Was ist Gamification?

12.03.2023 von Manfred Bremmer
Mit Gamification lässt sich das Engagement von Partnern, Kunden oder Mitarbeitern fördern. Das sollten Sie zum Thema wissen.
Gamification: Wer lässt sich nicht gerne durch digitale Schwerter und Goldmünzen bei seiner täglichen Arbeit motivieren?
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Wer jemals ein Videospiel gespielt hat, ist mit Dutzenden von Gamification-Mechanismen vertraut. Erledigt man zum Beispiel in einem Ego Shooter Gegner, wird man mit mehr Punkten, besseren Waffen und anderen Vorteilen belohnt. Diese Faktoren reichen häufig bereits aus, um über Stunden hinweg hochmotiviert und mit voller Begeisterung dieser Tätigkeit nachzugehen - ein Engagement, das viele Unternehmenslenker auch gerne bei ihren Mitarbeitern, Partnern oder Kunden sähen. Doch was versteht man unter Gamification, wie kann man den angeborenen menschlichen Spieltrieb für unternehmerische Zwecke nutzen und was gibt es dabei zu beachten?

Gamification - Definition

Gamification oder auch Gamifizierung ist die Anwendung von spielerischen Elementen und Mechanismen in einem nicht-spielerischen Kontext, um die Motivation zu steigern oder Verhaltensänderungen zu fördern. Im Gegensatz zu Serious Games, die häufig zur Vermittlung von Lerninhalten oder Simulationen von realen Situationen verwendet werden, handelt es sich dabei jedoch nicht um vollständige Spiele. Es kommen nur spielerische Elemente und Mechanismen zum Einsatz. Zu den Spielmechanismen, die bei Gamification verwendet werden, gehören etwa:

Auch wenn der Begriff Gamification erst Anfang dieses Jahrtausends geprägt wurde, ist das zugrundeliegende Prinzip relativ alt und weit verbreitet: Spiele und spielähnliche Elemente werden schon seit geraumen Jahren zur Bildung, Unterhaltung und zum Engagement eingesetzt. Bekanntestes Beispiel dafür sind Bonusprogramme in ihrer unterschiedlichen Ausprägung, angefangen von "Fleißsternchen" etc. in der Schule bis hin zu Treuepunkten oder Flugmeilen bei der Nutzung bestimmter Güter oder Dienstleistungen. Und selbst der Fortschrittsbalken bei Umfragen oder Registrierungen stellt bereits eine Art von Gamification dar - wenn auch in stark vereinfachter Form.

Gamification im Unternehmen

Im Business-Umfeld kann Gamification in einem breiten Spektrum von Situationen angewandt werden, in denen Menschen zu bestimmten Handlungen oder Aktivitäten motiviert werden müssen. Gamification am Arbeitsplatz kann etwa dazu dienen, die Mitarbeiter zu bewegen, "spontan" bestimmte bewährte Praktiken zu befolgen, die das Unternehmen als strategisch identifiziert. Dadurch lernen sie neue Fähigkeiten oder korrigieren als negativ bewertete Arbeitsgewohnheiten, ohne dass der Arbeitgeber auf Sanktionen, Disziplinarmaßnahmen etc. zurückgreifen muss. Weit verbreitet ist daher die Verwendung von Gamification-Elementen, um mehr Pep in Mitarbeiterschulungen und -fortbildungen zu bringen.

Die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse deuten jedoch darauf hin, dass mit spielähnlichen Funktionen nur Ziele gefördert werden können, die von den Teilnehmern selbst als sinnvoll bewertet werden und die sie selbst erreichen wollen. Auf Informations- und Überzeugungsarbeit kann daher nicht verzichtet werden. Spielerische Elemente können aber auch ganz einfach dazu beitragen, das Engagement der Mitarbeiter bei der Arbeit zu erhöhen, um so die Leistung des Unternehmens zu steigern. Indem dieselben Suchtmechanismen genutzt werden, auf denen Videospiele basieren, wird so mit dem Erreichen von Belohnungen auch die Bindung und Motivation der Mitarbeiter gestärkt.

Dass in diesem Bereich Handlungsbedarf besteht, belegt unter anderem eine Umfrage des Gallup Institute von 2022, wonach nur 21 Prozent der Mitarbeiter weltweit ihrer Tätigkeit engagiert nachgehen, in Deutschland spricht nicht einmal jede/r Sechste von einem engen Zugehörigkeitsgefühl zum Arbeitgeber (16 Prozent). Oder anders ausgedrückt, die Mehrheit der Arbeitskräfte auf der ganzen Welt bewertet ihren Arbeitsplatz entweder negativ oder tut nur das Nötigste, um den Tag zu überstehen - mit wenig bis keiner emotionalen Bindung.

Mehr IT-Sicherheit durch Gamification
Belohnung erwünscht
Belohnen Sie Mitarbeiter, die sich an die Unternehmensvorgaben beziehungsweise Sicherheitsrichtlinien halten. Das wird diese wiederum anspornen, ihr Verhalten beizubehalten. Ein Beispiel für Gamification wäre in diesem Zusammenhang, dass Mitarbeiter digitale (oder physische) Plaketten, Pokale oder Auszeichnungen erhalten - etwa wenn Sie es schaffen, 100 E-Mails ohne Compliance-Verstoß zu verschicken.
Anreize schaffen
Wenn ein Angestellter in ihrem Unternehmen bereits eine beeindruckende Sammlung an digitalen Auszeichnungen erlangt hat, bieten Sie ihm die Möglichkeit, diese gegen "echte" Vorteile einzutauschen - zum Beispiel Geschenkgutscheine oder Sonderzulagen.
Offener Dialog
Durch den Einsatz von Gamification können Unternehmen einen neuen Umgang mit dem Thema Datenschutz fördern. Statt externe Spezialisten gähnend langweilige Vorträge über Compliance und Datenschutz halten zu lassen, könnte ein offener Dialog zwischen den Mitarbeitern entstehen, in dem diese sich - auf Basis ihrer Erfolge, Herausforderungen und Erfahrungen im Gamification-System - aus freien Stücken über Best Practices austauschen.
Bewusstseinsbildung
Cybersecurity-Trainings sind am effektivsten, wenn sie einmal pro Jahr abgehalten werden. Allerdings hält sich ein großer Teil der Unternehmen nicht an diesen Zyklus, in der Regel aus Zeit- und/oder Kostengründen. Durch den Einsatz von Gamification sind Mitarbeiter eher in der Lage, eigenes Fehlverhalten anzuerkennen, die Folgen ihres Handelns zu erkennen und ihr Verhalten auf lange Sicht zu ändern.
Engagement fördern
Sie sollten Ihre Angestellten dazu ermutigen, ihre Auszeichnungen am Arbeitsplatz zur Schau zu stellen. Außerdem sollten Sie ihren Führungskräften auftragen, gutes Verhalten dadurch zu belohnen, dass eine monatliche Bestenliste veröffentlicht wird (Mitbestimmung beachten!). Ranglisten und Auszeichnungen sorgen dafür, dass die Spielteilnehmer sofort ins Game hineingezogen werden. Davon abgesehen fördert ein solches Vorgehen die interne Kommunikation, wodurch wiederum das Engagement aller Mitarbeiter gestärkt wird.
Fachkräfte finden
Immer noch ringt die IT-Branche mit einem ausgeprägten Fachkräftemangel - insbesondere wenn es um das Thema IT-Sicherheit geht. Einige Organisationen - etwa die britische Cyber Security Challenge - haben es sich zur Aufgabe gemacht, dieses Problem mit jährlichen Wettbewerben zu lösen. Bei diesen Veranstaltungen werden die Teilnehmer mit simulierten Bedrohungssituationen konfrontiert, die sie dann auf Grundlage ihrer Fähigkeiten meistern müssen. Die Gewinner bekommen in der Regel lukrative Job-Angebote von großen IT-Unternehmen oder Regierungsinstitutionen, die die Challenge mit Sponsorgeldern unterstützen.
Kontrolle ist besser
Natürlich kann der Einsatz von Gamification nur dann Früchte tragen, wenn die Mitarbeiter das Gelernte auch auf Szenarien in der echten Welt anwenden. Um das sicherzustellen, sollten Unternehmen unbedingt die Effektivität ihrer Gamification-Bemühungen an der Entwicklung des realen Risikopotentials messen. Zu diesem Zweck sollten Sie regelmäßige, interne Prüfungen durchführen, um herauszufinden welche Mitarbeiter trotz aller Bemühungen immer noch ein Sicherheitsrisiko darstellen.

Gamification - Beispiele

Ein bekanntes Beispiel dafür, wie mit Hilfe von Gamification Mitarbeiter trotz extrem monotoner und schlecht bezahlter Tätigkeiten motiviert werden sollen, ist Amazon. Berichten zufolge bietet der E-Commerce-Riese seinen Lagerarbeitern in einigen US-Fulfillment-Zentren seit 2017 eine Reihe von Spielen an, die ihr tägliches Arbeitspensum in einen virtuellen Wettbewerb verwandeln. Berichten zufolge wird Gamification mittlerweile in Amazon-Lagerhäusern von mindestens 20 US-Bundesstaaten praktiziert.

Demnach treten etwa im Rahmen des Gamification-Programms FC Games Logistikmitarbeiter gegeneinander an, indem sie etwa durch ihre Arbeit virtuelle Drachen (Dragon Duel) oder Rennautos (Mission Racer) um die Wette bewegen oder Paket für Paket Schlösser in die Höhe (Castle Crafter) bauen. Der Fortschritt des Spiels können sie dabei auf dem Bildschirm ihrer Workstation verfolgen. Siegern winkt eine Belohnung in Form von digitaler Währung, die zum Kauf von virtuellen Haustieren und ähnlichem verwendet werden kann.

Häufiger in hiesigen Unternehmen gebräuchlich, wenn auch ebenfalls nicht unproblematisch, ist der Einsatz von Gamification in Form von Bonuspunkten und Ranglisten für den Arbeitserfolg. Zum einen ist eine derartige Leistungskontrolle und -beurteilung in Verbindung mit Belohnungssystemen zwingend mitbestimmungspflichtig und muss vom Betriebsrat abgesegnet werden.

Zum anderen erfordert ein derartiges Vorgehen in der Regel die Erhebung, Speicherung und Verarbeitung einer großen Menge personenbezogener Daten und kann zu Konflikten mit der DSGVO und anderen Regularien führen, wenn Informationen wie ein Ranking der Sales-Mitarbeiter von einer breiteren Öffentlichkeit einsehbar sind.

Wie so oft bei neuen Technologien, ist Gamification an sich aber nicht generell schlecht oder eben gut - es hängt vielmehr davon ab, wie und in welchem Umfang es am Arbeitsplatz eingesetzt wird. Wichtige Punkte sind sicher, dass die Privatsphäre und die persönlichen Daten der Mitarbeiter geschützt sind. außerdem sollten die Arbeitnehmer einen Großteil ihrer Autonomie beibehalten und das Gefühl haben, dass ihre Tätigkeit neben dem Sammeln von Bonuspunkten auch einen tieferen realen Zweck erfüllt.