Regenschirm oder Mikrochip

Was hilft bei Entführungen?

28.08.2008
Man weiß nicht so recht: Ist es eine technische Entwicklung, die Menschen hilft? Oder soll sie diesen einfach Geld - viel Geld - aus der Tasche ziehen?

Das mexikanische Unternehmen Xega bietet an, Interessierten einen Mikrochip unter die Haut zu implantieren. Mit diesem ist es möglich, Entführungsopfer zu lokalisieren. Die zugrunde liegende Technik ist konventionell: Zur Ortung wird das GPS-Signal genutzt.

Das geht unter die Haut: Ein Chip-Implantat soll helfen, Entführungsopfer zu finden. Aber das lässt sich der Hersteller richtig teuer bezahlen. Der Schutz ist fragwürdig.
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Ein Schnäppchen ist die Suchhilfe nicht: Allein für die Implantierung des Chips unter die Haut werden 4000 Dollar fällig. Das allein ist schon nicht gerade preiswert. Richtig interessant für den Hersteller werden aber die Unterhaltskosten: Xega verlangt pro Jahr eine Gebühr von 2.200 Dollar. Da nicht davon auszugehen ist, dass Menschen, die Angst vor Entführungen haben, diese so schnell ablegen, gibt es für sie auch keinen Grund, nach einem oder zwei Jahren den Chip zu deaktivieren.

Anders herum ausgedrückt: Xega hat sich eine sprudelnde Quelle für Einkünfte geschaffen aus dem Geschäft mit der Angst, das allerdings einen entscheidende Aspekte außer Acht lässt: Den Schutz vor Entführungen selbst. Da in Mexiko allein die Zahl der Kidnapping-Opfer mehrere Tausend beträgt, scheint aber das Sicherheitsbedürfnis groß genug zu sein, um dieses Geschäftsmodell blühen zu lassen.

Fragliche Sicherheit

Natürlich ruft diese Technik auch Datenschützer auf den Plan. Da es sich hierbei allerdings um eine freiwillige Aktion von Privatleuten handelt, könnten die Argumente hier weniger zwingend sein. Allerdings bietet die Xega-Technik weiteren Anlass für zweite Gedanken: Der implantierte Microchip für sich bietet keinen Vorteil. Er funktioniert ausschließlich in Verbindung mit einem zusätzlichen Gerät. Das muss ein Schutzbedürftiger immer mit sich tragen. Nur in Verbindung mit diesem externen GPS-Gerät lasse sich eine Person lokalisieren. Hier nun haben Datenschützer wie die US-Amerikanerin Katherine Albrecht einen Punkt: Xega weist darauf hin, dass zwar der Chip nicht auffindbar sei. Albrecht kontert aber mit dem Argument, dafür sei das notwendige GPS-Gerät von Entführern sehr leicht zu finden und funktionsunfähig zu machen.

Wie funktioniert das System?

Wer sich bedroht fühlt, kann einen so genannten Panikknopf an dem gerät drücken. Das Signal wird dann an eine Positionsmeldung an eine Zentrale senden. Von dort wird die Polizei verständigt. Man könnte sich fragen, warum nicht Handy-Hersteller eine entsprechende Funktion in ihre Mobiltelefone einbauen. Google bietet sogar eine Option, ein Handy ohne GPS-Signal zu orten.

Xega sagt, man habe die Verkaufszahlen im vergangenen Jahr um 13 Prozent steigern können. Im ungünstigen Fall wissen die Ermittlungsbehörden damit genau, wo sich das Opfer zuletzt befunden hat. Der Hersteller plant, das System auch in anderen Ländern zu vertreiben. Gedacht ist an die südamerikanischen Staaten Brasilien, Kolumbien und Venezuela.

Xega kann sich aber auch vorstellen, das Gerät in der Krankenversorgung - etwa bei Demenz-Patienten - einzusetzen. Hier gibt es bereits Lösungen, die viel Sinn geben. So dient etwa ein RFID-System mit einem 15 mal 3,4 Millimeter großen Sensor der US-Firma CardioMems dazu, den Blutdruck permanent im Lungenkreislauf zu überwachen.

Manchmal hilft Gewalt

Ein Regenschirm mit GPS-Signal könnte zur Lokalisierung von Personen dienen - und zum Einschlagen auf potenzielle Entführer.
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Eine Camouflage-Version, um schutzbedürftigen Personen das Gefühl zu geben, immer auffindbar zu sein, wäre ein Regenschirm.

So ein Alltagsgegenstand mit GPS-Empfänger wurde von Amerikanern und Japanern entwickelt. Er hat den Vorteil, unverfänglich zu wirken. Außerdem können Mutige ihn weiter zweckentfremden - indem sie damit Entführern kurz entschlossen auf's Maul hauen. (jm)