vorwürfe, Bitten und Sorgen von Ihrer/m Partner/in, Angehörigen oder Kollegen. Ihre Ausreden sollten wasserdicht sein: "Nach diesem Projekt wird alles besser" oder "nur noch dieser Fall". Oder: "Die Umstände/der Vorgesetzte/der Auftraggeber zwingen mich dazu, ich habe keine Wahl."
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Streichen Sie sämtliche Hobbys einschließlich sportlicher Betätigungen. Falls Sie doch noch ein Privatleben haben, gestalten Sie die Terminplanung zwischen ihm und dem Job noch engmaschiger, nutzen Sie jede freie Minute.
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Gesundes Essen wird als Zeitkiller abgeschafft zugunsten von Fast Food und belegten Semmeln. Damit Sie überhaupt entspannen und von Ängsten und anderen unangenehmen Gefühlen abschalten können, gönnen Sie sich regelmäßig abends etwas Alkoholisches.
Perfektion, Perfektion, Perfektion
Seien Sie nie zufrieden mit Ihren Ergebnissen, auch wenn andere begeistert sind. Sie sind Ihr strengster Kritiker. Weniger als perfekt kommt für Sie nicht in Frage. Stecken Sie sich zusätzliche Ziele. Erlernen Sie eine Fremdsprache, machen Sie eine berufsbegleitende Ausbildung und laufen Sie Marathon.
Probleme? Ach was!
Lösen Sie keine Konflikte und Probleme grundlegend. Schieben Sie alles vor sich her, damit der Berg von Unerledigtem immer höher wird.
Ein Ausstieg ist möglich!
Falls Sie sich in unserem Text zu stark wiedererkennen, steiegen Sie aus! Je früher, desto besser. Gehen Sie zum Arzt, ändern Sie Ihre Lebensweise, solange es noch früh genug ist. Das raten Ihnen Ruth Hellmich, Rechtsanwältin und Geschäftsführerin von CoachingTraining.

"Man arbeitet so lange, bis das Ziel erfüllt ist"

Vertrauensarbeit mag vernünftig sein, sie ist aber auch riskant, meint Rainer Burckhardt, Betriebsratsvorsitzender der Software AG in der Zentrale in Darmstadt. Selbstausbeutung und Ausbeutung durch Unternehmen seien eine Gefahr, wenn Arbeitszeit nicht vollständig erfasst wird. Gleitzeitregelung reicht den meisten, meint Burckhardt.

CW: Dass Gewerkschaften keine Freunde der Vertrauensarbeitszeit sind, ist bekannt. Bei der Software AG sind 800 der rund 2000 Mitarbeiter in Deutschland Vertrauenszeit-Arbeiter. Sehen Sie deren Situation kritisch?

Rainer Burckhardt, Betriebsrat bei der Software AG: "Viele Mitarbeiter dokumentieren Arbeitszeiten für Projekte, schreiben aber ihre Zeiten für Bürotätigkeiten oder Fortbildung nicht auf."
Foto: Privat

Rainer Burckhardt: Das Problem ist nicht die Vertrauensarbeitszeit, sondern das Führen mit Zielen ohne Kontrolle der für die Zielerfüllung aufgebrachten Arbeitszeit. Darunter leiden vor allem Akademiker und damit fast drei Viertel unserer Beschäftigten, die häufig als Einzelkämpfer unterwegs sind. Sie meinen, Ziele auf Teufel komm raus erfüllen zu müssen. Leider prüft bei uns niemand wirklich nach, wie viel Zeit dafür gebraucht wurde. Man arbeitet eben so lange, bis das Ziel erreicht ist. Wenn Arbeitszeit nicht vollständig dokumentiert ist, besteht die Gefahr der Selbstausbeutung.

CW: Öffnet so "Führen mit Zielen" dem Unternehmen Tür und Tor, um Mitarbeiter auszubeuten?

Burckhardt: Ja, weil das Unternehmen bei Vertrauensarbeitszeit die Arbeitszeiten nicht selber kontrolliert, sondern sich darauf verlässt, dass die Mitarbeiter von sich aus die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes einhalten. Kontrolle findet im Wesentlichen durch die Mitarbeiter selbst statt: sie dokumentieren ihre Arbeitszeit für Projekte, schreiben aber ihre Zeiten für Bürotätigkeiten oder Fortbildung nicht auf.

CW: Die Software AG würde gern die Vertrauensarbeitszeit für alle Mitarbeiter einführen, heißt es.

Burckhardt: Davon weiß ich nichts. Betriebsrat und Geschäftsführung haben eine Arbeitszeitregelung ausgehandelt und Flexibilisierung der Arbeitszeit vereinbart. Hat ein Mitarbeiter einen variablen Gehaltsanteil von zehn Prozent und mehr, dann arbeitet er automatisch unter Vertrauensarbeitszeitbedingungen. Jeder Mitarbeiter kann auch freiwillig in die Vertrauensarbeitszeit wechseln. Allerdings gibt es Jobs, die nur unter Vertrauensarbeitszeitbedingungen ausgeschrieben werden.

CW: Vertrauensarbeitszeit setzt Vertrauen voraus. Mangelt es daran im Unternehmen?

Burckhardt: Nein, das Problem sind eher die in Mitarbeitergesprächen vereinbarten Ziele. Die zeitlichen Vorgaben sind manchmal zu knapp. Hinzu kommt: Da bei uns mit Quartalszahlen gearbeitet wird, führt das in einigen Bereichen zu einer dünnen Personaldecke. Je geringer die Personalkosten, umso höher der Gewinn.

CW: Vor allem Mütter mit kleinen Kindern profitieren von der flexiblen Vertrauensarbeitszeit. Eigentlich müsste der Betriebsrat doch auf deren Seite sein und daher für Vertrauensarbeitszeit.

Burckhardt: Wir haben flexible Arbeitszeiten für alle Mitarbeiter in unserer Arbeitszeitregelung festgelegt. Das ist die Gleitzeit mit einer Bandbreite von sechs bis 22 Uhr an allen Werktagen. Mehrstunden können in Gleittagen oder -stunden abgefeiert werden und es gibt Lebensarbeitskonten für einen früheren Renteneintritt. Teilzeitbeschäftigte, die über ein Gleitzeitkonto verfügen, legen ihre Arbeitszeit in Absprache mit ihrer Führungskraft fest und können so ihre privaten mit den betrieblichen Belangen in Einklang bringen. Mehr Vertrauensarbeitszeit muss nicht sein.