Fachkräftemangel

Warum alle IT-Talente unersetzlich sein sollten

Kommentar  von Bob Lewis
Vergessen Sie alte Weisheiten über Entlassungen unentbehrlicher Mitarbeiter. Denn wenn ihre Belegschaft ersetzbar ist, machen Sie etwas falsch.
"Behandeln Sie Ihre besten Mitarbeiter jeden Tag so, als würden Sie versuchen, sie zu rekrutieren", raten Personalprofis.
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"Die Friedhöfe", soll General de Gaulle einmal ironisch bemerkt haben, "sind voll von unentbehrlichen Menschen". Vielleicht ist das tatsächlich so, aber lässt sich das Gleiche auch über Unternehmen sagen, deren Erfolg von nicht austauschbaren Managern und Mitarbeitern abhängt? Nehmen wir zum Beispiel Apple: Unter CEO Steve Jobs wurden das iPod, das iPhone, der App Store und das iPad entwickelt - Produkte und Dienstleistungen, die radikal innovativ waren und völlig Konzepte darstellten.

Und unter Tim Cook? Was "sein" Apple auf den Markt gebracht hat, sind Nachahmerprodukte: Ein Streaming-Dienst, neue Smartphone-Modelle, ein Hybrid-Tablet/Laptop - zweifellos schöne Produkte, aber nicht wirklich innovativ. Auch was die finanzielle Performance angeht, ist die Bilanz eher mau: die Kapitalrendite von Apple ist unter Cook dramatisch gesunken, von astronomischen 443 Prozent unter Steve Jobs auf aktuell "nur noch" 183 Prozent.

Aus der Sicht des Apple-Boards war Jobs also unersetzlich. Aus der Perspektive des Marktes hingegen war er, nun ja, nicht austauschbar.

Die Großen und die Unersetzlichen

Natürlich handelt es sich hierbei, wie bei den meisten Anekdoten über Steve Jobs, um Statistiken mit einer Stichprobengröße von eins. Schauen wir uns stattdessen die Organisation an, die Sie leiten. Je nachdem, welchem Wirtschaftsexperten ich gerade zuhöre und an welchem Wochentag, werden mir drei Wahrheiten erzählt:

Meine eigene Erfahrung aus erster Hand ist hingegen anders. Sie sagt mir Folgendes:

Die Algebra der Unersetzlichkeit

Brooks macht folgende Rechnung auf: Die Anzahl der persönlichen Beziehungen in einem Team der Größe n ist n(n-1)/2, so dass ein Team mit 10 Mitgliedern 45 persönliche Beziehungen zwischen Mitarbeiterpaaren aufweist. Somit hat jedes Teammitglied eine Beziehung zu jedem Mitglied (n) außer sich selbst (-1). Wenn Sie also einen Mitarbeiter in einem 10-köpfigen Team durch einen neuen ersetzen, haben Sie nicht 10 Prozent, sondern 20 Prozent des Teams ersetzt, wenn Sie die Teamgröße als die Anzahl der Beziehungen im Team messen.

Und war der verlorene Mitarbeiter sogar ein großartiger Mitarbeiter, haben Sie es nicht mit einem veränderten Team zu tun, sondern mit einem völlig anderen. Ist sein Ersatz nur Durchschnitt, arbeitet das neue Team weit weniger effektiv. Die Schlussfolgerung ist so offensichtlich, wie sie selten angewendet wird: "Behandeln Sie Ihre besten Mitarbeiter jeden Tag und jede Woche so, als würden Sie versuchen, sie zu rekrutieren."

Denn wenn sie tatsächlich so gut sind, werden auch andere Arbeitgeber versuchen, sie zu finden und einzustellen, und zwar an jedem Tag der Woche.

Was macht einen guten Mitarbeiter aus?

Die Phrase "großartiger Mitarbeiter" geht leicht von der Hand. Weniger einfach ist es, damit eine Definition zu verbinden. Hier ist eine kurze Liste, die Ihnen den Einstieg erleichtert und als Diskussionsgrundlage für Ihr Führungsteam dienen kann.

Erfolgsserien: Manche Mitarbeiter wissen scheinbar nicht, wie man scheitert. Geben Sie ihnen eine Aufgabe, und sie werden einen Weg finden, sie zu erledigen.

Kompetenzen: In der Regel ist es einfacher, sich für die schlechten Manieren eines Mitarbeiters zu entschuldigen als für seine Unfähigkeit, die Arbeit zu erledigen. Ohne Kompetenz können Mitarbeiter mit einer ausgeprägten Erfolgsgewohnheit viel Schaden anrichten, indem sie beispielsweise Pfusch anstelle nachhaltiger Lösungen produzieren.

Follower: Führungsqualitäten sind eine geschätzte Eigenschaft von Mitarbeitern. Das heißt, wenn diese in die gleiche Richtung wie ihre Führungskraft führen. Sind Sie und Ihre Mitarbeiter jedoch in unterschiedlichen Richtungen unterwegs, werden Ihre geschätzten Manager nur Konflikte und Verwirrung stiften. Gefolgschaft ist dann gegeben, wenn sie die von Ihnen vorgegebene Richtung annehmen und zu ihrer eigenen machen.

Intellektuelle Aufrichtigkeit: Einige Mitarbeiter lassen sich mit Logik und Beweisen überzeugen. Andere vertrauen stattdessen auf ihr Bauchgefühl. Das ist ein physiologischer Fehler: Sie wollen Menschen, die nicht mit den Eingeweiden, sondern mit dem Verstand denken.

Teamorientierung: Gefragt sind Mitarbeiter, die ihr Team unterstützen, nicht solche, die mit ihm konkurrieren.

Nicht diese Art von Unersetzlichkeit: Großartige Mitarbeiter sind und sollten unersetzlich sein, oder zumindest fast unersetzlich. Aber es gibt noch eine andere Art von unersetzlichen Mitarbeitern - solche, die Informationen und Skills horten, so dass es für eine Organisation unpraktisch ist, sie loszuwerden. Ergreifen Sie alle erforderlichen Maßnahmen, um diese unersetzlichen Mitarbeiter ersetzbar zu machen. Ersetzen Sie sie dann so schnell wie möglich durch die erwünschten unersetzbaren Mitarbeiter.

Die goldene Regel: Geben Sie sich nicht zufrieden

Wenn Sie eine offene Stelle nicht besetzen können, müssen alle anderen die Arbeit übernehmen. Da ist es verlockend, mit den Schultern zu zucken und jemanden "zeitnah" einzustellen, der geeignet erscheint. Bevor Sie sich auf diese Strategie einlassen, sollten Sie sich fragen: Ist "ausreichend" auf lange Sicht gut genug? Oder sind Sie besser dran, wenn Sie auf einen Kandidaten warten, der, wie die Mitarbeiter, die Sie bereits haben, unersetzlich sein wird?