Ratgeber SAP-Outsourcing

Was SAP-Anwender wissen müssen

21.09.2011 von Jürgen Mauerer
SAP-Outsourcing ist in. Die Optionen reichen vom Hosting bis hin zum Cloud-Angebot SAP Business ByDesign. Ein Überblick.

Das Geschäft mit SAP-Hosting im Mittelstand floriert. "Unsere Outsourcing-Umsätze sind in den letzten drei Jahren im Schnitt um knapp 20 Prozent gestiegen", bilanziert Michael Scherf, Leiter Service Design & Management beim auf den Mittelstand spezialisierten Stuttgarter SAP Hosting-Partner All for One Midmarket AG. Das Unternehmen erzeugt mittlerweile 40 Prozent seines Umsatzes mit Outsourcing-Services vor allem im SAP-Umfeld.

Das Gros der Kunden hat im Schnitt 300 bis 500 SAP-Nutzer. In Sachen Anwendungen hat sich All for One Midmarket auf die Maschinenbau-Branche, auf Automobilzulieferer und auf Projektdienstleister spezialisiert. "Für rund 90 Prozent unserer Managed-Services-Kunden betreiben wir das SAP-System in unseren Rechenzentren, etwa zehn Prozent kümmern sich selbst um die Server im eigenen Haus, lassen aber das SAP-System von uns via Remote-Service betreuen", so Scherf.

PAC-Studie: SAP-Services sind in

Die Studie "SAP Services Research Program" von Pierre Audoin Consultants (PAC) bestätigt die Entwicklung bei All for One Midmarket. Demnach wuchs der deutsche Markt für SAP-Services im Jahr 2010 um 4,4 Prozent gegenüber 2009. Die SAP-Services verteilten sich zu 48 Prozent auf SAP Consulting & Systems Integration (C&SI), zu 29 Prozent auf SAP-Hosting und zu 23 Prozent auf SAP-Application-Management. Für 2011 erwarten die Marktforscher in Deutschland einen deutlichen Anstieg um 7,7 Prozent.

SAP-Hosting und Application-Management

"Insbesondere beim Mittelstand steigt die Bereitschaft, in Outsourcing zu investieren", erklärt Karsten Leclerque, Director bei PAC. "Während bisher vorwiegend Themen wie SAP-Hosting an externe Dienstleister übergeben wurden, sehen wir nun auch viele Projekte beim Application-Management." Beim SAP-Hosting ist lediglich der Betrieb der Infrastruktur wie Hardware, Betriebssysteme und Datenbanken in das Rechenzentrum des Providers ausgelagert (SAP-Basisdienst). Beim Application-Management geht es darum, die SAP-Anwendungen sowie SAP-Arbeitsplätze funktional zu betreuen und an veränderte geschäftliche Anforderungen anzupassen. Stichworte sind Updates, Erweiterungen und Customizing.

Vorteile des SAP-Outsourcings

Foto: Picture Factory, Fotolia.de

Die Vorteile des Outsourcings für kleine und mittelständische Firmen liegen auf der Hand. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, deren IT in Deutschland steht, die aber Vertriebsorte rund um die Welt besitzen. "Für sie ist ein selbst erbrachter 24/7-Service zu teuer. Sie sparen sich durch Outsourcing den teuren und zeitaufwendigen Aufbau von Spezialwissen für den Betrieb des SAP-Systems und können sich auf ihre Geschäftsprozesse im Kern konzentrieren", erläutert Leclerque. Damit bleibe auch für die IT-Abteilung mehr Zeit, sich um strategische Fragen und Prozesse zu kümmern.

Zudem zeichnen sich die Services der Hosting-Partner meist durch eine höhere Qualität im Vergleich zum Eigenbetrieb, effizientere Prozesse und ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis aus. Auch ist der Dienstleister immer auf dem neuesten Stand der SAP-Technologien. "Das SAP-Outsourcing hat dank Standardisierung an Reife gewonnen. Das Risiko für Unternehmen ist daher auch bei einem Provider-Wechsel überschaubar", resümiert der Spezialist.

Preisdruck und starker Wettbewerb

Die SAP-Hoster sind allerdings seit Jahren einem starken Preis- und Wettbewerbsdruck ausgesetzt. "Da sich der Markt für IT-Services an sich in Richtung Outsourcing, Managed-Services und On-Demand-Modelle entwickelt, steigt die Zahl der Mitbewerber an. Auch kleinere Dienstleister können kompetent SAP-Services anbieten", sagt Leclerque. Neben großen Anbietern wie IBM, HP, T-Systems, Atos Origin oder Accenture gibt es mittlerweile eine Vielzahl von SAP-Hosting-Partnern, die auf mittelständische Unternehmen mit bis zu 2500 Mitarbeitern spezialisiert sind. Dazu gehören TDS (Fujitsu), Itelligence, Freudenberg IT Services, Orga (Fiducia-Tochter), Info AG, All for One Midmarket oder auch die Würzburger TakeASP AG.

TakeASP hat sich zum Beispiel auf den SAP-Betrieb (Basisdienst) und das Application-Management spezialisiert. Mit zwei Rechenzentren in Würzburg und Frankfurt am Main und einem Internet-Backbone sorgen die 30 Mitarbeiter für den Betrieb der SAP-Systeme ihrer mittelständischen Kunden. Obwohl TakeASP kein offiziell von SAP zertifizierter Hosting-Partner ist, laufen die Geschäfte gut.

"Die Nachfrage steigt stetig, allerdings spüren wir einen enormen Preisdruck. In den letzten sechs Jahren sanken die Preise für unsere Dienstleistungen um etwa 50 Prozent; man kann sagen, im Jahr um etwa zehn Prozent", erläutert Bernhard Weimann, Leiter Vertrieb bei TakeASP. Das Unternehmen reagiert darauf mit flexiblen, schlanken Strukturen, Standardisierung und vor allem der permanenten Weiterbildung seiner Mitarbeiter. "Kompetente, persönliche Ansprechpartner sind unser großes Plus. Und Virtualisierung ermöglicht uns große Flexibilität in unseren Rechenzentren", so Weimann.

Variable Preis- und Abrechnungsmodelle

Der Preisdruck macht sich auch für TakeASP vor allem bei der Verlängerung bestehender Verträge bemerkbar. Da die Kunden SAP-Hosting und Application-Management inzwischen größtenteils als Standard ansehen, können sich die Anbieter oft nur noch über den Preis beziehungsweise über innovative Preis- und Abrechnungsmodelle differenzieren. Die Vertragsgestaltung hängt dann von der jeweiligen Situation im Unternehmen ab. Bei eher konstantem Ressourcenbedarf mit Planungssicherheit ist ein Festpreis pro Nutzer erste Wahl.

Ist Flexibilität bei wechselndem Bedarf gefragt, eignet sich am besten ein Modell mit Abrechnung nach tatsächlichem Verbrauch (Pay per Use) ohne Mindestabnahme. "Der Trend zum Cloud Computing ändert langsam das Bewusstsein bei den Unternehmen", betont Weimann. "Sie wollen variable Preismodelle, die beispielsweise mit einer Grundpauschale für eine bestimmte Nutzerzahl beginnen und Wachstum mit Pay per Use abfedern."

Drei SAP-Segmente für den Mittelstand

Beim Outsourcing von SAP-Services haben mittelständische Unternehmen mehrere Optionen. Dazu zunächst ein Blick auf das entsprechende SAP-Portfolio. Der Softwarekonzern aus Walldorf bietet nicht ein einziges Produkt für Mittelständler, sondern unterscheidet idealtypisch drei Segmente mit den Produkten SAP Business One, SAP Business ByDesign und SAP Business All in One. Überschneidungen sind dabei möglich.

SAP Business One

Für Unternehmen zwischen zehn und 100 Mitarbeiter ist SAP Business One gedacht, das Kernfunktionen wie Finanz-Management, Vertrieb, CRM oder Lagerverwaltung in einer Anwendung zusammenfasst. Meist handelt es sich dabei um Firmen mit Microsoft-Architektur, die eher einfache Prozesse haben und deren Hardware meist im eigenen Haus steht. Der SAP-Partner verkauft und implementiert die Lösung und kümmert sich auch um deren Betrieb.

SAP Business ByDesign

Für Unternehmen mit 50 bis 500 Mitarbeitern und auch Filialen von Großunternehmen bietet SAP selbst als Hoster sein Cloud-Angebot Business ByDesign an. Dieses umfasst etwa vorkonfigurierte Einsteigerpakete für CRM und ERP zu einem Festpreis pro Nutzer und im Vergleich zur herkömmlichen Lösung niedrigen Implementierungskosten. "Unser On-Demand-Angebot Business ByDesign eignet sich vor allem für Unternehmen, die sich im Wachstum befinden, wenig investieren wollen und eine schnell verfügbare Lösung brauchen", erklärt Rainer Zinow, Senior Vice President OnDemand Strategy bei der SAP AG. Derzeit hat SAP 500 Mittelstandkunden für Business ByDesign, Ende 2011 soll die Zielvorgabe 1000 erreicht werden. "Die bisher am Markt verfügbaren Lösungen waren entweder zu klein oder zu mächtig", so Zinow.

SAP Business All in One

Für Unternehmen mit 500 bis 2500 Mitarbeitern hat SAP Business All in One im Portfolio. Firmen dieser Größe haben zum Teil ähnliche Anforderungen wie Großkunden, sind in vielen Ländern mit komplexen Geschäftsprozessen tätig und haben spezifische Business-Anforderungen. "Diese Unternehmen bilden beim Outsourcing das Gros der Kunden unserer Mittelstandspartner", sagt Zinow.

Die 10 Tipps für die SAP-Implementierung
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Formen des klassischen SAP-Hostings

Für das Outsourcing an SAP-Hosting-Partner bieten sich für mittelständische Unternehmen vier Optionen, die sich in der Praxis häufig überlappen:

1. Auslagerung des SAP-Basisbetriebs

Hier findet der Betrieb der Infrastruktur wie Hardware, Betriebssysteme und Datenbanken in im Rechenzentrum des Providers statt. Der Dienstleister kümmert sich auch um das technische Application-Management das heißt er sorgt dafür, dass die SAP-Anwendungen reibungslos laufen. Die Softwarelizenzen gehören dabei in der Regel dem Kunden.

2. Funktionales SAP-Application-Management

Die SAP-Partner kümmern sich mit erfahrenem Personal um das Management von SAP-Anwendungen wie HR, CRM oder ERP. Sie erbringen den Service entweder remote oder direkt beim Kunden vor Ort. Die Hardware kann optional auch dem Kunden gehören und von ihm betrieben werden. Die Softwarelizenzen gehören in der Regel dem Kunden. Das Application-Management umfasst auch die Anpassung der SAP-Anwendungen an veränderte geschäftliche Anforderungen (Customizing), das Programmieren von Erweiterungen (häufig spezifische Schnittstellen) bis hin zur Übernahme kompletter Geschäftsprozesse wie Einkauf oder Personalabrechnung.

3. Implementation Hosting

Hier stellen die Partner temporär ihren Kunden eine spezifische Infrastruktur und Entwicklungsumgebung für ein SAP-Einführungsprojekt bereit. Am Ende der Laufzeit entscheidet der Kunde, ob er Hardware und Anwendungen selbst betreibt oder im Rechenzentrum des Providers belässt. Auch hier gehören die Softwarelizenzen meist dem Kunden.

4. Application-Service-Provider (ASP)

Hier sorgt der Partner in einem Komplettpaket aus Software, Implementierung, Infrastruktur, Service und Support für den schnellen und kostengünstigen Einsatz von SAP-Lösungen. Die Lösungen des ASP müssen dabei kaum an Kundenanforderungen angepasst werden. Die Supportleistungen erfolgen meist auf Basis eines Rahmenvertrags, die Abrechnung pro Anwender und Monat. Häufig erwirbt der Kunde keine Lizenzen.

Business ByDesign und die SAP-Partnerstrategie

Ein Spezialfall ist SAP Business ByDesign. Der Softwarekonzern bietet die On-Demand-Lösung derzeit exklusiv über seine eigenen Rechenzentren an. Dabei hatte sich SAP erst 2009 aus dem Hosting-Geschäft zurückgezogen und diese Sparte an T-Systems verkauft. "Die SAP-Partner sind unsicher, da sie durch Business ByDesign Einbußen in ihrem Geschäft befürchten", erklärt Marktbeobachter Leclerque. "SAP holt daher seine Partner ins Boot und bietet ihnen die Option, Business ByDesign zu vertreiben und Branchenlösungen in Form von Add-ons zu entwickeln."

Dazu stellt SAP den Business-ByDesign-Vertriebspartnern ein Software-Developement-Kit zur Verfügung. Damit können sie branchen- oder kundenspezifische Erweiterungen programmieren, Schnittstellen etwa zu Webshops entwickeln. Ihre Add-ons können sie dann auch im SAP Store verkaufen. Der Stuttgarter SAP Hosting-Partner All for One Midmarket ist Business-ByDesign-Vertriebspartner der ersten Stunde. "Business ByDesign bietet uns zusätzlich die Chance, neue Kundengruppen zu erreichen. Das Hosting dieser Software ist derzeit jedoch exklusiv SAP vorbehalten", sagt Serviceleiter Scherf.

SAP wird das Hosting von Business ByDesign auch in den nächsten Jahren selbst in die Hand nehmen: "Die Partner können in ihren Rechenzentren nicht diese Skaleneffekte erreichen, die Innovationszyklen nicht abbilden und daher auch den Preis nicht so attraktiv halten", begründet On-Demand-Spezialist Zinow diese Strategie.

Für die Partner ergäben sich gute Verdienstchancen als Wiederverkäufer, bei der Einführung beim Kunden, beim fachlichen Application-Management und durch die Option, kunden- und branchenspezifische Add-ons zu entwickeln. "Unsere Partner können damit mit Business ByDesign ihr Portfolio erweitern und es als Zusatzprodukt für ihre Kunden komplementär einsetzen", so Zinow weiter. Von Kannibalismus könne daher keine Rede sein.

So finden Sie den richtigen SAP-Hosting-Partner

• Partnerwahl auf Augenhöhe: Größe und Unternehmenskultur sollten zusammenpassen, das heißt ein Kunde mit 25 SAP-Nutzern sollte keinen Hosting-Partner in der Größe von IBM, HP etc. wählen.

• Referenzen des Partners sollten in Größe und Branche dem eigenen Unternehmen ähneln. Am besten ist ein Partner mit Fokus auf den Mittelstand.

• Zukunftssicherheit des Partners: Wie sieht seine künftige Strategie aus? Kann der Partner mitwachsen, auch international? Ist der Partner solvent und damit auch längerfristig noch auf dem Markt?

• Wie übernimmt er die Systeme? Eins zu eins, oder wird er sie optimieren? Besitzt er neben dem Hosting des SAP-Basisbetriebs auch Kompetenzen im Application-Management? Kennt er den spezifischen Bedarf seiner Kunden und ist er flexibel genug, darauf einzugehen? Wie sieht das Hardwarekonzept aus?

• Der Hosting-Partner muss nicht unbedingt von SAP zertifiziert sein. Wichtig ist es, dass er die Lage analysiert, die Bedürfnisse des Kunden erkennt und dann die Lösung gut umsetzt.

• Daher wichtig: persönliche Beziehung und Vertrauen. Kunden sollten im Vorfeld den direkten Kontakt zu den Personen suchen, die später die Alltagsarbeit leisten (IT-Leute, Projekt-Manager)

• Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis

• Flexibles und variables Preismodell, das dem jeweiligen Bedarf des Kunden entgegenkommt (Pay per Use, Festpreis, viele variable Bestandteile etc.) (pg)