Vom Börsenliebling zum Problemkind

23.03.2009 von Martin Bayer
Die goldenen Zeiten liegen lange zurück. Vom tiefen Fall nach dem Platzen der Dotcom-Blase hat sich Sun nie richtig erholt.

Zur Jahrtausendwende waren die Zeiten für Sun Microsystems noch in Ordnung: Unzählige Internet-Startups, die zu dieser Zeit wie Pilze aus dem Boden schossen und kaum wussten, wie sie die Millionen Dollar ihrer Investoren ausgeben sollten, kauften die Server mit dem ineinander verschlungenen Sun-Logo. Die Technik des im kalifornischen Santa Clara beheimateten Anbieters war begehrt, der Preis oft Nebensache. Der Kurs des Sun-Papiers kletterte im Herbst 2000 auf sagenhafte 258,75 Dollar. Die Sonne schien, doch schon bald begann der Erfolg zu schmelzen.

2001

Angesichts rückläufiger Zahlen verordnet sich Sun im Mai einen Sparkurs. Zwar wächst der Absatz von Unix-Servern noch, aber der Umsatz geht im Vergleich zum Vorjahr um rund acht Prozent zurück. Im vierten Quartal des Geschäftsjahres 2000/01 schreibt Sun erstmals seit zwölf Jahren rote Zahlen. Die Verantwortlichen reagieren mit Entlassungen: 4000 Jobs werden gestrichen.

2002

Die Server-Bilanz für das vergangene Jahr sieht verheerend aus. Gartner zufolge erleidet Sun Umsatzeinbußen von 30 Prozent. In einer privaten Kartellklage bezüglich Java verlangt Sun von Microsoft mehr als eine Milliarde Dollar Schadenersatz. Nach weiteren Verlusten wächst der Druck, und Sun muss stärker auf die Kostenbremse treten. Das Sparprogramm kostet weitere 4400 Jobs – das sind elf Prozent der rund 39.000 Köpfe zählenden Belegschaft.

2003

Trotz Sparprogramm beginnt das neue Jahr mit einer Hiobsbotschaft: Für das zweite Fiskalquartal meldet Sun ein Rekorddefizit von fast 2,3 Milliarden Dollar. Der Hersteller ändert daraufhin seine Produktstrategie: Sun bringt als letzter der großen Server-Anbieter eine eigene Blade-Plattform auf den Markt. Experten werfen Sun allerdings vor, den Trend verschlafen zu haben. Darüber hinaus feilt der Server-Spezialist an seiner Softwarestrategie. CEO Scott McNealy muss zunehmend Kritik der Analysten einstecken. Sie fordern einen Kurswechsel.

2004

McNealy reagiert: Im April begraben Sun und Microsoft überraschend das Kriegsbeil. Microsoft zahlt fast zwei Milliarden Dollar, um die Streitigkeiten aus der Welt zu schaffen. Dem Server-Spezialisten kommt die Finanzspritze nicht ungelegen, hat er doch wieder rote Zahlen erwartet. Um die Kosten zu drücken, sollen weltweit weitere 3300 Mitarbeiter ihren Job verlieren. Hinter McNealy wird Jonathan Schwartz als neuer starker Mann aufgebaut. Er will das Geschäftsmodell radikal umkrempeln.

2005

Im Juni kauft Sun überraschend den Bandspeicherhersteller Storagetek für 4,1 Milliarden Dollar. Experten kritisieren die Übernahme als überteuert und bezeichnen sie als "Schritt zurück". Ende des Jahres startet Sun mit dem "Solaris Enterprise System" eine Open-Source-Initiative. Der überwiegende Teil des Software-Stacks soll künftig frei verfügbar sein, um mehr Kunden und Partner auf die Sun-Plattform zu locken.

2006

Im Mai kommt es zur Wachablösung an der Konzernspitze. Nach 22 Jahren übergibt Scott McNealy das Ruder an Jonathan Schwartz. Branchenbeobachter empfehlen, vor allem die Kosten stärker als bisher zu senken. Schwartz reagiert schnell: Bereits einen Monat später verkündet der frisch gebackene CEO ein breit angelegtes Sparprogramm, dem zwischen 4000 und 5000 Jobs geopfert werden sollen.

2007

Suns Bemühungen im Lowend-Server- und Blade-Segment tragen erste Früchte. Die Marktanteile steigen wieder. Um diese Strategie zu forcieren, schließt Sun im Januar ein Bündnis mit Intel und plant, x86-Server mit Xeon-Prozessoren herauszubringen. Auch finanziell läuft es wieder: Es stehen Gewinne und steigende Umsätze zu Buche.

2008

Sun setzt auf die Softwarekarte und übernimmt für rund eine Milliarde Dollar den Anbieter der quelloffenen Datenbank MySQL. Der neue Kurs scheint zu greifen. Doch im Lauf des Jahres macht die Finanzkrise alle Hoffnungen zunichte. Nach einem schweren Einbruch im ersten Fiskalquartal 2008/09 mit einem Defizit von 1,68 Milliarden Dollar kündigt Schwartz im November weitere Restrukturierungen an. Wieder werden Stellen gestrichen, diemal zwischen 5000 und 6000. "Das wird kein Zuckerschlecken", sagt der Sun-Chef.

Best of Scott McNealy

Vor Scott McNealy war in der Branche niemand sicher. Den langjährigen Erzrivalen Microsoft bezeichnete der Sun-Mitgründer als "Bestie aus Redmond" oder "das Reich des Bösen". Intels Itanium-Chip taufte er in Anspielung auf die Titanic in "Itanic" um. Über Big Blue sagte McNealy: "IBM braucht extra eine Systemintegrations-Company, die sich nur um die eigene Preisliste kümmert." Hewlett-Packard lobte er süffisant: "Ich glaube, das ist ein großartiges Druckerunternehmen."