Jeder CIO hat sein berufliches Netzwerk von CIO-Kollegen, mit dem er sich austauscht, komplexe Change-Prozesse bespricht und die Trends in der IT-Branche diskutiert. Nicht nur außerhalb einer Firma ist Networking wichtig, auch innerhalb eines Unternehmens sollte sich ein IT-Entscheider vernetzen. Networking ist die neue Art der Führung.
Wie so etwas im Alltag aussehen kann, berichtet etwa Gabriele Welt, CIO des Pharmakonzerns Sanofi Europe. "Ich netzwerke auch mit Kollegen außerhalb der IT, etwa dem CFO, Kollegen in Marketing und so weiter. Das mache ich nicht nur regelmäßig, das kann auch ad hoc geschehen, wenn wir uns zufällig begegnen", sagt sie. "Diese Netzwerke pflege ich regelmäßig."
Eine solche Verbindung pflegt sie nicht nur auf der gleichen Hierarchie-Ebene, sondern auch mit Mitarbeitern: "Mittagessen, Kaffeepause oder auch mal ein Gespräch im Büro eignen sich gut, um über Dinge zu reden, die über das Tagesgeschäft hinausgehen, oder sich mit Talenten zu unterhalten", sagt Welt. Dafür nehme sie sich viel Zeit. Ohne Netzwerke zu arbeiten oder gar Mitarbeiter zu führen, das geht für CIO Welt nicht. "Ich nenne es immer "Managing by influencing", sagt sie.
Barometer für Projekte
Ein großer Vorteil von internen Netzwerken ist zudem, dass die eine Abteilung einmal von anderer Seite erfährt, was im Unternehmen und in den anderen Fachbereichen vor sich geht. "Für mich ist es wichtig, Informationen von außen zu bekommen. Nur so habe ich eine andere Sicht auf die Dinge, die das Unternehmen gerade bewegen", sagt Sanofi-CIO Welt. Über Netzwerke bekäme sie aktuelle Informationen, in einer Art, wie man sie nicht abfrage. "Das mag zwar akut nicht wichtig sein, verschafft mir aber eine Gesamtsicht auf das Unternehmen, wie man sie in offiziellen Kanälen nicht bekommt", fügt Welt hinzu.
Gleichzeitig verschafft sich die IT-Chefin einen Überblick über ihre eigene Arbeit - aus der Sicht anderer Abteilungen: "So bekomme ich Rückmeldung, wie gut Projekte laufen. Ich betrachte das als Barometer, an dem ablesen kann, was gerade funktioniert und was nicht."
Am Puls des Unternehmens
Aktuelle Themen dringen über Netzwerke schneller zur IT vor, meint auch David Ong, CIO der Cura Unternehmensgruppe mit Sitz in Berlin. "Meine Mitarbeiter und ich bekommen dadurch mit, an welchen Aufgabenstellungen im Unternehmen gerade gearbeitet wird und wo Probleme oder Umstellungen auf uns zukommen werden", sagt der IT-Chef. Übergeordnet würde so etwas zwar auch in den Gremien diskutiert. Aber etwa die Probleme mit speziellen Anwendungen, die Kollegen haben, würden so besser zur IT-Abteilung vordringen. "Zudem haben wir dadurch das Ohr am Puls der Zeit und können uns schon lange auf Änderungen vorbereiten. Das ist gerade für die IT sehr wichtig, denn oft brauchen wir für größere Projekte eine Vorlaufzeit", so Ong.
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Wer nicht netzwerkt, verliert
Das bestätigt auch der Führungskräfte-Coach Peter Buhl: "Für die IT ist es sehr wichtig, schon vorher zu wissen, was auf sie zukommt. Der offizielle Weg, um in einem großem Unternehmen an Informationen zu kommen, kann da manchmal lang und schwierig sein", sagt er. Manchmal bleibt allerdings der inoffizielle Weg versperrt.
In starren Hierarchien ist Networking schwierig und nicht gern gesehen. Auch Coach Buhl kann davon berichten. "Es gibt immer noch Unternehmen, die es nicht gern sehen, wenn Mitarbeiter Informationen austauschen", sagt er. "Das passt nun gar nicht in die heutige Zeit." Die Abläufe im Unternehmen seien inzwischen so komplex geworden, dass Netzwerken unabdingbar sei, um den Überblick zu behalten und sich eine Meinung bilden zu können. Ohne Networking sei Arbeiten heutzutage nicht mehr möglich, sagt der Coach.
So vergrault man Mitarbeiter
Überhaupt: Wer Networking bremst, vergrault Mitarbeiter. "Dass sich die Leute immer stärker untereinander vernetzen, ist ein gesellschaftlicher Trend", meint Cura-CIO Ong. "Der moderne Mitarbeiter lässt sich nicht mehr so auf hierarchische Strukturen ein." Gerade, wer mit Facebook und Co. aufgewachsen sei, der vernetze sich gerne und beinahe schon automatisch. "Das möchte ich aber nicht auf das digitale Vernetzen beschränken, sondern das passiert im Unternehmen persönlich", sagt der CIO.
Effizienteres Arbeiten durch Networking
Die Mitarbeiter bildeten einerseits themenorientierte Strukturen, die über die von der Organisation gebildeten Strukturen hinausgingen, erzählt Ong. "Selbstverständlich werden da auch Verbindungen geschaffen, die auch auf Sympathie gegründet sind", sagt er. Das kann CIO Ong nur begrüßen. Wer gern zusammen arbeitet, schafft mehr: "Ich habe festgestellt, dass das zu schnellerem und effizienterem Arbeiten führt."
Vor allem der Wissensaustausch hat für Unternehmen enorme Vorteile - daher wäre es fatal, Networking zu unterbinden. "Meine Mitarbeiter wissen bei einigen Themen genau, wen sie dafür ansprechen können. Das ist besonders hilfreich, wenn derjenige in einer anderen Abteilung sitzt", meint Ong. Da werde dann gemeinsam Mittag gegessen oder ein Kaffee getrunken und ein Problem informell besprochen. "Das läuft nicht mehr wie früher über langsame bürokratische Wege und ist auch nicht an interne Netzwerkplattformen gebunden", sagt Ong.
Talente binden durch Netzwerke
In vielen Firmen gibt es einen regelmäßigen Austausch. Ong zum Beispiel sitzt als CIO in allen Gremien und steht mit den anderen Führungskräften im Unternehmen ständig in Kontakt. Man könnte meinen, in so einem Fall sei Netzwerken überflüssig. Nicht ganz: "Ich versuche, mich auch parallel mit den Multiplikatoren im Unternehmen zu verbinden", sagt Ong. Oft seien Entscheider in einige Themen nicht so tief eingearbeitet, da sei es von Vorteil, auch mit "Power-Usern" im Kontakt zu stehen, die Herausforderungen bis ins letzte Detail durchdrungen hätten. IT-Chef Ong geht daher auch mal mit den Treibern einen Kaffee trinken - und mit den Talenten im Unternehmen.
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Gerade wenn es um Sonderthemen ginge, sei seine IT-Abteilung nicht mit genügend Personal ausgestattet, erzählt der CIO. Er sei also darauf angewiesen, die IT-affinen Talente aus anderen Fachbereichen zu identifizieren und mit ihnen zu arbeiten. Ohne Networking funktioniert diese Identifikation aber schlecht. Für einen Entscheider eine kluge Strategie: Um besonders fähige Mitarbeiter zu halten, ist es sehr hilfreich, sie auch persönlich ans Unternehmen zu binden. Das sieht auch Sanofi-CIO Welt so: "Ich sehe das als Möglichkeit zur Mitarbeiter-Förderung."
Besserer Ruf der IT-Abteilung
Das Ansehen der eigenen Abteilung kann man damit gleich mit fördern: "Als ich hier anfing, war der Ruf der IT im Unternehmen nicht ganz so gut. Seitdem hat sich viel getan - aber die technische Verbesserung allein reicht nicht aus", sagt Ong. Es müsse auch darum gehen, diese Verbesserungen zu kommunizieren. Das gehe eben nur, wenn seine Mitarbeiter abteilungsübergreifend von Erfolgen erzählten, eben beim Mittagessen oder einem informellen Treffen. "Wenn sich die Service-Zeiten des Help-Desks verlängert haben, kann man so viele E-Mails schreiben, wie man will - das wird nicht wahrgenommen", meint Ong. Stattdessen müsse man im Gespräch auf die Veränderungen hinweisen.
Networking für die Zukunft
Noch über Jahre hinweg kann ein Netzwerk hilfreich sein, selbst wenn ein Kollege ein Unternehmen bereits verlassen hat. Denn inzwischen seien die Übergänge von externen und internen Netzwerken fließend, meint Ong. Mit jedem Mitarbeiter, der geht, verlässt auch ein Teil seines Wissens das Unternehmen. Doch mithilfe der Netzwerke lässt sich dagegen steuern: "Oft sind die Kollegen noch nach dem Fortgang miteinander verbunden und man freut sich, wenn man was von den Kollegen hört", sagt der CIO. "So kann man auf die Erfahrung des Mitarbeiters bei spezifischen Problemen zurückgreifen, die sonst nur auf dem Papier steht - und das reicht eben oft nicht aus."
Können Frauen es besser?
Und wer sind die besseren Netzwerker? Frauen oder Männer? "Ich denke, dass bei Frauen die Bereitschaft höher ist, sich zu vernetzen", sagt Welt. Ob die Qualität des Netzwerkens höher ist, lässt sich schwer beantworten. "Netzwerken ist ein Geben und Nehmen, da spielt es keine Rolle, ob man ein Mann oder eine Frau ist", sagt CIO Welt. "Allerdings glaube ich, dass das integrative Management das Netzwerken erleichtert und darin sind Frauen etwas geschickter."
Sie selbst vernetze sich mit anderen weiblichen Führungskräften im Unternehmen, innerhalb und außerhalb der IT, auch wenn es "davon nicht so viele gibt." Ihr Netzwerk bestehe aus wenigen Frauen, die sich aber umso intensiver vernetzten, sagt CIO Welt. "Frauen haben einen anderen Führungsstil, sehen die Dinge ein wenig anders. Wir tauschen uns dann über unsere Art der Führung aus", sagt die IT-Chefin.
Was Firmen tun können
Führungskräfte-Coach Buhl hält Entscheider dazu an, sich selbst gut zu vernetzen und die Mitarbeiter dazu anzuspornen. Auch Unternehmen könnten dafür eine Menge tun. "Eine Firma muss für das Networking Räume bieten. Es ist zum Beispiel wichtig, bei internen Veranstaltungen sowohl den zeitlichen Ablauf, als auch den Raum an sich offen zu gestalten", sagt er. So wären zum Beispiel kleine Stehtische deutlich besser dafür geeignet als ein großes Plenum. Dieser Tipp lässt sich auch auf Abteilungsebene herunterbrechen: Wer möchte, dass seine Mitarbeiter sich vernetzen, sollte ihnen dafür einen Raum und Gelegenheit bieten.
Richtig planbar sind das Netzwerken und das Kennenlernen der "richtigen" Person nicht. "Auf die menschliche Komponente kommt es an. Das ist ein bisschen so wie auf einer Party", meint Buhl. "Wer interessant ist, mit dem kommt man ins Gespräch. Umso wichtiger ist es, dass es die passenden Räume im Unternehmen gibt, um solche Zufallskontakte zu ermöglichen. Dann kann ein Unternehmen von der vollen Kraft des Networkings profitieren.