Selbständig oder Scheinselbständigkeit?

Was die neuen Regeln im AÜG bedeuten

18.01.2017 von Benno Grunewald
Selbständig, scheinselbständig, rentenversicherungspflichtig? Ein klare Abgrenzung werden die im April in Kraft tretenden neuen Bestimmungen zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) sowie Arbeitsvertrag nicht geben. Für Selbständige, Unternehmen und nun auch Endkunden besteht weiter eine große Grauzone, wie Rechtsexperte Benno Grunewald in seinem Frage-Antwort-Beitrag zeigt.
  • Rechtlich wirken sich die neuen Regelungen im AÜG nicht direkt auf Selbständige und deren Auftraggeber aus.
  • Es kann zu weiteren Problemen kommen, die jedoch nicht wirklich neu sind.
  • Der Begriff "scheinselbständig" bedeutet nur, dass der sozialrechtliche Status der betreffenden Person unklar ist.

Im April soll ein Gesetzentwurf zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) in Kraft treten. Was ist neu?

Der verabschiedete Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales beinhaltet zahlreiche Änderungen zum AÜG und ergänzt außerdem die gesetzlichen Bestimmungen zum Arbeitsvertrag (§ 611 a BGB).

Welche Auswirkungen haben die Neuregelungen?

Die neuen Regelungen erschweren die Arbeitnehmerüberlassung, schaffen neue Probleme in der Auslegung der Vorschriften und bringen durch den Versuch einer Definition des Begriffs "Arbeitsvertrag" keinen wirklichen Fortschritt.

Was ändert sich dadurch im Bereich Scheinselbständigkeit und Rentenversicherungspflicht?

Nichts!

Das modifizierte Arbeitnehmerüberlassungsgesetz wirft auch weiterhin viele Fragen über den Arbeits- und Vertragsstatus von Freiberuflern auf.
Foto: Marta Design - shutterstock.com

Warum ändert sich hier nichts?

Die neuen Regelungen sind im AÜG und im BGB angesiedelt. Für den Bereich Scheinselbständigkeit und Rentenversicherungspflicht ist die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRB) beziehungsweise deren regionale Ableger wie zum Beispiel die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg zuständig. Die DRB hat aber weder etwas mit dem AÜG noch mit dem BGB zu tun.

Die Grundlage der Tätigkeit der DRB ist ausschließlich das Sozialrecht und hier speziell das Sozialgesetzbuch (SGB). Der Gesetzgeber selbst hat in seiner Gesetzesbegründung unter anderem ausgeführt: "Soweit andere Rechtsvorschriften eine abweichende Definition des Arbeitsvertrages, des Arbeitsverhältnisses oder des Arbeitnehmers vorsehen, um einen engeren oder weiteren Geltungsbereich dieser Rechtsvorschriften festzulegen, bleiben diese unberührt."

Eventuelle Rechtstreitigkeiten zum Status "selbständig" oder "nicht selbständig" werden vor den Sozialgerichten und eben nicht vor den Arbeitsgerichten ausgetragen. Der Bereich Rentenversicherungspflicht hat ohnehin weder etwas mit der Scheinselbständigkeit noch dem AÜG zu tun.

Warum meinen dennoch viele Selbständige und Unternehmen, sie seien von den neuen Regelungen betroffen?

Dies liegt meines Erachtens vor allem daran, dass das Gesetz unter der Überschrift "Verhinderung des Missbrauchs von Werkverträgen und Leiharbeit" angekündigt worden ist und auch die öffentliche Diskussion stets in diese Richtung läuft. Aber abgesehen davon, dass die Regelungen im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens erheblich verändert beziehungsweise entschärft worden sind, wird auch heute noch übersehen, dass bislang in den Prüfungsverfahren der DRB sowohl das AÜG als auch das BGB praktisch keine Bedeutung haben.

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Warum interessiert den Rentenversicherer bisher das AÜG nicht und wird sich das nun ändern!

Für die DRB kommt es überhaupt nicht darauf an, ob der Selbständige Arbeitnehmer oder "nur" sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter ist. Der Grund: Ziel der DRB ist es, aus möglichst vielen Selbständigen sozialversicherungspflichtige Beschäftigte zu machen, damit die DRB dann maximal für vier Jahre rückwirkend die gesamten Sozialversicherungsbeiträge fordern kann. Diese Forderung stellt die DRB stets an den unmittelbaren Auftraggeber, das heißt den Vertragspartner des Selbständigen. Ist der Selbständige nicht direkt, sondern über einen Dritten wie zum Beispiel eine Unternehmensberatung beauftragt, könnte eine Arbeitnehmerüberlassung gegenüber dem Endkunden vorliegen. Da für die Forderung der DRB aber bereits deren eigene Feststellung ausreicht, dass Sozialversicherungspflicht vorliegt, und damit ein Anspruch gegen den Auftraggeber des Selbständigen gegeben ist, spielt das AÜG in diesem Zusammenhang keine Rolle.

Ist ein Scheinselbständiger nicht das Gleiche wie ein Arbeitnehmer?

Nein! Bereits in der gesetzlichen Definition des SGB zur Sozialversicherungspflicht heißt es dazu: "Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers" (§ 7 Abs. 1 SGB IV). Dies bedeutet nichts anderes, als dass ein Arbeitsverhältnis stets zur Sozialversicherungspflicht führt, eine als sozialversicherungspflichtig eingestufte Tätigkeit aber nicht automatisch ein Arbeitsverhältnis ist.

Der Begriff "scheinselbständig" bedeutet nur, dass der sozialrechtliche Status der betreffenden Person unklar ist. Letztlich gibt es nur drei Kategorien: Der echte Selbständige ohne jegliche Sozialversicherungspflicht, der Selbständige mit eigener Rentenversicherungspflicht und der Arbeitnehmer mit voller Sozialversicherungspflicht. Die Bezeichnung scheinselbständig bezieht sich also nur auf einen vorübergehenden rechtlich ungeklärten Zeitraum.

Wer entscheidet darüber, ob ein Selbständiger selbständig oder Arbeitnehmer ist?

Der Status "Arbeitnehmer" kann nur von einem Arbeitsgericht festgestellt werden. Ein Gericht wird aber nicht von allein tätig, es bedarf eines Klägers. Zieht jedoch weder der Selbständige noch sein Auftraggeber - und der Endkunde sicher ebenfalls nicht - als Kläger vor ein Arbeitsgericht, so wird dies auch insofern kein Problem darstellen.

Höheres Risiko beim Engagement von Selbständigen?

Besteht dennoch das Risiko des "Einklagens"?

Ja, das ist so. Allerdings bestand dieses Risiko beim Engagement von Selbständigen seit jeher und hat genau genommen nichts mit der Scheinselbständigkeit zu tun.

Ist dieses Risiko durch die neue Regelung zu § 611 a BGB höher geworden?

Meines Erachtens nicht. Der neue Paragraf 611 a BGB beinhaltet im Prinzip letztlich die bekannten und in der Praxis seit Langem angewandten Kriterien aus der Rechtsprechung des BAG und ist darüber hinaus - wie fast alle gesetzliche Bestimmungen - auslegbar. Es kommt nach wie vor auf den jeweiligen Einzelfall an. Auch sind die Hürden beziehungsweise Risiken für den Kläger, der zudem im Arbeitsgerichtsverfahren seine Kosten stets selbst tragen muss, nicht wirklich geringer geworden.

Haben die neuen Regelungen überhaupt Einfluss auf die Situation der Selbständigen und ihrer Auftraggeber?

Rein rechtlich betrachtet wirken sich die neuen Regelungen definitiv nicht direkt auf Selbständige und deren Auftraggeber beziehungsweise ihrer Kunden aus. Allerdings ist ohne Zweifel festzustellen, dass bereits der erste Entwurf des nun verabschiedeten Gesetzes erhebliche Unruhe ausgelöst hat. Dafür gibt es bei Licht betrachtet eigentlich keinen Grund.

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Marco Raschia, Director des Global Competenc Center Finance bei top itservices, sagt über die konservative deutsche Unternehmenskultur: "Diese Thematik haben wir ja jetzt durch die aktuelle Flüchtlingskrise auf dem Tisch." Er begrüßt, dass viele Bildungsträger Sprachkurse anbieten.
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Ein weiterer großer Schmerzpunkt ist die unklare Rechtslage, Stichwort Scheinselbständigkeit. Christian Neuerburg, Manager Operations bei der DIS AG, legt denselben Katalog an Prüfkiterien an Selbständige zugrunde wie die deutsche Rentenversicherung. Neuerburg weiß: Eben jener Katalog der Rentenversicherung ist keine Drohkulisse, sondern "gelebte Realität".
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Nikolaus Reuter, Vorstandschef von Etengo, engagiert sich gemeinsam mit dem Deutschen Bundesverband Informationstechnologie für Selbständige (DBITS) und leistet Lobbyarbeit auf bundespolitischer Ebene. Er sagt: "Selbst Andrea Nahles hat mit dem Dialogprozess 'Arbeiten 4.0' verstanden, dass sie ein hundert Jahre altes Gesetzeswerk nicht einfach in neue Formen klopfen kann."
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Wie Michael Girke, Partner bei Q-Perior, beobachtet, beschäftigt das Thema Scheinselbständigkeit ganze Compliance-Abteilungen. Manche Branchen allerdings wollen schon gar nicht mehr mit Freiberuflern zusammenarbeiten, etwa Risiko-averse Versicherungen.
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„Wir Dienstleister haben es mit zwei herausfordernden Zielgruppen zu tun. Auf der einen Seite steht der selbstbewusste Freiberufler, der weiß, was er kann und was er wert ist. Auf der anderen Seite sind die Endkunden nicht mehr bereit, jeden Preis zu zahlen. Trotzdem ist der durchschnittlich erzielte Stundensatz der IT- und Engineering-Freiberufler in 2015 laut unserer Stundensatz-Umfrage um 50 Cent marginal auf 80,50 Euro gestiegen - ein Anzeichen für einen starken Kandidatenmarkt."
Andreas Dittes, Talentwunder
„Die Fachkräfte wissen um ihren Wert. Vor allem die jüngere Generation hat nicht nur finanzielle Ansprüche, sondern erwartet von ihrem Auftraggeber Flexibilität, etwa in Hinblick auf eine Vier-Tage-Woche oder eine Home-Office-Regelung.“
Sven Herzberg, Goetzfried
„Diese Erwartungen der Generation Y (Teilzeiteinsatz, Home Office, etc) decken sich häufig aber nicht mit denen des Kunden. Ein IT-Freiberufler hat in der Regel vor Ort zu sein, auch anderswo werden keine Kompromisse gemacht: So gilt Deutsch nach wie vor als Projektsprache. Ohne Deutschkenntnisse wird es für Freiberufler schwierig, ein Projekt zu finden.“
Carlos Frischmuth, Hays
„Deutsche Unternehmen wünschen sich zu einem überwiegenden Anteil den Einsatz deutschsprachiger Freiberufler in der IT - allerdings verzeichnen wir parallel dazu eine kontinuierliche Öffnung der internationalen Projektmärkte insbesondere für IT-Freelancer aus Deutschland!“
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„Unsere Kunden erwarten nach wie vor, dass der Freiberufler bei Ihnen vor Ort im Einsatz ist, zum einen weil die freiberuflichen Experten ihr Wissen an die Mitarbeiter weitergeben sollen. Zum anderen erfordern etwa agile Methoden wie Scrum, dass alle Entwickler präsent sind und sie sich mitunter täglich austauschen und untereinander abstimmen.“
René Troche, Westhouse Consulting
„In großen Unternehmen entscheidet der Einkauf, welche Freiberufler beauftragt werden. Und sie arbeiten in der Regel nur noch mit vier bis fünf Personaldienstleistern zusammen. Mehr Offenheit und Breite findet man in kleinen und mittelständischen Betrieben.“
Stefan Frohnhoff, emagine
„Das Thema Scheinselbständigkeit sorgt sowohl bei Unternehmen als auch bei Freelancern schon seit geraumer Zeit für Unsicherheit.“
Shahin Rejaei Pour, iPAXX
„Ein IT-Experte ist ein Mensch, man kann ihn nicht wie eine Ware bestellen und aus dem Regal holen.“
Maxim Zvezdan Probojcevic, SOLCOM
„Der Markt wächst auch deshalb, weil die Auftraggeber mit der Qualität, die deutsche Freelancer abliefern, sehr zufrieden sind.“
Frank Shams, 1st Solution
"Ich habe den Eindruck, dass ein Freiberufler oft auf einen Skill reduziert wird. Dabei besteht das eigentliche „ Können" darin, ihn mit all seinen „Fähigkeiten" zu bewerten.“

Aber bei der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung hat sich doch etwas Grundlegendes geändert, oder?

In der Tat gibt es hier eine gravierende Änderung. In der sehr häufig anzutreffenden Konstellation "Selbständiger - Auftraggeber - Endkunde" war die Rechtslage bislang so, dass bei einer nachträglich festgestellten Arbeitnehmerüberlassung diese nicht als unerlaubt galt, wenn der Auftraggeber selbst eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung besaß. Das BAG hatte in diesem Zusammenhang erst vor Kurzem entschieden, dass in einem derartigen Fall kein Vertragsverhältnis zwischen dem Selbständigen und dem Endkunden zustande kommt. Dies wird durch das neue Gesetz nun geändert: Auch eine vorhandene Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung macht aus einer nachträglich feststellten unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung keine erlaubte.

Aber: Für eine Arbeitnehmerüberlassung braucht es einen Arbeitnehmer. Das heißt mit anderen Worten, bevor eine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung festgestellt werden kann, muss zunächst der Status der betroffenen Person - ob selbständig oder Arbeitnehmer - festgestellt werden.

Hat dies konkrete Konsequenzen für die Beteiligten?

Ja, das hat es. Ist der Status des Selbständigen als Arbeitnehmer festgestellt und liegt eine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung vor, führt dies einerseits dazu, dass nunmehr zwischen dem Selbständigen/Arbeitnehmer und dem Endkunden, der dann als Arbeitgeber gilt, ein Arbeitsverhältnis zustande kommt.

Somit kommt hier der Endkunde - der in der oben erwähnten Dreier-Konstellation bislang zu 100 Prozent geschützt war - mit ins Spiel beziehungsweise ins Risiko. Dem Auftraggeber und dem Endkunden droht weiterhin eine strafrechtliche Verfolgung, das heißt, es kann ein Ordnungsgeld auferlegt beziehungsweise eine Geld- oder sogar Freiheitstrafe verhängt werden.

Andererseits hat der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang eine neue Bestimmung, die sogenannte "Festhaltenserklärung", geschaffen, mit der der betroffene Selbständige beziehungsweise Arbeitnehmer erklären kann, dass er kein Vertragsverhältnis zum Endkunden wünscht. Da diese Regelung aber ausgesprochen kompliziert ist, bleibt abzuwarten, ob sie überhaupt praktikabel ist.

Wie hoch ist in diesem Zusammenhang das Risiko einer Bestrafung?

Wie bereits erwähnt, hat die DRB kein Interesse am Thema Arbeitnehmerüberlassung. Der strafrechtliche Aspekt ist nach meiner Erfahrung nur dann von Bedeutung, wenn der Zoll in die Prüfung involviert ist, weil dieser seine Prüfungsergebnisse nicht nur an die DRB, sondern auch immer an die Staatsanwaltschaft weiterleitet, die meist zumindest ein Ermittlungsverfahren einleitet. Ob sich dies zu einem echten Strafverfahren auswächst oder mit oder ohne Geldauflage eingestellt wird, hängt vom Einzelfall ab.

Zusammengefasst gefragt: Neue Regelungen - alte Probleme?

Man könnte es in der Tat auf diesen kurzen Nenner bringen. Zwar kann es durch die neuen Regelungen des AÜG zu weiteren Problemen kommen, diese sind aber nicht wirklich neu.

Für den Bereich der Abgrenzung von selbständig und scheinselbständig, und rentenversicherungspflichtig haben die neuen Bestimmungen keine Auswirkung. Hier besteht nach wie vor eine große Grauzone, mit der alle Beteiligten auch zukünftig leben müssen.

Lünendonk: Die wichtigsten Freiberufler-Vermittler 2016
Die zehn größten Freiberufler-Vermittler ...
... hat Lünendonk in der Studie "Der Markt für Rekrutierung, Vermittlung und Steuerung von IT-Freelancern in Deutschland" im Jahr 2016 ermittelt - gemessen an ihren Umsätzen.
IT-Freiberufler-Vermittlung ist ein boomendes Geschäft
Das Marktvolumen betrug in Deutschland im Jahr 2015 9,2 Milliarden Euro. Zwei Drittel der Umsätze werden mit Freiberufler-Vermittlung generiert Externes Third Party Management und Zeitarbeit spielen dagegen nur eine geringe Rolle.
Platz 10: top itservices ...
… hat 2015 mit der Vermittlung von IT-Freiberuflern einen Umsatz von 61,1 Millionen Euro erzielt und hält damit Platz 10 des Rankings. Der Gesamtumsatz des Unternehmens betrug 94,5 Millionen Euro. Die Zahl der Mitarbeiter konnte gegenüber 2014 von 783 auf 824 Angestellte gesteigert werden.
Platz 9: Questax
Hervorgegangen aus der ehemaligen Quest Softwaredienstleistung und der krisengeschüttelten Reutax, kommt der Vermittler auf 64,4 Millionen Euro Umsatz durch Freiberuflervermittlung und beschäftigt 76 Mitarbeiter. 2014 arbeiteten noch 126 Angestellte für Questax.
Platz 8: Westhouse Consulting
… ist unter anderem auf die Vermittlung von SAP-Freiberuflern spezialisiert. 2015 erwirtschaftete Westhouse mit der Freiberuflervermittlung 68,1 Millionen Euro (2014: 60,8 Millionen Euro). Der Gesamtumsatz betrug 141 Millionen Euro, die Mitarbeiterzahl wuchs von 174 auf 215.
Platz 7: Etengo
Etengo-Vorstandschef Nikolaus Reuter kann sich über 73 Millionen Euro Umsatz und damit 16 Millionen mehr als 2014 freuen. Die Mitarbeiterzahl der Mannheimer wuchs von 61 auf 84 im Jahr 2015.
Platz 6: Sthree
Im Vorjahr war die Freiberufler-Vermittlung SThree noch auf Platz vier: Der Umsatz mit der Rekrutierung und Vermittlung von IT-Freelancern weist mit 85 Millionen Euro ein kleines Plus von 3,7 Millionen gegenüber dem Vorjahr aus. Der Gesamtumsatz stieg ebenfalls von 173 auf 179 Millionen Euro.
Platz 5: Solcom Unternehmensberatung
Wie im Vorjahr auf dem fünften Platz. Die Solcom Unternehmensberatung hat mit der Vermittlung von IT-Freiberuflern 86,2 Millionen Euro und damit gut zwölf Millionen Euro mehr umgesetzt als im Vorjahr. Auch die Zahl der Angestellten ist um zehn auf 130 angewachsen.
Platz 4: 1st solution consulting
Mit 86,9 Millionen Euro Umsatz durch die Freiberuflervermittlung im Jahr 2015 hat 1st Solution - hier im Bild Geschäftsführer Frank Shams - den Wert des Vorjahres deutlich gesteigert (65,2 Mio). Auch der Gesamtumsatz konnte in diesem Zeitraum von 38 Millionen auf 120 Millionen Euro zulegen. 1st solution beschäftigt 116 Mitarbeiter (2014: 74).
Platz 3: Allgeier Experts
Bronze geht wie im Vorjahr an Allgeier Experts: Das Unternehmen erzielte mit der Vermittlung von Freiberuflern 148,1 Millionen Euro Umsatz, 2014 waren es noch 181,1 Millionen. Das liegt daran, dass Umsätze aus der Freiberufler-Vermittlung in die Arbeitnehmerüberlassung verlagert wurden. Gesamtumsatz und Mitarbeiterzahl des Unternehmens steigerten sich, von 226,2 Millionen auf 249,7 Millionen Euro beziehungsweise von 417 auf 453 Mitarbeiter.
Platz 2: Gulp Information Services
Die Top Drei der IT-Freiberufler-Vermittlungen bleiben dieses Jahr unter sich: Auch die Randstad-Tochter Gulp macht da mit Silber keine Ausnahme und untermauert die "Vizemeisterschaft" mit 227 Beschäftigten, einem Vermittlungsumsatz von 299,8 Millionen Euro (2014: 297,6 Millionen Euro) sowie der Steigerung des Gesamtumsatzes auf 323,3 Millionen Euro (2013: 313,3 Millionen Euro).
Platz 1: Hays
Unangefochten an der Spitze der IT-Freiberufler-Vermittlungen bleibt Hays: Das Unternehmen setzte 2015 mit der Rekrutierung und Vermittlung von IT-Freelancern sagenhafte 847,9 Millionen Euro um, was im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 66,7 Millionen bedeutet. Auch die Mitarbeiterzahlen sind wesentlich höher als bei der Konkurrenz, 2015 arbeiteten 1500 Beschäftigte für Hays (2013: 1.400). Der Gesamtumsatz wurde auf 1,5 Milliarden Euro und im Vergleich zu 2014 um 150 Millionen Euro gesteigert.
Wachstumskurs setzt sich fort
Die Markt für Freiberuflervermittlung wird immer größer: Die Anzahl der freiberuflichen IT-Experten in Deutschland lag 2015 bei 92.000. Die Umsätze durch die Freiberuflervermittlung konnten auf nun 9,2 Milliarden Euro (2014: 9 Milliarden Euro) gesteigert werden. 2016 wollen die wichtigsten Vermittler um weitere zwölf Prozent wachsen.
SAP- und Security-Profis…
... profitieren vom der Nachfrage der Firmen besonders. Ihre Honorare steigen stark.
Welche Kompetenzen Kunden erwarten
Projekt- und Qualitätsmanagement-Kompetenz ist die am häufigsten nachgefragte Fähigkeit. Auf Platz zwei und drei folgen Security und Business Intelligence sowie Business Analytics

Sollten sich alle Selbständigen, Auftraggeber und Endkunden entspannt zurücklehnen und einfach abwarten, was nach dem 1. April passiert?

Nein. Meines Erachtens gibt es zwar keinen Grund zur Panik und zu überstürzten Aktionen. Andererseits sollten alle Beteiligten ihre Situation kritisch überprüfen, sich beraten und die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen ihrer Tätigkeit beziehungsweise Zusammenarbeit gründlich analysieren lassen.

Unternehmen, die Arbeitnehmerüberlassung betreiben, müssen sich selbstverständlich auf die neuen Bestimmungen einstellen und ihre bisherigen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen möglicherweise ändern beziehungsweise anpassen.

Und bei Unternehmen, die mit Selbständigen zusammenarbeiten, steckt nach meiner Erfahrung sowohl in den Verträgen als auch in der Ausgestaltung der Tätigkeit meist erhebliches Potenzial für Optimierung, wie zum Beispiel die Umstellung von den "klassischen" Verträgen auf AGB und Bestellung/Angebot. Auch heute noch beinhalten viele Vereinbarungen mit Selbständigen Formulierungen, die geradezu eine "Steilvorlage" für die DRB darstellen, um eine Selbständigkeit anzweifeln zu können. Weiterhin wäre zu prüfen, ob durch die Gründung einer Firma als juristische Person (GmbH oder UG) weitere Risiken verhindert oder zumindest minimiert werden können.

Im Übrigen ist die Auffassung der DRB auch nicht das letzte Wort in einer Auseinandersetzung über die Frage scheinselbständig oder nicht beziehungsweise rentenversicherungspflichtig oder nicht; jedenfalls hat die DRB in diesem Zusammenhang auch schon zahlreiche Verfahren vor den Sozialgerichten verloren.

Letztlich muss jeder Einzelfall betrachtet werden. Nur ein Gesamtpaket aus optimalen vertraglichen Vereinbarungen und AGB mit entsprechendem Angebot und Bestellung, eine die Merkmale der Selbständigkeit berücksichtigende Umsetzung und die Wahl der juristischen Form des Auftragnehmers führen zu einer optimalen und damit risikoarmen Lösung. (pg)

Weitere Informationen finden Sie auf www.dr-grunewald.de