VDE-Studie fordert Forschungsinitiativen Green-IT

Wege zur Energieeffizienz

26.10.2009 von Klaus Manhart
IT-Systeme müssen dringend energieeffizienter werden. Eine VDE-Studie zeigt Wege zur Green IT auf - und fordert themenübergreifende Forschungsinitiativen für energiesparende Lösungen.
„Deutschland hat bei der Green IT gute Startbedingungen, muss aber Anstrengungen unternehmen, den Entwicklungsvorsprung aufrecht zu erhalten“, sagt Prof. Dr.-Ing. Ingo Wolff, Präsidiumsmitglied im VDE.

Wie der Energieverbrauch in der IT reduziert und die Energieeffizienz gesteigert werden kann zeigt die aktuelle Studie "Green IT" der Informationstechnischen Gesellschaft im VDE (Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik). Die Vorschläge reichen von neuen Netzarchitekturen über alternative Gebäudekonzepte und Energieversorgung bis hin zur Performanzbewertung und zum Label für energieeffiziente Systeme. Gleichzeitig plädiert der VDE für eine interdisziplinäre Forschungsinitiative, die Universitäten, Forschungsinstitute und die Industrie bei der gemeinsamen Entwicklung weltweit führender Lösungen für energieeffiziente IT unterstützt.

Rasantes Wachstum

Die in der Studie präsentierten Fakten sprechen für sich: Allein für "e-Services" benötigen IKT-Systeme heute weltweit etwa 8 Prozent (160 GW) der global erzeugten elektrischen Leistung. Dieser Anteil wird nach Expertenschätzungen wegen des starken Marktwachstums und der zunehmenden Verbreitung von IKT-Lösungen und bei einem steigenden Anteil von Endgeräten und Data Centern auf etwa 15 Prozent (400 GW) im Jahr 2020 anwachsen.

Zurzeit erhöht sich der Datentransfer durch die Datennetzwerke etwa um das Zehnfache pro Jahr. Dies entspricht einer Erhöhung des Energieverbrauchs von circa 16 bis 20 Prozent pro Jahr. Der Anteil von IKT-Geräten und -Einrichtungen an den CO2-Emissionen wird derzeit auf 2 bis 3 Prozent, die Herstellungsphase der Geräte einbezogen auf 4 Prozent geschätzt. In den vergangenen Jahren verzeichnete das Internet Zuwachsraten von bis zu 100 Prozent pro Jahr. Es ist davon auszugehen, dass dieses Wachstum auch in den nächsten 10 Jahren anhalten wird. Auch mit einer starken Zunahme der Mobilfunkanwendungen ist zu rechnen.

Angesichts der prognostizierten Zahlen stellt sich die Frage, wie die Netze der nächsten Generation gestaltet werden müssen, um nicht selbst ein wesentlicher Faktor globaler Emission zu werden. Dies betrifft sowohl den Energieverbrauch an sich als auch die Nachhaltigkeit von Systemen und Komponenten.

Ansätze für Energiesparlösungen

Vor diesem Hintergrund konstatiert die VDE-Studie: "Nur wenn Forschung und Entwicklung einen essenziellen Beitrag zur Verbesserung der Energieeffizienz der IT- und TK-Systeme leistet, wird das Wachstum des Internets ohne drastisches Wachstum des Energieverbrauchs, also ohne signifikanten Beitrag der IKT zum CO2 Ausstoß, möglich sein." Dementsprechend weitreichend ist auch die Forderung der VDE-Experten: "Energieeffizienz und Nachhaltigkeit muss ein Kriterium der Netzgestaltung und Netzarchitektur der zukünftigen Kommunikationsnetze werden."

Die Ansatzpunkte für Verbesserungen in Sachen Energieeffizienz sind zahlreich. Im Bereich der Zugangsnetzwerke können insbesondere passive optische Netze die Betriebskosten reduzieren. Für den Bereich der mobilen Funknetze spielen die Verbesserung des Wirkungsgrades der Leistungsverstärker, der passiven HF-Komponenten, der Netzarchitektur und der Protokolle eine dominierende Rolle bei der Reduzierung des Energieverbrauchs. Die Festnetze können durch neue Architekturen und Technologien in ihrem Betriebsverhalten vereinfacht werden. Die Technik des optischen Bypassings elektronischer Prozesse kann Energie sparen und die Komplexität der Netze sowie die Betriebskosten reduzieren. Nicht zuletzt müssen alternative Gebäude- und Energieversorgungskonzepte für die Kommunikationstechnik sowie Verfahren zur Performanzbewertung und Label für energieeffiziente Systeme entwickelt werden.

Forschungsinitiative dringend nötig

Gerade die Vielfalt möglicher Lösungsansätze zur Reduzierung des Energieverbrauchs in Kommunikationsnetzen und die Komplexität der Thematik zeigen aber auch die Notwendigkeit eines koordinierenden Gesamtkonzepts. Das weitere Vorgehen sollte daher laut VDE in einem interdisziplinären Forschungsprojekt mit Netzwerkbetreibern, Systemherstellern und -integrationshäusern sowie Halbleiterkomponentenherstellern und durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Computer-, Netzwerk-, Nachrichten- und Informationstechnikern, sowie Energie- und Gebäudeexperten abgestimmt werden. Der VDE regt dazu an, eine themenübergreifende Forschungsinitiative zu starten. Sie soll Universitäten, Forschungsinstitute und die Industrie dabei unterstützen, gemeinsam wegweisende Lösungen für energieeffiziente IKT zu entwickeln.

Die VDE-Studie räumt der Forschung und Industrie gute Chancen im internationalen Wettlauf um die Spitzenposition bei Green IT ein, mahnt aber auch zu Eile und zu entschlossenem Handeln: "Deutschland hat hinsichtlich dieses Themas sehr gute Startbedingungen im internationalen Wettbewerb", sagt Prof. Dr.-Ing. Ingo Wolff, Mitglied im VDE-Präsidium. "Allerdings werden derzeit weltweit eine Reihe von Initiativen gestartet, so dass Deutschland Anstrengungen unternehmen muss, den Entwicklungsvorsprung aufrecht zu erhalten."