Digitales Onboarding

Wie COVID-19 Bewerbungsprozesse verändert

Kommentar  von Sarah  Manning
Der Softwareanbieter Zendesk macht aus der Corona-Not eine Tugend. Bewerbungen, Recruiting und Onboarding laufen nur noch digital und in Videokonferenzen.

Schon vor der Coronavirus-Krise hat der Recruiting- und Bewerbungsprozess bei Zendesk in Teilen virtuell stattgefunden. Das ausschlaggebende Kriterium dafür, jemanden einzustellen, ist für uns nicht, wo er wohnt, sondern welche Skills er mitbringt und ob wir zueinander passen. Deshalb rekrutieren wir für unsere Niederlassungen weltweit über Ländergrenzen hinweg. Die ersten Gespräche mit Bewerbern finden seit jeher per Videotelefonat statt. Deshalb konnte die Abteilung Human Resources bereits Erfahrungen sammeln und diese jetzt nutzen, um auf einen vollständig digitalen Recruiting- und Onboarding-Prozess umzustellen.

Zendesk hat den gesamten Bewerbungs- und Recruiting-Prozess sowie das Onboarding digitalisiert und auf Videoconferencing umgestellt.
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Die größte Umstellung liegt darin, dass es auch bei Zendesk zuvor keine Einstellung ganz ohne vorheriges persönliches Treffen gab. Um herauszufinden, ob man zueinander passt, ist es für beide Seiten enorm wichtig, ein Gefühl füreinander zu bekommen. Bewerber möchten nicht nur die Menschen, mit denen sie zusammenarbeiten sollen, sondern auch den Ort, die Umgebung und Kultur kennenlernen, wo sie künftig einen großen Teil ihrer Zeit verbringen werden.

Recruiting aus dem Homeoffice

Als im Zuge der Maßnahmen gegen COVID-19 die Regelung in Kraft trat, dass alle Mitarbeiter im Homeoffice arbeiten sollten, war Zendesk bereits dabei, den gesamten Recruiting-Prozess zu digitalisieren. Trotzdem mussten wir uns im Rekordtempo anpassen und alle Beteiligten auf die Änderungen vorbereiten. Das gilt nicht nur für die organisatorische Umstellung, sondern vor allem für den notwendigen Mentalitätswandel. Ganz zentral war es, im ersten Schritt all unsere Recruiter zusammenzutrommeln und klar zu kommunizieren, weshalb wir diese Veränderungen vornehmen. So konnten sie dann im nächsten Schritt die Kandidaten informieren, die sich bereits im Bewerbungsprozess befanden und einen Termin zum persönlichen Gespräch hatten. Dabei wurde und wird auf diese kontinuierliche und transparente Kommunikation mit den Kandidaten besonderes Augenmerk gelegt, damit sie sich wohl und eingebunden fühlen.

Im nächsten Schritt galt es, unsere People Managern - unabhängig davon, ob sie momentan rekrutieren oder nicht - bei der Anpassung an die neue Situation zu unterstützen und ihnen eine tiefgreifend Schulung und Orientierungshilfe für virtuelle Interviews anzubieten. Diese Trainings finden nun wöchentlich per Videokonferenz statt und liefern den Managern Anleitungen und Tipps für die neue Situation. Die Inhalte werden im Anschluss auch über die interne Lernplattform "The Lab" geteilt, auf die die Teams jederzeit zugreifen können. So soll sichergestellt werden, dass sich in dieser ungewöhnlichen Situation sowohl Manager als auch Bewerber wohlfühlen. Besonders wichtig war es dabei, die Manager mit der Vorstellung vertraut zu machen, geeigneten Kandidaten nun ein Vertragsangebot zu machen, ohne sie jemals persönlich getroffen zu haben.

Videokonferenzen - 5 Tipps fürs virtuelle Bewerbungsgespräch
Wie Sie im Online-Interview richtig agieren
Immer mehr Unternehmen und HR-Abteilungen gehen dazu über, Bewerbungsgespräche mit Kandidaten via Videokonferenz zu führen. Was bei virtuellen Interviews zu beachten ist, lesen Sie hier.
Technik testen
Testen Sie im Voraus die Technik - und planen Sie, für den Fall, dass ein technisches Problem auftritt, einen zeitlichen Puffer ein. Treten Sie dem virtuellen Meeting bereits einige Minuten früher bei, um Ihre Verbindung zu testen und den optimalen Standort für die Videoübertragung zu finden.
Für Gesprächsdynamik sorgen
Stellen Sie sicher, dass alle Beteiligten des Gesprächs ihre Rolle kennen und wissen, auf was sie ihre Aufmerksamkeit richten sollen. Das sorgt für eine dynamischere und überzeugendere Interview-Erfahrung, die sowohl für Sie als auch für den Kandidaten ein aufschlussreiches Gespräch mit echtem Mehrwert schafft.
Eine ruhige Gesprächsatmosphäre schaffen
Suchen Sie einen ruhigen, privaten und gut beleuchteten Ort, der frei von möglichen Unterbrechungen ist. Schalten Sie Ihre Messaging- und E-Mail-Benachrichtigungen aus, damit Sie während des Gesprächs nicht abgelenkt werden.
Kamera immer auf on
Kameras sollten immer eingeschaltet sein, und während einer der Teilnehmer spricht, sollten Sie die Stummschaltung aktivieren, um jegliche Hintergrundgeräusche zu minimieren.
Auf die Körpersprache achten
Achten Sie während des Gesprächs sowohl auf Ihre als auch auf die Körpersprache der Teilnehmenden. In einem virtuellen Interview sind nicht alle Körperbewegungen und -signale ohne Weiteres wie in einem persönlichen Gespräch erkennbar - was diejenigen Signale und Bewegungen, die erkennbar sind, umso wichtiger macht.

Kommunikation im digitalen Bewerbungsprozess

Über den gesamten Bewerbungs- und Recruiting-Prozess hinweg ist Kommunikation in diesen unsicheren Zeiten wichtiger denn je. Das gilt gleichermaßen intern wie extern. Kandidaten sind möglicherweise verunsichert, ob sie einen Jobwechsel gerade jetzt wagen sollen. Hier muss von Seiten des Unternehmens empathisch, offen und transparent zu allen Entwicklungen, Veränderungen, Prozessen und Vorgehensweisen kommuniziert und Vertrauen geschaffen werden. Mitarbeiterempfehlungen sind heute noch wichtiger als sonst: Kandidaten, die bereits jemanden kennen, der beim potenziellen neuen Arbeitgeber arbeitet und seine Erfahrungen als Angestellter teilen kann, erhalten dadurch zusätzliche Sicherheit, die ihnen dabei hilft, eine so große Entscheidung wie einen Arbeitsplatzwechsel zu treffen.

Zur Einarbeitung und Einführung in die Unternehmenskultur von Zendesk werden normalerweise alle neu eingestellten Mitarbeiter in Europa in unsere EMEA-Zentrale nach Dublin eingeladen. Da das zurzeit aufgrund der Corona-Krise nicht in Frage kommt, sieht sich das Unternehmen nach anderen Möglichkeiten um, diese Einführung und das Gemeinschaftsgefühl auch virtuell zu schaffen. Nicht zu unterschätzen ist durch COVID-19 auch der logistische Mehraufwand, die neuen Mitarbeiter für den ersten Arbeitstag zu rüsten. Während sie im Normalfall ihren Arbeitslaptop und alles was sie sonst benötigen am ersten Tag einfach im Büro überreicht und eingerichtet bekommen, bedarf es nun eines gut geplanten Ablaufs.

Es muss sichergestellt werden, dass unser Lieferant die benötigte Hardware (rechtzeitig) liefern kann. Damit bei unseren neuen Kollegen an ihrem ersten Tag im Homeoffice alles reibungslos läuft, werden die Laptops jetzt vorab zu unserer IT-Abteilung geschickt. Sie richtet die Geräte für die neuen Mitarbeiter ein und schickt sie an deren Wohnadressen. Das alles bedeutet einen erhöhten Organisations- und Koordinationsaufwand - hier muss entsprechend mehr Vorlaufzeit eingeplant werden.

Digitales Onboarding planen

Dieser logistische Prozess wurde bereits mit zwei Gruppen neuer Mitarbeiter durchgespielt. Zendesk stand damit auch vor der Herausforderung, das Onboarding komplett virtuell zu gestalten. Was sonst in zwei Tagen vor Ort passiert, musste nun in geeigneter Weise in die digitale Welt übertragen werden. Auch ohne physisch im gleichen Raum zu sein, sollten die Teams sich kennenlernen und zusammenwachsen können. So wurde schnell klar, dass einige Onboarding-Inhalte kürzer, interaktiver und durch wechselnde Moderatoren abwechslungsreicher gestaltet werden müssen.

Tipps für erfolgreiches Recruiting in der Personalsuche
Tipps für erfolgreiches Recruiting in der Personalsuche
Auch in der IT-Branche müssen Firmen enorme Anstrengungen unternehmem, um die besten Kandidaten in Zeiten des Fachkräftemangels für sich zu gewinnen. Die Unternehmen forcieren deshalb ihre Recruiting-Maßnahmen mit Nachdruck. Agnes Koller von Best Recruiters gibt einige Tipps für die Personalsuche sowie erfolgreiche Rekrutierung von neuen Mitarbeitern.
Es muss nicht teuer sein
Oft zeigen kleine Maßnahmen, die auch mit schmalem Budget umgesetzt werden können, eine große Wirkung.
Persönliche Beziehungen sind Trumpf
Ein persönliches Gespräch sagt mehr als tausend Seiten Text. Geben Sie Talenten daher schon auf Karriereseite und in der Stellenanzeige die Chance, Sie zu kontaktieren.
Kurze Kommunikationswege im Social Web
Verpacken Sie Ihre freien Stellen und Arbeitgeberinfos in interessante Geschichten. Haben Sie dabei stets auch ein Auge auf eingehende Fragen per Direct Messages und beantworten Sie diese zeitnah.
Straffes Anforderungsprofil
Die eierlegende Wollmilchsau war gestern. Überlegen Sie sich für Ihre Stellenanzeigen genau, was der neue Mitarbeiter tatsächlich können muss. Ein zu "episches" Anforderungsprofil - wie es gerade im IT-Umfeld besonders oft der Fall ist - wirkt leicht abschreckend.
Stellenanzeigen als Personalmarketing-Tool nutzen
Achten Sie beim Text auf ein ausgewogenes Verhältnis von Anforderungen und Anreizen und eine passende visuelle Gestaltung.
Kandidaten finden viele Kanäle
Während Kommunikationsprozesse für Bewerbungen vielerorts automatisiert ablaufen, rutschen Anfragen abseits dieser Trampelpfade gerne durch. Beobachten Sie, auf welchen Wegen Bewerber mit Ihnen Kontakt aufnehmen, und definieren Sie auch hierfür entsprechende Prozesse.

Unser erster Eindruck: Es lief überraschend gut. Obwohl, oder gerade weil es für alle eine neue und ungewohnte Situation war, herrschte ein außergewöhnliches Gefühl von Solidarität. Wichtig dafür war sicherlich im Vorhinein zu kommunizieren, dass niemand erwarten sollte, dass alles sofort perfekt funktioniert - auf beiden Seiten und besonders in technischer Hinsicht. Schließlich war es auch für Zendesk eine Premiere. Um ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, wie die Erfahrung für Bewerber und die neu eingestellten Mitarbeiter war und ist, an welchen Stellen wir nachbessern und den Prozess noch angenehmer gestalten können, sammeln wir kontinuierlich Feedback. (pg)