Oftmals bleiben die in Unternehmen eingesetzten Business-Intelligence-(BI-)Systeme Stückwerk. Ein Grund dafür ist, dass die Einführung neuer und die Konsolidierung bestehender BI-Systeme meist halbherzig angegangen wird. Das hat zur Folge, dass ihr Betrieb teuer ist und die hochgesteckten Ziele häufig nicht zu erfüllen sind. Hinzu kommt, dass die gewonnenen Daten in den seltensten Fällen als Grundlage für strategische Entscheidungen dienen und sich somit keine Wettbewerbsvorteile generieren lassen.
Dieser Meinung ist auch das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Gartner. Danach dienen die meisten BI-Lösungen heute lediglich einem Kennzahlen-Reporting. BI sei auch nach vielen Jahren der Nutzung noch zu sehr "bottom-up"-getrieben, was dazu führe, dass Fragestellungen und Messgrößen häufig nicht die seien, die Unternehmensführungen interessierten (siehe auch den Beitrag "Gartner: Unternehmen setzen BI oft planlos ein"). Die Ursache für die halbherzige Herangehensweise ist also in der Regel nicht (mehr) in technischen Restriktionen zu suchen. Es sind vielmehr organisatorische Aspekte, die unterschätzt werden. So ist beispielsweise die Transparenz, die ein solches System mit sich bringt, bei den Beteiligten oftmals nicht erwünscht. Auch ändern sich die Rollen und Aufgaben der involvierten Personen. Dies stellt Besitzstände infrage.
Change-Management
Um BI nun den Stellenwert zu geben, den es eigentlich "verdient", ist ein Change-Management mit viel Umsicht und langer Vorlaufzeit vonnöten. Denn viele Unternehmen sind von den umfangreichen Werkzeugen, die BI-Lösungen bieten, überfordert. Bei den meisten Systemen handelt es sich laut Gartner zudem um hochkomplexe Insellösungen, die über die Jahre hinweg gewachsen sind, Stück für Stück an neue Anforderungen angepasst wurden und daher nicht integriert sind. Die Folgen sind hohe Aufwendungen beim Betrieb der Systeme und inkonsistente Daten von unzureichender Qualität.
Oft sind es die Mitarbeiter von Fachabteilungen schlichtweg nicht gewohnt, bei fachspezifischen Abfragen andere Abteilungen ins Boot zu holen. Auf ihren "BI-Inseln" arbeiten sie folglich völlig autark. Begleitet wird dieses Verhalten oft von dem Vorurteil, dass eine Fachabteilung ihre Flexibilität verliere, wenn sie mit anderen Fachbereichen in langwierigen Prozessen Daten austauschen und abstimmen muss. Diese isolierte Vorgehensweise führt dann zu qualitativ bedenklichen Datenbeständen, was folgendes Beispiel illustriert: Eine Logistikabteilung eines großen Unternehmens betreibt eine isolierte Reporting-Lösung. Sie bezieht ihre Zahlen aus einem konsolidierten ERP-System und bereitet diese zu Berichten auf.
Erhöhter Aufwand durch Insellösungen
In der Folge kann es vorkommen, dass die Abteilung diese Zahlen mit zusätzlichen Kennzahlen aus der Fachabteilung anreichert, diese aber nur in ihrem eigenen System speichert. Damit stehen beispielsweise Kennzahlen der Bestandsführung, die auch der Vertrieb, Finanzen und Controlling benötigen, nicht zur Verfügung stehen. Jeder Fachbereich erstellt stattdessen seine eigenen Analysen und Berichte, die nicht auf einer vergleichbaren Datenbasis beruhen. Im schlimmsten Fall führt das zu falschen Entscheidungen und zu einem hohen Abstimmungsaufwand.
An diesem Punkt wird auch der Unterschied zu einem integrierten BI-System deutlich, dass eine ganzheitliche und unternehmensweite Analyse und Visualisierung von heterogenen Unternehmensdaten zum Ziel hat. Eigenständiger Inselsysteme sollten daher verschwinden, doch setzt ein solches Vorhaben klare Aufgabenbeschreibungen und Rollendefinitionen voraus, die im Rahmen des Change-Managements auszuarbeiten sind. Erfahrungsgemäß wird dies aber auch bei der Implementierung einer integrierten BI-Lösung wie SAP NetWeaver BI leider oftmals vernachlässigt.
Betroffene früh ins Projekt einbinden
Um Interessenkonflikte und Frustrationen unter den Beteiligten zu vermieden sowie alte Verhaltensmuster aufzubrechen, müssen Unternehmen bei der Einführung und dem Betrieb von integrierten BI-Lösungen die organisatorischen Aspekte beachten. Das ist nicht einfach und verlangt einen langen Atem. Die jeweiligen Erwartungen der Nutzergruppen bezüglich Output und Bedienung eines solchen Systems sind dafür doch zu unterschiedlich. Es empfiehlt sich daher alle Beteiligten bereits im Vorfeld aktiv in den Prozess einzubinden. Anders als beispielsweise ein Finanzvorstand oder CEO, der die richtigen Zahlen zur Unternehmenssteuerung erwartet, wollen Fachanwender in erster Linie Abfragen erstellen können, die sie in ihrer täglichen Arbeit entlasten (siehe auch den Beitrag "Business Intelligence: Was Unternehmen wirklich brauchen").
Besonderer Umsicht bedarf es bei der Festlegung der Aufgaben und Zuständigkeiten zwischen IT-Abteilungen und Fachbereichen, da diese sich bei der Einführung eines zentralen BI-Systems bisweilen dramatisch verschieben. Zwar lassen sich heutige BI-Techniken trotz ihrer hohen Integration an die Bedürfnisse beider Parteien anpassen, doch setzt diese ein entsprechendes Know-how voraus. So muss die IT beispielsweise die Prozesse der Kunden genau kennen und kompetente Unterstützung bei der Bereitstellung der benötigten Kennzahlen geben. Den Fachabteilungen müssen eher die Vorteile einer professionellen BI-Plattform vermittelt werden.
Nutzerprofile klar definieren
Hilfe bei organisatorischen Fragen einer BI-Einführung sowie zur Konsolidierung möchte die Themengruppe "SAP NetWeaver und BI" des DSAG-Arbeitskreises Business Intelligence und Corporate Performance Management (BI & CPM) bieten. So hat sie unter anderem zur Orientierung in Projekten vier Nutzerprofile definiert, die aufgrund von unterschiedlichen Rahmenbedingungen in den einzelnen Firmen aber keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit haben. Den Profilen und den Beschreibungen der Kenntnisse und Fähigkeiten (Skills) wurden zudem Werkzeuge aus der SAP-BI-Suite zugeordnet. Die Beschreibung der Werkzeuge und Informationen zu Schulungsangeboten runden die Organisationshilfe ab.
Die Themengruppe hat folgende Profile definiert:
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Der Anwendungsbetreuer: Er fungiert als zentrales Bindeglied zwischen IT-Abteilung und Fachbereich und koordiniert die Umsetzung der Anforderungen aus den einzelnen Fachbereichen in der IT.
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Der Consumer: Er nutzt die Auswertungswerkzeuge als Mittel zum Zweck, ruft lediglich vorgefertigte Analysen auf und interpretiert die wichtigsten Kennzahlen. Diese Aufgabe erledigt er aufgrund seiner hohen Prozesssicherheit in der Regel intuitiv.
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Der Power User: In Absprache mit der IT-Abteilung erstellt er detaillierte Berichte und pflegt das Berichtswesen. Darüber hinaus unterstützt er Analysten und Consumer bei allen Fragen rund um SAP NetWeaver BI, die ihrerseits für die operative Umsetzung auf Fachbereichsebene zuständig sind.
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Der Analyst: Er wertet überwiegend vorgefertigte Berichte über alle gängigen Navigations- und Darstellungstechniken aus. Bei Bedarf erstellt er Ad-hoc-Analysen. Durch seine umfangreiche Prozesskenntnis liefert er zudem Input für die Datenmodellierung.
Die Durchsicht dieser Profile zeigt, dass sich die Aufgaben der Projektbeteiligten verschieben. Nichtsdestotrotz sollte beim heutigen Stand der Technik und bei konsequenter Berücksichtigung der organisatorischen Aspekte einer erfolgreichen Einführung oder Konsolidierung einer BI-Lösung gelingen (as).