Was den Markt erwartet

Wer gewinnt mit De-Mail?

20.05.2012 von Simon Hülsbömer
De-Mail soll Deutschlands Schriftverkehr fit für die digitale Zukunft machen - so zumindest der politische Wille. Doch spielen die Unternehmen mit?

Allein die Deutsche Post beförderte 2011 fast 18 Milliarden Briefe. Hinzu kamen rund zwei Milliarden Zustellungen von Wettbewerbern. Die Werbesendungen herausgerechnet, sind es noch über acht Milliarden - fast sieben Milliarden davon im Geschäftskundenbereich. Diese große Anzahl klassischer Postsendungen wäre im Zeitalter der E-Mail eigentlich nicht mehr nötig. Sie ergibt sich durch die fehlende Rechtsverbindlichkeit elektronischer Sendungen - "eine juristische Lücke, die mit De-Mail geschlossen wird", so Jan Oetjen, Vorstandschef von 1&1 Mail & Media, zu der populäre Marken wie GMX und
Web.de gehören. Seinem Unternehmen liegen bis heute fast eine Million Reservierungen für De-Mail-Adressen von privater Seite vor, bei der Telekom sind es knapp 300.000. Zählt man die rund eine Million E-Postbrief-Konten der Deutschen Post hinzu, ist eine ernstzunehmende Nachfrage nach einer neuen Form des elektronischen Briefverkehrs offenkundig vorhanden - von geschäftlicher wie von privater Seite.

De-Mail soll gelebter Standard werden - so zumindest der politische Wille.

Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, trat am 3. Mai des vergangenen Jahres mit dem De-Mail-Gesetz eine Regelung in Kraft, die den verbindlichen und vertraulichen (nationalen) Versand von elektronischen Dokumenten und Nachrichten vereinfachen soll. Rechnungen, Mahnungen, Kündigungen und alles andere, was eine rechtsverbindliche Unterschrift erfordert, kann damit elektronisch versendet werden.

Erste Anbieter sind im Markt

Mentana-Claimsoft erhielt im Rahmen der CeBIT die De-Mail-Akkreditierungsurkunde mit der Nummer 1. Vorstandsvertreter Hans Szymanski (r.) und Andreas Drechsler waren stolz.
Foto: Simon Hülsbömer

Mit der zur Francotyp-Postalia-Gruppe gehörenden Mentana-Claimsoft, T-Systems International und Telekom Deutschland gibt es derzeit drei akkreditierte De-Mail-Anbieter, die ihre Services im Rahmen der CeBIT 2012 gestartet haben. Mit GMX, Web.de, 1&1 Internet und United Internet Dialog (UID) wollen in diesem Jahr noch vier Unternehmensmarken aus der United-Internet-Gruppe hinzukommen. Des Weiteren plant die Deutsche Post, bis Ende des Jahres ebenfalls auf den De-Mail-Zug aufzuspringen und neben ihrem darbenden Konkurrenzprodukt "E-Postbrief" einen eigenen De-Mail-Dienst auf den Markt zu bringen.

Jan Oetjen sieht in De-Mail ein großes finanzielles Potenzial.
Foto: 1&1

Die finanziellen Anreize eines rechtsverbindlichen E-Mail-Dienstes sind sowohl für die großen Anbieter als auch für die De-Mail-Nutzer gegeben: Oetjen schätzt das bisherige Kostenvolumen, das sich durch Druck-, Porto- und Kuvertierungskosten ergibt, auf 20 Milliarden Euro - etwa 67 Cent pro Sendung. Die Kosten einer De-Mail werden bei durchschnittlich 40 Cent im Privatkundenbereich liegen, Details sind allerdings noch nicht bekannt. Unternehmenskunden sollen bei knapp 30 Cent starten können. Die Betriebe können jedoch nicht nur an den Postgebühren sparen, auch die unternehmensinternen Arbeitsabläufe dürften effizienter werden. Deshalb sind die Anbieter optimistisch: Ein gemeinsames De-Mail-Umsatzvolumen von 7,5 Milliarden Euro jährlich ist geplant. "Gesamtwirtschaftlich ist das ein großer Sprung", so Oetjen, der auch den Beitrag zum Umweltschutz - Stichwort Papierverbrauch - hervorhebt.

Der Bürgerservice soll besser werden

Die entscheidenden Impulsgeber für De-Mail im Unternehmensbereich könnten die Behörden und Ämter sein, die ihre Prozesse und Sendungsabläufe vereinfachen, beschleunigen und Kosten sparen wollen. Städte wie Köln, Bonn oder Düsseldorf sind bereits dabei, ihre IT-Infrastruktur, deren Steuerung häufig in privatwirtschaftlicher Hand liegt und durch regionale Rechenzentrumsbetreiber erfolgt, entsprechend aufzustellen. "Wir sehen De-Mail positiv, weil es Rationalisierungspotenzial birgt und den Bürgerservice verbessert", blickt Erko Grömig, Referent für E-Government-Anwendungen beim Deutschen Städtetag (DST), voraus.

Der kommunale Spitzenverband, der die Interessen von rund 3400 Städten und Gemeinden vertritt, hofft, dass mit der für das kommende Jahr geplanten Neufassung des E-Government-Gesetzes auch die letzten Hürden für De-Mail genommen werden. Die so genannte "Schriftformerfordernis" soll dahingehend abgeändert werden, dass De-Mail und nPA-Signatur (neuer Personalausweis) der eigenhändigen Unterschrift gleichgesetzt sind. Anschließend können sämtliche Bürgerservices von der Beantragung von Hundesteuer, Reisepass, Personalausweis und polizeilichem Führungszeugnis bis hin zur Anmeldung eines Gewerbes oder eines neuen Wohnsitzes komplett per De-Mail erledigt werden.

Wichtig sei allerdings, so Erko Grömig, dass die Bürger mitmachten und die Angebote nutzten: "Hier ist noch viel Werbung nötig - wir hoffen, dass da auch seitens des Bundes etwas passiert", fordert der DST-Referent im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE. Ein guter Weg könne sein, Kosteneinsparungen durch De-Mail umgehend an diejenigen Bürger weiterzugeben, die das neue Medium nutzten. Wer also beispielsweise einen Pass oder Ausweis auf elektronischem Wege beantragt, darf auf geringere Gebühren hoffen. Ein Blick in andere Branchen zeigt, dass solche finanziellen Anreize funktionieren. Heuten schon stellen Banken ihren Kunden Kontoauszüge per E-Mail zu, Telefongesellschaften verschicken digitale Rechnungen. In beiden Fällen wird für die postalische Zusendung eine Zusatzgebühr verlangt.

Behörden als Antreiber

Die Umstellung der öffentlichen Hand auf De-Mail hat laut Oetjen auch für die Privatwirtschaft unmittelbare Folgen: Sobald der Großteil der Bundes- und Landesbehörden den Wechsel vollzogen hätten, sei es nur noch eine Frage der Zeit, bis die großen Unternehmen in der Korrespondenz mit der öffentlichen Hand nachzögen. Auf die Frage nach dem ersten Einsatzbereich von De-Mail in der Privatwirtschaft hat er eine klare Antwort: Die Gehaltsabrechnung sei prädestiniert für das Projekt. Der Grund ist die pure Notwendigkeit, allen Mitarbeitern einmal monatlich den Gehaltszettel per Post zuschicken zu müssen. De-Mail könnte sowohl den zeitlichen als auch den finanziellen Aufwand verringern.

Pablo Mentzinis, Bitkom: "Die Mutter aller De-Mail-Angebote ist die Kommunikation mit den Versicherungen."
Foto: Bitkom

Pablo Mentzinis, beim IT-Branchenverband Bitkom zuständig für den Public Sector, sieht weitere Einsatzszenarien: "Die Mutter aller De-Mail-Angebote ist die Kommunikation mit den Versicherungen." Schließlich könne sich kaum ein Versicherter, sei es ein Unternehmen oder eine Privatperson, alle Zugangsdaten für die diversen Web-Portale merken, auf denen Stammdaten und Verträge eingesehen oder Änderungsformulare abgerufen werden könnten. Hier schaffe De-Mail - genau wie der nPA - Abhilfe, indem die entsprechende Korrespondenz nicht mehr über das Portal, sondern über eine E-Mail stattfinde, erklärt Mentzinis. Da verwundert es nicht, dass der Gesamtverband der Deutschen Versicherer (GDV) von Anfang an das De-Mail-Thema innerhalb des Bitkom vorangetrieben hat.

Axel Wehling, GDV: "Unsere Mitglieder integrieren De-Mail derzeit in ihre Prozesse und machen das neue Kommunikationsmittel bei ihren Kunden bekannt."
Foto: GDV

So setzte der GDV im Rahmen einer sechsmonatigen Pilotierungsphase von Oktober 2009 an in Friedrichshafen am Bodensee De-Mail bei Vertragsabschlüssen oder zur Anpassung des Versicherungsschutzes ein. Betroffen waren also Geschäftsabläufen, bei denen es um die sichere Übermittlung elektronischer Versicherungsdokumente wie Antragskopien, Versicherungsbestätigungen, Rechnungen ging. "Die Kunden hatten während des Pilotprojektes auch die Möglichkeit, sich auf dem De-Mail-Weg von ihrem Versicherer ihre individuelle Rentenlücke berechnen und zusenden zu lassen", berichtet Axel Wehling, Mitglied der GDV-Hauptgeschäftsführung. Ob der Zukunftstauglichkeit von De-Mail macht sich Frank Wermeyer, De-Mail-Geschäftsverantwortlicher bei der Deutschen Telekom, dementsprechend keine Sorgen: "Im Laufe der Jahre werden sich noch Hunderte weiterer Anwendungsfälle ergeben", gibt er sich überzeugt.

Wie groß ist der De-Mail-Kuchen?

Über die Zukunft des alternativen "E-Postbriefs" muss sich dagegen wohl der Rivale Deutsche Post sorgen. Denn dass De-Mail und der lediglich mit einem TÜV-Siegel ausgestattete E-Postbrief nicht nebeneinander werden existieren können, steht für Oetjen außer Frage: "Ich muss kein Wahrsager mehr sein, um zu sagen, dass der E-Postbrief seinem Ende entgegen geht", so der 1&1-Vorstand im COMPUTERWOCHE-Gespräch. Mit der vor knapp zwei Monaten erfolgten Ankündigung, ein eigenes De-Mail-Produkt anbieten zu wollen, habe sich die Post das selbst eingestanden. Marktmacht allein reiche nicht mehr aus, wenn es um die Einführung neuer Produkte und Services gehe, sagt Oetjen. Sie kann aber durchaus förderlich sein, wenn es um die Positionierung als De-Mail-Provider geht. Schließlich hilft den vier großen Anbietern die Menge ihrer Bestandskunden, die nun auch als De-Mail-Nutzer ins Boot geholt werden sollen. Zudem haben Telekom/T-Systems, United Internet, Mentana-Claimsoft und die Post die finanziellen Mittel, eine eigene De-Mail-Infrastruktur aufzubauen.

Steffen Heyde teilt Mentzinis' Meinung nicht.
Foto: Secunet

Dennoch ist der Markt nach Meinung von Bitkom-Mann Mentzinis bereits jetzt zu groß: "Selbst vier Anbieter sind schon eine Menge; der Markt wird sich nach einer gewissen Anlaufzeit deshalb schnell wieder ausdünnen und auf vielleicht zwei Anbieter konzentrieren." Steffen Heyde, Portfolio Manager beim IT-Sicherheitsdienstleister Secunet, der die Entwicklung des De-Mail-Standards von Anfang an begleitet hat, hält dagegen: "Ich glaube nicht, dass sich der Markt auf wenige Player konzentriert, es wird eher einen harten Preis-Leistungskampf der Anbieter im Unternehmensumfeld geben, so wie es auch bei den Telefonanbietern der Fall ist."

Was nützt es den Bürgern?

Dass werbetechnisch besonders im Privatkundenbereich noch viel zu tun ist, sehen auch Teile des Münchner Kreises so, einer gemeinnützigen internationalen Vereinigung für Kommunikationsforschung, der einige einflussreiche Vertreter aus Politik und Wirtschaft angehören. "Die Vorteile von De-Mail sind dem Bürger auf der Straße kaum vermittelbar", war am Rande seiner Fachkonferenz "Sicherheit im Internet" Ende März in München von vielen Teilnehmern zu hören, die sich in einem Workshop mit dem Thema "Sichere Identitäten im Web" beschäftigten.

Das Einsparpotenzial und die verbesserten Geschäftsabläufe, die De-Mail für Unternehmen wertvoll machen, sind für Privatanwender weniger wichtig - gerade, was den außerbehördlichen Schriftverkehr angeht. Das sehen auch die De-Mail-Befürworter so, zumindest einige. "Schauen Sie sich doch an, wie viele Briefe Sie im Jahr noch schreiben, die eine Unterschrift erfordern - bei mir sind es vielleicht noch zwei bis drei", sagt Heyde. Den Weg in die Privathaushalte könnte De-Mail allenfalls über die Unternehmen finden, die ein besonderes Interesse daran haben, die Kommunikation mit ihren Kunden digital und rechtsverbindlich zu betreiben. "Gerade da, wo Zeit ein wichtiger Faktor ist und Geschäftsabschlüsse - auch mit Privatkunden - zeitnah getroffen werden müssen, ist De-Mail für die Unternehmen sinnvoll", betont Heyde. Dass die Kunden unter einen zeitlichen Druck geraten und ihre Entscheidungsgewalt eingeschränkt werden könnten, befürchtet er nicht. Wichtigen Briefverkehr am Wochenende erledigen und die Antwortzeiten verkürzen zu können, sei doch eher ein Vorteil.

De-Mail im Unternehmen einführen

Doch was muss ein Unternehmen tun, wenn es sich entschlossen hat, De-Mail einzuführen? Zunächst steht die zweifelsfreie Identifizierung des Kommunikationspartners an, das Unternehmen muss sich also "ausweisen", damit später die rechtsverbindliche Korrespondenz gewährleistet ist. Es genügt, wenn der Geschäftsführer oder ein anderer Firmenbevollmächtigter an dem "De-ident" genannten Verfahren teilnimmt - es ist nicht nötig, dass sich jeder Mitarbeiter, der De-Mail einsetzen wird, identifiziert. Die genauen Modalitäten des Vorgangs - wie und wo De-ident möglich ist - sind beim jeweiligen Anbieter zu erfragen.

Für Privatanwender gilt: Wer bereits einen neuen Personalausweis (nPA) samt Lesegerät besitzt, kann sich auch mit diesem als De-Mail-Nutzer ausweisen. So ist die Erstidentizierung über den nPA genauso möglich wie die Anmeldung am De-Mail-Konto mit einem besonders hohen Authentisierungsniveau, das beispielsweise für Versandoptionen wie "Einschreiben eigenhändig" und "Absenderbestätigung" benötigt wird. Der nPA ersetzt in diesem Fall eine zusätzliche Signaturkarte oder einen USB-Token.

Adressen rechtzeitig sichern

De-Mail soll so simpel wie möglich zu bedienen sein - gerade für den Privatanwender. United Internet bindet es deshalb als zusätzliches Postfach in die gewohnte Webmail-Oberfläche ein.
Foto: 1&1

Im zweiten Schritt haben "die Kunden die Wahl, ob sie webbasierend oder Gateway-gestützt in den Markt gehen", sagt Wermeyer über das Angebot der Telekom stellvertretend für alle Anbieter. Über das Web funktioniert De-Mail genauso wie eine herkömmliche E-Mail-Lösung mit eigenem Postfach. Lediglich die Zieladresse unterscheidet sich - anbieterabhängig - durch eine zweite Subdomain hinter dem @: "xyz@t-online.de-mail.de" oder xyz@web.de-mail.de sind beispielsweise möglich. Eine gesetzliche Verpflichtung zu einer einheitlichen Form der De-Mail-Adressen besteht zwar nicht, die Anbieter haben sich im Zuge einer technischen Zusammenarbeit aber darauf verständigt.

Geschlossene Gesellschaft: Um die vorgeschriebenen Sicherheitsstandards zu gewährleisten, erfolgen Versand und Empfang nur innerhalb des Verbundes der akkreditierten De-Mail-Provider.
Foto: Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik

Wer sich für die professionellere und kostenintensivere Gateway-Variante entscheidet, erhält - wie bei der Installation eines Telefonanschlusses auch - Besuch von einem Servicetechniker, der die Hardware einrichtet, die von Herstellern wie Funkwerk oder Secunet stammt. Anschließend lassen sich alle Mails wahlweise wie bisher nach dem Adressmuster xyz@firma.de oder per De-Mail-Domäne beispielsweise unter xyz@firma.de-mail.de über die lokalen Mail-Clients verschicken und empfangen. Wer sich schnell für De-Mail entscheidet, hat hier einen Vorteil: Bis Ende des Jahres garantiert das BSI, dass Domaininhaber ihre bisherigen Adressen auch als Subdomains der De-Mail-Domäne verwenden können. Wer also die Domain meinefirma-xyz.de registriert hat, kann sicher sein, dass er zusätzlich die Subdomain meinefirma-xyz.de-mail.de erhält und für das De-Mail-Gateway verwenden kann.

Willkommen im Tarifdschungel

Die De-Mail-Tarife der Telekom sind recht umfangreich: vier DINA4-Seiten, vollbedruckt in kleiner Schrift.

Für die Gateways werden bei allen Anbietern monatliche Bereitstellungsgebühren fällig, die zumeist deutlich über den Grundpreisen bei Web-Versand liegen - im Gegenzug sind die Versandkosten einzelner Mails geringfügig günstiger. So kostet ein Gateway-Zugang mit einem Speicherplatz von zwei Gigabyte bei T-Systems beispielsweise 99,95 Euro netto (rund 119 Euro brutto), der Versand einer De-Mail dann aber nur maximal 37 Cent und damit zwei Cent weniger als bei der Standard-Web-Variante. Zu beachten ist jedoch, dass die Hardware selbst und die Installation jedes einzelnen Gateways ebenfalls noch einmal Kosten mit sich bringen. Ein weiterer Nachteil ist die nicht vorhandene Standardisierung der Gateway-Lösungen. Möchte ein Unternehmen später den De-Mail-Provider wechseln, steht ein größeres Migrationsprojekt ins Haus.

Einen ersten Eindruck von den Preisen bekommen finden Sie in unserer Übersicht auf der folgenden Seite. Detaillierte Informationen über die Gateway-Modelle, die jeweiligen Inklusivleistungen, Mindestvertragslaufzeiten und zusätzlichen Gebühren für Sonderleistungen wie Einschreiben (siehe auch Abschnitt "Versandoptionen im Überblick") sind bei Telekom, 1&1 und Mentana-Claimsoft bereits en detail zu erfahren.

Der "Governikus Multi Messenger" fungiert als anbieterunabhängiges De-Mail-Gateway.
Foto: Governikus KG

Die Kehrseite der Vielzahl verschiedener Preismodelle: Es droht ein neuer Tarifdschungel. Allein die Telekom benötigt vier gefüllte DIN A4-Seiten, um alle De-Mail-Tarife darzustellen. "Im Privatanwenderumfeld hilft die Vielzahl an Preismodellen sicher nicht, De-Mail attraktiv zu machen", kritisiert Frank Schipplick, Director der Governikus KG. Die Vertriebstochter der Bremen Online Services hat Sicherheits-Middleware für die rechtsverbindliche interne Kommunikation bei über 30 Bundesbehörden im Einsatz und verkauft seit neuestem auch den anbieterneutralen "Governikus Multi Messenger" als De-Mail-Gateway-Ersatz. Für die Unternehmensanwender fürchtet er einen negativen PR-Effekt durch intransparente Preismodelle aber nicht: "Die De-Mail-Anbieter wollen den potenziellen Kunden nur die Vergleichbarkeit erschweren, damit diese nicht sofort eine Entscheidung zugunsten der Konkurrenz treffen." Die endgültigen Preise seien üblicherweise Verhandlungssache und hätten mit den veröffentlichen Tarifen nicht mehr viel zu tun, ist sich Schipplick sicher.

Fazit

Ob die Unternehmen den politischen Willen nach einem gelebten De-Mail-Standard umsetzen, wird maßgeblich von einer Frage abhängen: Schaffen sie es, ihre Prozesskosten mit De-Mail insofern zu optimieren, als sich die Investition dafür lohnt? Oder ist das Sparpotenzial bereits ausgereizt? Angesprochen sind besonders die Konzerne, weil dort schon kleine Verbesserungen eine große Wirkung haben können. Für den Privatanwender ist derzeit noch nicht erkennbar, ob ihm De-Mail einen greifbaren Vorteil bringt. Hier muss die Initiative von den Behörden und Ämtern ausgehen, die ihre Bürgerservices vergünstigt per De-Mail zur Verfügung stellen könnten. Auch seitens der Unternehmen wird es jedoch wichtig sein, die Privatkunden ins Boot zu holen, um im Land eine breite Akzeptanz für den neuen Standard herzustellen. Rabatte allein helfen da nicht weiter - es kommt darauf an, wie einfach dem Anwender daheim der Umgang mit De-Mail gemacht wird. Banken und Versicherungen, für die rechtsverbindlicher Schriftverkehr ein Lebenselixier auch im Privatkundenmarkt darstellt, müssen als De-Mail-Pioniere vorangehen.

Was es kosten soll

Was es kosten soll (gerundete Bruttopreise; teilweise gelten bis 31.08.2012 noch Rabatte)

Anbieter & Tarif

Versand pro De-Mail (€)

Monatlicher Grundpreis (€)

Kostenlose De-Mails pro Monat

Einmalige Gebühren (€)

Telekom Business De-Mail Basic

0,39

-

3

10

Telekom Business De-Mail 50

0,39

17

50

10

Telekom Business De-Mail 100

0,39

33

100

10

Telekom Business De-Mail 1000

0,35

320

1000

10

Telekom Business De-Mail Flex (Gateway)

bis zu 0,37

Ab 119

-

Mind. 476

1&1 De-Mail Business 50

0,39

12

50

10

Mentana-Claimsoft De-Mail Standard (bis 1 MB Dateigröße)

0,39

-

-

-

Mentana-Claimsoft De-Mail Maxi (bis 10 MB Dateigröße)

0,78

-

-

-

Mentana-Claimsoft De-Mail Gateway Basic (bis 10 Arbeitsplätze, Identifizierungskosten und eigene Domäne inklusive)

0,28-0,78 (je nach Dateigröße)

118

-

1428

Versandoptionen im Überblick

Wie bei einem postalischen Brief auch kann der Absender einer De-Mail verschiedene Optionen zubuchen, deren Preise je nach Anbieter variieren:

Einschreiben: Der Absender erhält zwei zusätzliche signierte Bestätigungen - einmal darüber, wann er die Nachricht verschickt hat und eine weitere darüber, wann sie dem Postfach des Empfängers zugestellt wurde (nicht, wann der Empfänger sie abgeholt hat).

In der 1&1-Testumgebung lässt sich die Wahl zwischen herkömmlicher De-Mail und De-Mail-Einschreiben treffen.

Persönliche Zustellung: Absender und Empfänger müssen beide mit einem hohen Authentisierungsniveau angemeldet sein (beispielsweise über eine zusätzliche Signaturkarte, einen USB-Token oder den nPA), um die Nachricht versenden und lesen zu können. Interessant ist das beispielsweise dann, wenn es um die Einhaltung von Vertragsfristen geht.

Absenderbestätigung: Der De-Mail-Provider stellt dem Absender eine qualifiziert signierte Bestätigung darüber aus, dass der Absender mit hohem Authentisierungsniveau angemeldet war, als er die De-Mail verschickt hat.

Versandbestätigung: Der De-Mail-Provider stellt dem Absender eine qualifiziert signierte Bestätigung über den Versandzeitpunkt aus.

Zugangsbestätigung: Der De-Mail-Provider stellt dem Absender eine qualifiziert signierte Bestätigung über den Zustellungszeitpunkt im Postfach des Empfängers aus.

Abholbestätigung: Der De-Mail-Provider erstellt dem Absender eine qualifiziert signierte Bestätigung darüber, dass der Empfänger die Nachricht abgeholt hat.

Eine kurze De-Mail-Chronik

Dezember 2006: Die Europäische Union verabschiedet die Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt. Diese sieht unter anderem vor, dass öffentliche Stellen bis Ende des Jahres 2009 elektronische Kommunikation als verbindliches Medium zu akzeptieren haben.

November 2008: Bundesregierung und Wirtschaftsvertreter präsentieren auf dem IT-Gipfel in Darmstadt erstmals öffentlich das Projekt "Bürgerportal".

Februar 2009: Aus dem "Bürgerportal"-Projekt mit den entsprechenden Rechtsvorschriften ist das De-Mail-Gesetz geworden, dessen Entwurfsfassung von der Bundesregierung beschlossen wird.

Oktober 2009: In Friedrichshafen am Bodensee startet ein De-Mail-Pilotprojekt, in dem alle De-Mail-Systeme für ein halbes Jahr im Praxiseinsatz getestet werden sollen.

April 2011: Der Deutsche Bundestag verabschiedet das De-Mail-Gesetz.

Mai 2011: Das De-Mail-Gesetz tritt in Kraft.

November 2011: Das OLG Düsseldorf fällt das abschließende Urteil, dass die Deutsche Post konkurrierenden Anbietern den Einsatz des Post-Ident-Verfahrens verweigern darf. Geklagt hatte 1&1, das mithilfe von Post-Ident die Personenidentifikation für die De-Mail-Registrierung bewerkstelligen wollte. Die erste Instanz hatte 1&1 im März 2011 noch gewonnen.

Februar 2012: United Intenet und die Deutsche Telekom vereinbaren eine Kooperation: United Internet nutzt künftig die De-Mail-Infrastruktur der Telekom, beide Unternehmen vereinheitlichen zudem die Adressmuster.

März 2012: Im Rahmen der CeBIT erhalten mit Mentana-Claimsoft, T-Systems und der Deutschen Telekom die ersten drei De-Mail-Anbieter ihre Akkreditierungsurkunden vom BSI.

September 2012: Im Rahmen der IFA will die Deutsche Telekom mit De-Mail auch im Privatkundensegment starten.

2013: Das neue E-Government-Gesetz soll in Kraft treten. Ein geplanter Bestandteil - wie von der EU bereits 2006 vorgegeben: Behörden und Ämter können nun auch De-Mail und die Signatur des neuen Personalausweises als gleichwertigen Ersatz zur eigenhändigen Unterschrift akzeptieren.