IT Operations Day 2009

Was geht den CIO der IT-Betrieb an?

14.12.2009 von Karin Quack
CIOs kümmern sich um die Strategie, den Betrieb delegieren sie, so die gängige Ansicht. Doch das ist zu kurz gedacht.

Daniele Tonella ist Geschäftsleitungsmitglied der Swiss Life AG. Aber das hindert ihn nicht, sich auch um den IT-Betrieb zu kümmern. Nicht nur, weil der Leiter des Geschäftsbereichs Informatik früher selbst für das Thema Operations verantwortlich zeichnete. Sondern auch, weil ein gut organisierter Betrieb aus seiner Sicht die Basis für das Business-Alignment darstellt. "Der IT-Betrieb ist ebenso wichtig wie die Entwicklung", so seine Überzeugung, "und die Impulse für das Unternehmen sollten auch aus den Operations kommen."

Walter Brenner, Institut für Wirtschaftsinformik, Universität St. Gallen
Foto: Andreas Schaffry

Es sei nicht einfach gewesen, die CIOs von der Wichtigkeit des Themas zu überzeugen, konstatierte Walter Brenner, Professor für Wirtschaftsinformatik an der Universität St. Gallen, auf dem erstmals veranstalteten "IT Operations Day". Viele IT-Chefs hätten abgewunken. Doch schließlich war Tonella nicht der einzige CIO, der die Veranstaltung interessant genug fand, um einen Arbeitstag dort zu verbringen.

Wer immer für den IT-Betrieb verantwortlich zeichnet, segelt zwischen Scylla und Charybdis, so Brenner weiter. Die beiden in Homers Odyssee zu Meeresungeheuern mutierten Felsen, an denen so manches antike Schiff zerschellte, stellen sich für den modernen Operations-Manager als die doppelte Herausforderung von Effizienz und Innovation dar.

Der IT Operations Day

  • Die künftigen Herausforderungen des IT-Betriebs standen im Mittelpunkt der eintätigen Veranstaltung.

  • Das Weiterbildungszentrum der Universität St. Gallen diente als Veranstaltungsort.

  • Als Veranstalter zeichneten Walter Brenner, geschäftsführender Direktor des Instituts für Wirtschaftinformatik an der Universität St. Gallen, sowie Rüdiger Zarnekow, Inhaber des Lehrstuhls für Informations- und Kommunikations-Management an der Technischen Universität Berlin, verantwortlich.

  • Rund 120 Interessierte folgten dem Ruf der beiden Professoren.

  • Im kommenden Jahr soll die Veranstaltung wegen des großen Erfolgs fortgeführt werden.

  • Am 6. Mai in Berlin lautet das Schwerpunktthema dann "Cloud-Computing".

Massives Transaktionsaufkommen

Rund 120 Interessierte strömten in das Weiterbildungszentrum der Universität St. Gallen.
Foto: Hochschule St. Gallen

Wie geschäftskritisch ein reibungsloser IT-Betrieb ist, zeigt das Beispiel der Raiffeisen Schweiz. Ihr machte ein Problem zu schaffen, das andere Finanzinistitute gern hätten. "Nachdem die Aktien anderer Banken unter zehn Franken gefallen waren, sind die Kofferträger zu uns gekommen", berichtete Damir Bogdan, CIO des genossenschaftlichen Finanzdienstleisters, "und jetzt wollen wir das Geld auch bei uns behalten und gewinnbringend anlegen."

Das erhöhte Transaktionsaufkommen platze mitten in zwei Mammutprojekte: die Einführung des Kernbankensystems von Avaloq und den Umzug des Rechenzentrums. Darüber hinaus kämpft der CIO mit dem ständigen Wachstum seines Speichernetzes. Um 840 Prozent habe der Storage-Bedarf in den vergangenen drei Jahren zugelegt, so Bogdan: "Die zunehmenden Regulierungen (Stichwort "Compliance", Anm. d. Red.) führen dazu, dass so gut wie nichts mehr gelöscht wird."
Mit dem neuen Rechenzentrum, das seit dem vergangenen Sommer in Betrieb ist, setzt die Raiffeisen-Informatik konsequent auf Standardisierung und Virtualisierung. Damit will sie den IT-Betrieb weniger aufwendig, also preisgünstiger gestalten.

Stückkosten in der IT senken

Wie Dieter Dratwer, Head of Operational Excellence der Swisscom IT-Services AG, erläuterte, muss ein Unternehmen erst einmal investieren, um im IT-Betrieb mehr Effizienz erreichen zu können. Entscheidend sei jedoch die Frage, wofür das Geld ausgegeben werde.

"Wir wollen die Stückkosten in der betrieblichen Produktion jedes Jahr senken", erklärte Dratwer. Aber anstelle von "budgetiertem" Kostendruck - pauschal x Prozent weniger - habe sich das Unternehmen für eine differenzierte Vorgehensweise entschieden: Zunächst gilt es, die Möglichkeiten, aber auch die Notwendigkeiten der Informationstechnik zu ermitteln. Dann wird die Roadmap zwischen den Systemarchitekten, den Operations-Managern und der Produktion ausgehandelt.

Schließlich geht es darum, die Risiken in der Leistungserbringung zu mindern und ein Lifecycle-Management für Hardware und Software einzuführen. "Wir priorisieren nicht nur nach dem Business Case, sondern auch nach den Auswirkungen auf die Komplexität des Gesamtgebildes", resümierte Dratwer.

Effizienter Betrieb schafft Freiräume

Die Rolle der IT-Operations reflektierte Dratwer so: "Im Betrieb geht es darum, die Prozesse täglich ein bisschen besser zu machen. Das ist nicht sexy." Dennoch liege das im Interesse des CIO, denn auf diese Weise könne er mehr Freiraum für Projekte schaffen.

Von links: Thomas Engel (T-Systems International), Hans Günter Siebert (TüvIT), Daniele Tonella (Swiss Life), Dieter Dratwer (Swisscom IT-Services) und Rüdiger Zarnekow (TU Berlin)
Foto: Hochschule St. Gallen

Auf die Frage, was eigentlich gute IT-Operations ausmache, antwortete Dratwer: "Sie sind top-down-orientiert und Business-driven." Wie Hans Günter Siebert, Produkt-Manager bei der TÜViT GmbH, ergänzte, geht es bei einem guten IT-Betrieb auch darum, Anforderungen piorisieren zu können. Und Thomas Engel, Senior Vice President ICT Operations Development bei der T-Systems International GmbH, führte die immer weiter fortschreitende Industrialisierung sowie das Selbstverständnis als Dienstleister der Kunden in Feld.

Last, but not least betonte Swiss-Life-CIO Tonella die ständige Anstrengung, die im IT-Betrieb zu leisten sei: "Es ist viel leichter, zu standardisieren, als die erreichten Standards auch einzuhalten." Damit die Kosten im Operations-Bereich kontinuierlich gesenkt werden könnten, bedürfe es einer sauberen Architektur, so der ehemalige Operations-Chef, der seinen Vortrag mit "Hidden Enablers der IT" überschrieben hatte.

Kosten lassen sich schwer beeinflussen

Daniele Tonella, CIO, Swiss Life AG
Foto: Hochschule St. Gallen

Vor etwa fünf Jahren hatte die Swiss Life einen dreijährigen Investitions-Stopp beendet. Daraufhin stiegen die IT-Operations-Kosten innerhalb eines Jahres um 30 Prozent. Heute liegen sie um sieben Prozent unter dem Betrag von 2004, berichtet Tonella nicht ohne Stolz. Dabei lasse sich die Hälfte dieser Kosten - wenn überhaupt - nur langfristig beeinflussen. Softwarelizenzen und Wartung sowie Abschreibungen aus langfristigen Investitionen stellten Fixkosten dar. Aber auch Telefonie und Datennetze sowie Hardwareunterhalt seien auf kurze Sicht kaum zu verringern.

Wie Tonella errechnet hat, dient der IT-Betrieb zu 60 Prozent dem Business, mit den anderen 40 Prozent unterstütze er die klassische Entwicklung. Allerdings gebe es auch im Operations-Bereich eine "Entwicklung". Nur sei die Unterscheidung zwischen Change und Run dort eine andere. Was für die Entwicklung unter den Begriff Tagesgeschäft falle, sei für den Betrieb häufig ein Projekt - und umgekehrt. "Dein Change ist mein Run", lautet Tonellas griffige Formulierung.

Selbstverständlich wisse er, dass der Operations-Bereich in anderen Unternehmensteilen als Innovationsbremse gelte, räumte der Swiss-Life-CIO ein. Und das sei nicht einmal von der Hand zu weisen: "Eine gewisse Risikoaversion und Trägheit sind in IT-Operations normal." Aber das liege in der Natur der Sache: Ein misslungenes Entwicklungsprojekt lasse sich unter den Teppich kehren, trete aber im IT-Betrieb ein Notfall ein, so werde er sofort "total sichtbar". Da nehme es nicht wunder, wenn die Operations-Mitarbeiter einen Hang zur Paranoia pflegten.

Kriterien wie für externe Dienstleister

Auf die Wichtigkeit einer IT-Governance für den funktionierenden IT-Betrieb wies Jochen Schneider hin. Der CIO der Zürcher Kantonalbank sieht den IT-Betrieb als ein Dreieck von Kosten, Zeit und Qualität, das von den - internen - Kunden mit ihren Anforderungen im Gleichgewicht gehalten werde. Service-Level-Agreements (SLAs) dienten dazu, diese Anforderungen greifbar zu machen.

Rüdiger Zarnekow, Professor an der TU Berlin
Foto: Universität St. Gallen

Dazu passte das Schlusswort des designierten Gastgebers für den "IT Operations Day 2010", des TU-Berlin-Professors Zarnekow: "Der interne IT-Betrieb muss denselben Kriterien genügen wie ein externer Dienstleister." Das bedeutetet unter anderem: Die IT-Operations müssen sich selbst industrialisieren, also die Komplexität der Architektur verringern, indem sie die Systeme standardisieren, konsolidieren und virtualisieren. Darüber hinaus müssen sie das Risiko-Management im Griff haben, neue Betriebsmodelle - Stichwort Cloud Computing - ausprobieren und ihre Leistungen gegenüber den Fachbereichen transparent machen. Wenn das gelingt, wird der IT-Betrieb möglicherweise auch im Topmanagement wahrgenommen und als das erkannt, was er ist: die Voraussetzung für einen Beitrag der IT zum Unternehmenswert.