VMworld 2008

VMware geht in die Offensive

16.09.2008 von Stefan Ueberhorst
Auf der gerade eröffneten VMworld propagiert VMware das "Virtual Data Center Operating System" (VDC-OS): Das Rechenzentrum samt Speicher und Netz werde zu einer einzigen virtualisierbaren Ressource.

Seit Microsoft und Citrix das Thema Virtualisierung intensiv vorantreiben, gerät VMware in seiner bisherigen Position als Marktführer in diesem Segment stark unter Druck. "Klotzen statt Kleckern" könnte deshalb auch der Auftritt des Herstellers auf seiner Anwenderkonferenz VMworld diese Woche in Las Vegas überschrieben sein. Mit neuen Funktionen will man weit über die Server- und Desktop-Virtualisierung hinaus in alle Ecken des Rechenzentrums hineingreifen. Die dazu benötigte Technik fasst VMware unter dem Begriff Virtual Data Center Operating System (VDC-OS) zusammen. Sie bezeichnet zunächst kein eigenständiges Produkt, sondern eine Reihe von Fähigkeiten, die im Rahmen von Updates der "Infrastructure-3"-Software und anderer VMware-Lösungen im kommenden Jahr ausgeliefert werden sollen.

Ziel von VDC-OS ist es, sämtliche Hardwareelemente eines Rechenzentrums, also Server, Speichersysteme und Netzkomponenten, zu einer einzigen Ressource zusammenzufassen. Aus diesem virtuellen "Großcomputer" soll sich Systemleistung den einzelnen Applikationen bedarfsgerecht zuweisen lassen. Am Ende stünde die Transformation des Rechenzentrums in eine flexible Cloud-Computing-Landschaft mit den Instrumenten der Virtualisierung.

vCloud

Auf die geplanten Techniken weist ein vorangestelltes "v" im Funktionsnamen hin. So zum Beispiel "vCloud", eine Initiative, die VMware unter anderem mit Service-Providern wie BT und T-Systems gestartet hat. Sie erlaubt den Export virtueller Maschinen inklusive der daran gekoppelten Policy-Informationen zum Beispiel auf die Server von Hosting-Providern. Dort würden sie sich gegebenenfalls auch mit weiteren Cloud-Ressourcen verbinden lassen. Insofern stellen die im Rahmen von vCloud entwickelten APIs eine Erweiterung der bisherigen VMotion-Technik dar, über die man virtuelle Maschinen während des Betriebs von einem physikalischen Server auf einen anderen verschieben kann. vCloud werde in kleinen Schritten und nicht mit geschäftskritischen Workloads starten, heißt es bei VMware. Erstes Interesse an der Technik komme von einigen Großunternehmen.

vNetwork

Das Netzsegment deckt VMware mit "vNetwork" ab: Anstatt für jeden Host-Computer einen individuellen Switch zu konfigurieren, soll das Feature die Möglichkeit bieten, einen einzigen virtuellen Switch für einen ganzen Pool virtualisierter Server einzurichten. Das Verfahren entwickelt VMware gemeinsam mit Cisco, es wird sich auch aus dessen Netz-Management-Tools heraus bedienen lassen. Ganz nebenbei könnte vNetwork zudem das Potenzial haben, Server- und Netzadministration wieder näher zusammenzubringen. Laut Chris Wolf, Analyst der Burton Group, hat die Virtualisierung eine Mauer zwischen beiden Gruppen geschaffen, da in einer virtuellen Umgebung gewisse Netzaspekte für den entsprechenden Administrator nicht sichtbar seien. Die neue VMware-Lösung werde es dem Netz-Management gestatten, ein virtuelles Netz ebenso zu verwalten wie ein reales.

vStorage

Schließlich ist noch "vStorage" mit so genanntem Thin Provisioning für eine effizientere Speicherzuweisung geplant. Thin Provisioning meint dabei, dass einer virtuellen Maschine nicht mehr der für den Höchstbedarf benötigte physikalische Speicher, sondern ein kleineres Volume zugeordnet werden kann. Sobald dieses nicht mehr ausreicht, löst das System einen Alarm aus. Derartige Warnhinweise erscheinen nicht nur in "vCenter", einem ebenfalls für 2009 vorgesehenen Update der Management-Suite "Virtual Center" von VMware. Auch die Speicherbranche hat über die von VMware bereitgestellten APIs die Möglichkeit, solche Events in ihren eigenen Verwaltungskonsolen darzustellen.

Tools für das Tagesgeschäft

Angesichts einer derart weitreichenden Vereinnahmung des Rechenzentrums nehmen sich die übrigen Produktankündigungen der VMworld eher unspektakulär aus. Auf alltägliche Betriebsaufgaben ausgerichtet ist zum Beispiel "VMware Fault Tolerance", das Transaktionssicherheit auch bei einem Server-Ausfall gewährleisten soll. Über "VMware Data Recovery" kommt ein Basisprodukt für Backup- und Recovery-Routinen. Damit Applikationen besser skalieren, sollen sich weitere CPUs und zusätzlicher Arbeitsspeicher im laufenden Betrieb, also ohne System-Neustart, einer virtuellen Maschine zuordnen lassen. Ferner will man die Anzahl der von einer virtuellen Maschine nutzbaren Prozessoren und Arbeitsspeicher von bislang vier CPUs und 64 GB RAM auf acht CPUs und 256 GB RAM erhöhen. Schließlich soll es mit "vApp" noch ein Entwicklungs-Tool vorzugsweise für unabhängige Softwarehäuser und Großanwender geben. Damit lassen sich Applikationen erstellen, die aus einer Vielzahl virtueller Maschinen bestehen und bereits vorkonfiguriert sind. Sie folgen dem Open Virtual Machine Format (OVF), dessen Spezifikationen auch Citrix unterstützt, so dass solche Pakete prinzipiell auf jedem OVF-kompatiblen Hypervisor laufen könnten.