Mobile-Ordering-Systeme

Warum Shake Shack Ihr Vorbild sein sollte

29.06.2017 von Clint Boulton und Florian Maier
Eine US-Burgerkette intiierte eine gnadenlose Jagd auf Bugs in ihrem App-basierten Bestellsystem. Wir verraten Ihnen, warum Sie sich ein Beispiel an Shake Shack nehmen sollten.

In einer Zeit, in der die Stärkung der Kundenbindung essentiell ist, gewinnt die Möglichkeit, mit dem Smartphone Produkte bestellen und bezahlen zu können für Unternehmen an Bedeutung. Schließlich erwarten viele Kunden inzwischen auch eine digitalisierte Erfahrung von ihren Lieblings-Marken.

Mobile Ordering erfreut sich derzeit - insbesondere in den USA - wachsender Beliebtheit. Für die zahlreich vertretenen Restaurantketten wird die Bestellmöglichkeit per Smartphone zum Muss - schließlich fußt ihr Konzept auf schnellem Kundenservice. Einige Beispiele haben dabei bereits gezeigt, dass es eine nicht zu unterschätzende Herausforderung sein kann, die Balance zwischen digitalem Service und In-Store-Kundenerfahrung zu halten.

Eine Shake-Shack-Filiale in New York City: Wir sagen Ihnen, warum die Burgerkette in Sachen Mobile Ordering Ihr Vorbild sein sollte.
Foto: DW Labs Incorporated - shutterstock.com

"Mund halten und zuhören"

Das Unternehmen Shake Shack hat deswegen Anfang 2017 einen eher ungewöhnlichen Weg beschritten, als es darum ging, seine Mobile App für den Launch vorzubereiten. Wenn Sie gerade kurz davor sind, das Unternehmen zu googlen, hier ein paar Key-Facts:

Das Mobile-Ordering-System von Shake Shack sollte die Kunden befähigen, ihre Bestellungen per iPhone aufzugeben und zu bezahlen. Was also taten die Verantwortlichen? Sie erlaubten Hunderten von Konsumenten, die App auf Herz und Nieren zu testen. Nur, dass es sich dabei nicht um Durchschnitts-Consumer handelte, sondern um digital höchst fähige Mitarbeiter des Crowdsourcing-Startups Applause.

Diese Tester wurden dafür bezahlt, Software-Bugs ausfindig zu machen und Verbesserungsvorschläge einzureichen. So sollte das gesamte Layout der Applikation verbessert werden - und zwar vor dem landesweiten Launch, wie Phil Crawford, Vice President of IT bei Shake Shack, verdeutlicht.

Dieses Vorgehen half der US-Burgerkette auch bei der Integration der digitalen Services in die betrieblichen Workflows. Aus den Erfahrungen, die Starbucks, Chipotle und andere US-Ketten zuvor bei der Einführung ihrer Mobile-Ordering-Systeme gemacht hatten, wollte man bei Shake Shack nämlich um jeden Preis verzichten.

10 Dinge die Softwareentwickler austicken lassen
Produkt- & Projektmanager
Ganz generell schätzen es Entwickler nicht so besonders, wenn ihnen jemand erklären will, wie sie ihren Job zu machen haben. Weil Produkt- und Projektmanager aber oft Entwickler-Teams leiten, passiert genau das. Das kann zu Unstimmigkeiten führen. <br /><br /> Dazu hat auch David Fox von devRant eine Meinung: "Letztendlich ist es in den meisten Fällen so, dass Produkt- und Projektmanager in irgendeiner Art und Weise die 'Besitzer' von Projekten und Prozessen sind, ohne dabei die täglichen Herausforderungen und Probleme der Softwareentwickler zu kennen."
Chefs
Genau wie die Produkt- und Projektmanager sind auch Development oder Engineering Manager dafür zuständig, Teams von Entwicklern zu führen und sicherzustellen, dass Projekte rechtzeitig und unter Budget fertiggestellt werden. <br /><br /> "In einigen Unternehmen können Situationen entstehen, in denen der Chef gleichzeitig Mitglied des Entwicklerteams ist. Insbesondere wenn der Chef vorher selbst Entwickler war und nach einer Beförderung zum Chef wird, ist Konfliktpotenzial gegeben", merkt Fox an.
Recruiter
Softwareentwickler müssen gar nicht selbst aktiv nach einem Job suchen, um von Recruitern und Headhuntern belästigt zu werden - dem Fachkräftemangel sei Dank. Es dürfte sehr schwer sein, einen Developer zu finden, der noch nicht in die Fänge der Recruiter geraten ist. <br /><br /> David Fox sieht insbesondere die Hartnäckigkeit der Recruiter als Problem: "Sie rufen an, sie e-mailen und sie lassen Dich einfach nicht in Ruhe - selbst dann, wenn Du gar keinen Job suchst. Und selbst wenn man eine Anstellung sucht, neigen viele Recruiter dazu, irrelevante Jobangebote zu machen oder Stellen zu empfehlen, deren Profil überhaupt nicht passt - etwa einen Job am anderen Ende des Landes, obwohl man gar nicht bereit ist, umzuziehen."
Dokumentation
Gibt es keine Dokumentation, beschweren sich die Softwareentwickler. Wenn es zuviel ist, beschweren sie sich und wenn sie die Dokumentation selbst erledigen müssen, auch. Sogar über die Art und Weise, wie andere Leute die Dokumentationsaufgabe bewältigen, beschweren sich die Entwickler. <br /><br /> An dieser Stelle seien sich auch endlich einmal alle Entwickler einig, wie Fox betont: "Softwareentwickler wollen eine ausführliche, gut geschriebene und akkurate Dokumentation - aber selber machen wollen sie es nicht."
Meetings
Meetings sind nicht nur für alle anderen ein Problem, sondern auch für Softwareentwickler. Insbesondere dann, wenn es sich um völlig unnötige, zeitraubende und stinklangweilige Zusammenkünfte handelt. Wie Fox erzählt, sind inzwischen auch Devotionalien mit der Aufschrift 'I survived another meeting that should have been an email' erhältlich.
Coworking Spaces
Mit dem Aufstieg der Agilität sind flache Hierarchien, Collaboration und Teamwork zum Alltag in Unternehmen geworden - insbesondere für Software-Development-Teams. Gerade die können ihre Arbeit in einem Großraumbüro aber meist nur schwer oder gar nicht bewältigen - sagen zumindest die Zahlen von devRant. <br /><br /> David Fox erklärt: "Es gibt einfach zuviel Ablenkung: die Kollegen unterhalten sich, Meetings werden verpasst, Telefonanrufe überhört. Es gibt auch eine Vielzahl an Beschwerden über den Kaffee im Büro und andere Annehmlichkeiten - oder eben das Gegenteil davon."
Kollegen
Selbsterklärend: Jeder hat wohl einen Kollegen oder eine Kollegin, den beziehungsweise die er ganz besonders schätzt. Nicht. <br /><br /> Im Fall der Softwareentwickler ist die Abneigung gegenüber Kollegen meist entweder in der mangelnden Qualität ihrer Arbeit oder einem völlig aus dem Leim gegangenen Ego begründet, gibt David Fox preis.
Vorstellungsgespräche
Wenn ein Softwareentwickler auf Jobsuche ist und zum Bewerbungsgespräch geladen wird, gibt es danach meist auch etwas zu meckern: <br /><br /> "Dumme Fragen oder die Lösung von völlig praxisfernen Aufgaben im Bewerbungsgespräch stoßen den Developern ebenso sauer auf, wie ein Gesprächspartner, der überhaupt nicht weiß, was ein Entwickler eigentlich genau macht", so Fox.
Fehler & Bugs
Softwareentwickler haben tagein, tagaus mit Fehlern und Bugs zu tun. Deswegen glaubt devRant-Gründer Fox, dass Entwickler in dieser Sache anders ticken: <br /><br /> "Die meisten anderen Probleme erfahren keine positive Auflösung, aber Bugs und Fehler sind behebbar und das fühlt sich gut an."
Quality Assurance
Die Quality Assurance (QA) - oder Qualitätssicherung - ist ein kritischer Teil der Softwareentwicklung. Dennoch bemängeln Softwareentwickler an QA-Experten häufig dieselben Dinge wie an Produkt- und Projektmanagern, so Fox. <br /><br /> "Die Qualitätssicherung bekommt das Produkt oder Projekt in die Hände, wenn die Entwickler es abgeschlossen haben. Deswegen verstehen sie oft nicht, welche Hürden und Workarounds die Entwickler im Entstehungsprozess bewältigen mussten. Offensichtlich kommt es auch regelmäßig vor, dass QA-Leute die Entwickler bitten, Bereiche nochmals zu überarbeiten, die sie auch selbst bewältigen könnten."

"Wir hätten die App direkt an den Start bringen können und es wäre ein Desaster geworden", weiß Crawford. "Zwischen dem, was ich vor zweieinhalb Jahren glaubte zu wissen, als ich die App auf dem Zeichenblock entworfen habe, und dem, was sie heute ist, liegen Welten. Manchmal muss man einfach seinen Mund halten und zuhören."

User-Feedback "schreibt" Mobile App

Über die "Shake App" dürfen die Kunden der Burgerkette ihre Bestellungen aufgeben und eine Abhol-Filiale sowie den -zeitpunkt auswählen. Für viele User eine willkommene Abwechslung zu den gewöhnlicherweise langen Schlangen in den Shake-Shack-Filialen. Um sicherzustellen, dass die Ware auch möglichst frisch an den Kunden übergeben wird, beginnt die Küche nicht früher als 15 Minuten vor der geplanten Abholung mit der Zubereitung der Speisen. Ist die Bestellung bereit, erhält der Kunde eine Textnachricht auf sein Smartphone.

Shake-Shack-Kunden dürfen ihre Burger per Smartphone ordern und bezahlen.
Foto: Shake Shack

Unternehmen, die einen solchen Mobile-Ordering-Service an den Start bringen wollen, brauchen dafür gewöhnlich bis zu zwölf Monaten Vorbereitungs- beziehungsweise Testzeit. Das Crowdsourcing-Startup Applause - das zuvor unter anderem mit Coca-Cola, Starbucks und Ford zusammengearbeitet hat - entsandte im Oktober 2016 775 Tester, darunter viele Profis aus den Bereichen Qualitätsmanagement und Software. Diese sollten zunächst verschiedene Filialen quer über die USA besuchen und Erfahrungen mit der App-Bestellung sammeln.

Das Feedback dieser Testpersonen nutzte Shake Shack später dazu, um seine Angestellten auf mögliche Probleme im Betrieb einzustellen. Zum Beispiel, was zu tun ist, wenn ein Gast keine Bestätigung auf sein Smartphone bekommen hat oder bei der Übertragung ein Fehler auftritt. "Wir haben viele Dinge auf Grundlage des Feedbacks gelernt und es dazu genutzt, die App upzudaten", erzählt Crawford.

Der IT-Entscheider ist davon überzeugt, dass dieses Testing auch für die hohen Zustimmungswerte der Kunden verantwortlich ist. Eine In-App-Umfrage unter 3700 Gästen förderte demnach zutage, dass 91 Prozent die "Shake App" visuell ansprechend finden und 81 Prozent sie Freunden empfehlen würden. Viel wichtiger ist für Shake Shack natürlich aber die Erkenntnis, dass 86 Prozent der Befragten die Qualität des Essens als mindestens so gut oder besser als erwartet einschätzen.

Mobile Ordering und der digitale Graben

Das insgesamt positive Feedback der Kundschaft kann man im Fall einer Gastronomiekette gar nicht hoch genug einschätzen - schließlich hat man gerade in dieser Branche mit Problemen bei der Umsetzung zu kämpfen: Wenn man Smartphone-kundigen Nutzern die Möglichkeit gibt, die Schlange im Laden zu überspringen, entsteht ein digitaler Graben. Die Kunden, die kein Mobile Ordering nutzen (wollen), könnten sich schnell benachteiligt fühlen. Denn die Realität sieht in den USA oft so aus: Sie kommen in einen Starbucks und dort warten 30 Leute in der Schlange auf ihre App-Bestellung, während fünf arme Seelen am Tresen konventionell um die Aufmerksamkeit der Baristas kämpfen müssen. Dass sich dieses Erlebnis negativ aufs Geschäft auswirkt hat man bei Starbucks verstanden und versucht das Problem dadurch zu lösen, dass man die Kunden benachrichtigt, wenn die Bestellung abholbereit ist. Auch das Mobile-Ordering-System der US-Kette Chipotle wird von ähnlichen Effizienz-Hürden geplagt.

Der Trend zum Mobile Ordering hat in Unternehmen wie Starbucks und Chipotle für Engpässe gesorgt - schließlich müssen die Systeme mit Millionen von Kunden klar kommen. Gemessen daran steht der Anteil von Service-Angestellten zu Kassierern in Fast-Food-Restaurants in einem krassen Missverhältnis. Zwar entlastet das Mobile Ordering die Angestellten durch die Automatisierung der Bestellung - dann aber ist es Aufgabe der Unternehmen, ihren Angestellten beizubringen, wie sie die digitalen Bestellungen und die, die an der Theke auflaufen, am besten in Einklang bringen und den Überblick behalten.

Per Smartphone bestellen, Markenbindung erhöhen

Ein Balanceakt, den bislang nur wenige gemeistert haben, wie Gastronomie-Berater Aaron Allen weiß. Der Experte geht für die Zukunft davon aus, dass die Unternehmen, die digitale Services anbieten, ihre Ressourcen neu verteilen werden und auch die Räumlichkeiten, in denen die Abholung stattfindet, neu gestalten oder verlegen werden. Schließlich wüssten die Unternehmen, wie wichtig es für eine Marke ist, seinen Millennial-Kunden die Erfahrung bieten zu können, die diese erwarten. "Kurzfristig wird es sicher zu Frustrationen kommen, aber am Ende werden die Unternehmen, die die Pionierarbeit leisten, schneller lernen", so Allen.

Ein Unternehmen, dem schmerzliche Erfahrungen auf diesem Weg bislang erspart geblieben sind, ist Panera. Die Lieferkette erreichte 2017 einen Meilenstein, indem ihr Digital-Umsatz die Marke von einer Milliarde Dollar durchbrach. Bevor das Unternehmen 2014 eine große Digital-Initiative ausrief, hatten die Entscheider im Unternehmen rund 100 Stunden pro Woche damit verbracht, das Mobile-Ordering-System in verschiedenen Filialen zu testen.

Shake Shack verfolgte einen ähnlich umsichtigen Ansatz, nahm dabei aber die Integration seiner App in den physischen Bestellprozess und deren Auswirkungen für die Mitarbeiter in den Fokus. Bis Ende Mai 2017 wurde die "Shake App" rund 350.000 Mal heruntergeladen - im Schnitt nutzen täglich 2900 Menschen die Software und sorgen für 1250 Bestellungen im Monat.

Crawford und das Startup Applause arbeiten unterdessen fieberhaft an der Android-Version der Burgerketten-App. Es gibt auch Überlegungen, die Crowdfunding-"Testflotte" auf einen Chatbot loszulassen, der den Kunden die Möglichkeit zur Bestellung per Textnachricht bieten würde. Starbucks und andere haben ähnliche Projekte bereits in der Mache.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer US-Schwesterpublikation cio.com.