Kundenkonferenz in Dublin

Workday will Druck auf SAP und Oracle aufbauen

11.01.2016 von Karin Quack
Dublin war Anfang Dezember 2015 fest in Workday-Hand. Die Ambitionen des kalifornischen Softwarehauses, das von Ex-Peoplesoft-Managern gegründet wurde, waren auf der europäischen Kundenkonferenz "Workday Rising" kaum zu übersehen.
  • Verluste nimmt Workday hin, solange das Wachstum stimmt
  • In alle Richtungen für Kooperationen offen - nur nicht mit Oracle und SAP
  • Kompetenz beim Talent-Management soll auch in Europa und Deutschland Türen öffnen

Einen ersten Eindruck gewannen Konferenzteilnehmer schon am Dubliner Flughafen. Wo man hinschaute, sprang einem die Werbung des Softwareunternehmens mit europäischem Hauptquartier in der irischen Hauptstadt ins Gesicht. Workday beschäftigt in Dublin rund 500 seiner knapp 5000 Mitarbeiter. Das sind zum Großteil Entwickler, aber auch Vertriebler. Workday verkauft seine SaaS-Lösung lieber selbst, als sich auf externe Dienstleistungspartner zu verlassen. Kundennähe gehört zu den heiligen Unternehmenswerten.

Workday hatte Dublin voll im Griff - schon am Flughafen buhlte der Softwareanbieter um Aufmerksamkeit.
Foto: Workday

Apropos Kunden: Zur Konferenz kamen 2015 rund 1000 Teilnehmer aus 250 Unternehmen. Das waren doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Höchste Zeit, einmal zu fragen, wer dieser Anbieter eigentlich ist und was deutsche Unternehmen von ihm erwarten dürfen.

Workday entstand 2005, als der Peoplesoft-Gründer Dave Duffield und sein langjähriger Topmanager Aneel Bhusri beschlossen, Teile des Betrags, den sie mit dem Verkauf von Peoplesoft an Oracle erlöst hatten, in eine Neugründung zu investieren. Das Startup sollte ebenfalls Software für das Human Capital Management (HCM) anbieten, aber technisch innovativer und kundennäher auftreten. Vorgesehen war eine einheitliche Codebasis im Rahmen einer Service-orientierten Infrastruktur mit offenen Schnittstellen sowie neuartigen Funktionen - nicht nur für Personaler und Manager, sondern auch für andere Mitarbeiter im Unternehmen.

Talent- und Performance-Management

Die aktuelle Version 25 deckt unter anderem Talent- und Performance-Management einschließlich Scorecard-Funktionen ab. Anfang 2016, mit Version 26 also, soll der Anwendungskomplex Learning hinzukommen - getreu dem Motto: das Business betreiben und gleichzeitig entwickeln. Für den Herbst dieses Jahres stehen Realtime-Planning und Analytics auf der To-do-Liste. Mehr als 1000 Kunden haben bislang angebissen, verriet das Unternehmen in Dublin, und mehr als 70 Prozent davon seien mit dem Anwendungspaket aus der Cloud, das sie wöchentlich aktualisiert bekommen, live gegangen.

Schon seit 2011 ist die Software auf mobilen Endgeräten verfügbar, mittlerweile auch auf dem iPad. "Alles, was Workday entwickelt, beginnt heute beim Smartphone des Anwenders", behauptete Joe Korngiebel, Senior Vice President für Customer Experience, Mobile und Innovation.

In den USA bietet Workday seit 2007 auch Finanzanwendungen an. Dafür gibt es derzeit 160 Kunden, davon etwa 90 aktive. Sie setzen zumeist auch die HCM-Software ein. Allerdings glauben Analysten überwiegend nicht daran, dass sich das Finance-Produkt gegen bestehende Installationen in den Anwenderunternehmen durchsetzen kann. Trotzdem passt Workday es sukzessive für die europäischen Märkte an. Eine deutschsprachige, auf die heimische Steuergesetzgebung abgestimmte Version kommt voraussichtlich im kommenden Spätsommer oder Frühherbst auf den Markt.

Workday schreibt noch keinen Gewinn

Workday ist derzeit noch immer nicht profitabel, doch das Management scheint das einkalkuliert zu haben, solange das Wachstum dynamisch verläuft. Mark Nittler, Vice President Enterprise Strategy, führt die Verluste - im Finanzjahr 2015 (Ende: 31. Januar 2015) waren es 248 Millionen Dollar - auf das Cloud-Modell zurück: "Alle Cloud-Unternehmen sehen erst einmal wenig profitabel aus, aber das legt sich mit der Zeit." Während konventionelle Softwareanbieter die Lizenzgebühr bei Vertragsabschluss verbuchen könnten, ließen sich Cloud-Subskriptionen eben nur in dem Tempo gutschreiben, in dem der Kunde sie "verbrauche".

Laut Mark Nittler, Vice President Enterprise Strategy bei Workday, braucht das Cloud-Business einen längeren Atem.
Foto: Workday

Vorerst wollen die Workday-Macher lieber ihre Produkte und Services weiterentwickeln als Investoren kurzfristig glücklich zu machen. "Wenn wir wollten, wären wir profitabel", sagt der deutsche Geschäftsführer Christoph Kull, "aber wir investieren lieber in die Marktbearbeitung." Jetzt würden die Weichen gestellt, und Workday habe gegenüber den Wettbewerbern einen Vorsprung, der gehalten werden solle.

Die Zeit ist reif für den deutschen Markt

In Deutschland ist Workday seit 2008 präsent, zunächst aber nur mit einer fünf-köpfigen Entwicklungsabteilung, deren Ursprung sich auf ein in München ansässiges Peoplesoft-Team zurückführen lässt. Am 21. Januar 2015 wurde die Zentrale in München ins Leben gerufen, außerdem gibt es ein Büro in Karlsruhe. Auch in Zürich ist Workday ansässig, laut Geschäftsführer Kull ist man dort "ein bis zwei Jahre weiter" als in Deutschland.

Warum hat sich Workday so viel Zeit gelassen mit dem Angriff auf den deutschen Markt? "Wir wollten sicherstellen, dass sowohl das System als auch unsere Mitarbeiter bereit waren", beantwortet Kull dieses Frage. Angeblich hat Workday doch aber schon mindestens 170 Kunden in Deutschland. Wie passt das zusammen? - Offenbar verbergen sich hinter dieser Zahl viele Niederlassungen internationaler Konzerne. "Weniger als zehn Prozent" der gezählten Kunden hätten ihr Headquarter tatsächlich in Deutschland, räumt Kull ein.

Der Mittelstand interessiert sich für die Cloud

Workday werde aber nun verstärkt deutsche Unternehmen aus dem "gehobene Mittelstand" gewinnen, so der Geschäftsführer. Diese seien meist international aufgestellt - "und hier hat eine Cloud-Lösung Vorteile, weil sie agil und anpassbar ist." Laut Kull haben die deutschen Mittelständler "die Cloud verstanden" und sind sehr aufgeschlossen. Diese Einschätzung deckt sich mit den Ergebnissen einer aktuellen Studie von Crisp-Research, wonach 85 Prozent der mittelgroßen Betriebe entweder schon Software aus der Cloud beziehen oder das zumindest planen.

Christoph Kull, Geschäftsführer Workday Deutschland, ist sicher: Workday könnte schon profitabel sein...
Foto: Workday

Das sehen auch andere Marktbeobachter so. Frank Niemann, Vice President Software and SaaS Markets bei Pierre Audoin Consultants (PAC), hält den Mittelstand durchaus nicht für "so konservativ, wie immer behauptet wird". Auch habe diese Zielgruppe längst die Bedeutung innovativer Personalführung als Wettbewerbsfaktor verstanden. Das bringt Niemann zu einer positiven Einschätzung der Marktchancen für Workday: "Nur wenige Lösungsanbieter haben es geschafft oder überhaupt wirklich versucht, sich dem deutschen Mittelstand zuzuwenden. Diese Chance kann Workday ergreifen". Um hierzulande erfolgreich zu sein, sei jedoch ein "möglichst lokaler" Auftritt unabdingbar.

EU-Strategie statt Safe Harbor

Workday sichert EU-Kunden zu, dass ihre Daten ausschließlich innerhalb der EU-Grenzen - also derzeit in Dublin - und dort auch von europäischem Personal gespeichert und verarbeitet werden. "Es gibt keine Zugriffe aus den USA", verspricht EMEA-Chef Chano Fernandez. Mit der gerade angekündigten "EU Support Policy" kommt Workday zum richtigen Zeitpunkt heraus. Erst im vergangenen Oktober hatte der Europäische Gerichtshof das "Safe-Harbor-Abkommen" für ungültig erklärt. "Wir haben uns noch nie auf Safe Harbor verlassen", betont Fernandez, "wir sind zertifiert nach den Sicherheitsstandards ISO/IEC 27001 und 27018". Die meisten Kunden seien "zufrieden mit unserer Policy".

Aber die günstige Gelegenheit für Public Relations wollte man sich wohl doch nicht entgehen lassen. Und der Schachzug war offenbar erfolgreich. Wie der Europachef stolz berichtet, hätten vor allem in Deutschland und Österreich die Kunden und Interessenten positiv auf die Ankündigung der neuen Policy reagiert. Das bestärke ihn in der Hoffnung, dass Workday die Datenschutzbedenken seiner europäischen Klientel richtig adressiere.

Joachim Haydecker, Senior Analyst bei Crisp Research, kennt die Empfindlichkeiten deutscher Kunden in Sachen Cloud-Sicherheit und Datenschutz.
Foto: Crisp Reasearch

Das bestätigt indirekt auch Joachim Haydecker, Senior Analyst bei Crisp Research: "Für den deutschen Mittelstand ist dies eines der wichtigsten Argumente. Man sehe sich nur die positive Resonanz auf den Deal zwischen Telekom und Microsoft an, die vorhaben, ein deutsches Office 365 anzubieten."

Aus Sicht von Haydeckers Standeskollegen Niemann marschiert Workday mit seiner EU-Policy sogar in die einzig richtige Richtung: "Es ist ein Muss für Cloud-Anbieter, europäische Datenzentren vorzuhalten und zu gewährleisten, dass die Daten dort auch bleiben. In besonderem Maße gilt dies für personenbezogene Daten, mit denen sich Workday nun einmal befasst."

Kunden beeinflussen die Weiterentwicklung

Workday-Kunden haben sich auch deshalb für den Provider entschieden, weil sie eine "echte" Cloud-Lösung fordern - mit allen Konsequenzen. So behauptet Denis Sacré, Vice President HR Services beim französischen Pharmakonzern Sanofi: "Wir haben bei Workday testweise nachgefragt, ob sie vielleicht hier und da ein bisschen customizen könnten. Wir wollten ein striktes Nein hören, keine windelweichen Ausreden." Das hätten sie dann auch bekommen.

Nun, ganz so strikt sei das Nein auch wieder nicht gewesen, korrigiert CEO Bhusri seinen Vorzeigekunden: "Wir haben viele Anforderungen von Sanofi erfüllt. Aber wir haben die Änderungen dann all unseren Kunden zugänglich gemacht." Die individuellen Features für Sanofi wurden also Bestandteil des allgemeinen Produkt-Release. Und damit war der Kunde dann in doppelter Hinsicht zufrieden.

Workday ließ in Dublin keine Gelegenheit aus, um Aufmerksamkeit zu erregen.
Foto: Workday

Wie die Workday-Manager beteuern, sind die Kunden die wichtigste Quelle für Produktinnovationen. Es gibt einen Kundenbeirat und einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess, in dessen Rahmen die Anwender ihre Vorschläge formulieren können und dann abstimmen, welche umgesetzt werden sollen. "Diese Praxis trägt zum Community-Building bei", lobt Sacré, "wir können uns so mit anderen Anwendern austauschen." Wie Insider berichten, geht es bei diesem Austausch allerdings manchmal zu wie auf einem orientalischen Bazar.

Talent-Management wird immer wichtiger

Sanofi ist seit mehr als zwei Jahren Workday-Kunde. Der Arbeitgeber für rund 110.000 Menschen in etwa 100 Ländern will seine Human Resources "neu positionieren", wie Sacré formuliert. Der Bereich, in dem es am meisten zu erneuern gab, war das Talent-Management. Hier waren aufgrund von Fusionen und Übernahmen mehrere Lösungen im Einsatz, aber keine, die tatsächlich unternehmensweit genutzt werden konnte: "Es gab keine Self-Service- und auch keine Cloud-Kultur", konstatiert der HR-Chef.

Sacré spricht gern über Kultur: Sein Ziel sei es gewesen, Prozesse transparenter zu machen, Manager und Mitarbeiter in eine Position der Kontrolle zu bringen und eine "kollaborative Kultur" zu schaffen. Dazu gehöre ein "proaktiver Ansatz" für die Mitarbeiterentwicklung, eine Personalplanung, die den Namen verdiene, sowie ein "Kulturwandel" auch auf den höheren Hierarchiestufen: "Wir müssen aus Managern Leader machen." Die Human Resources könnten hier einen neuen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten. Damit das mit dem Kulturwandel klappe, benötige ein Konzern wie Sanofi allerdings 20 bis 25 Change-Manager, warnt Sacré.

Wenngleich aus Sicht von Deutschland-Geschäftsführer Kull Talent-Management eine Workday-Funktion unter vielen ist, so halten Marktbeobachter diesen Aspekt für einen Wettbewerbsvorteil. Crisp-Resarch-Analyst Haydecker glaubt, dass sich Workday von konkurrierenden Systemen abgesetzt hat, "indem sie sich - von der HR-Verwaltung kommend - dem Talent-Management-Thema geöffnet haben." Hier ließen sich viele Unternehmen abholen: "Das alte Modell der reinen Verwaltung von Mitarbeitern hat ausgedient", so der Analyst. "Das Finden, Entwickeln und Halten von Talenten wird immer wichtiger."

Insider-Wissen über Wettbewerber

Für einen großen SAP-Kunden wie Sanofi wäre es naheliegend gewesen, konzernweit SAP HR einzuführen. Doch dann übernahmen die Walldorfer SuccessFactors und kommunizierten, dass die Migration der HR-Anwender auf das Cloud-basierende Produkt aus SAP-Sicht der obligatorische Weg in die Zukunft sei. Sacré sagte sich: Wenn Sanofi seine HR-Unterstützung schon aus der Cloud beziehen soll, dann lohnt sich vielleicht auch ein Blick auf die SAP-Wettbewerber.

Das taten damals offenbar auch andere Unternehmen. Europa-Chef Fernandez stand vor seinem Engagement bei Workday in Diensten von SAP. Seinen Ausführungen zufolge wurde die Arbeit dort schwieriger, weil einige wichtige Kunden zu Workday wechselten. Neben Sanofi hätten sich auch Unilever, Philips sowie der Getränkekonzern Diageo, bekannt durch zahlreiche geistige Getränke und das schwarze Guiness-Bier, zum Newcomer geflüchtet.

Denis Sacré, Vice President HR Services beim französischen Pharmakonzern Sanofi, und Workday EMEA-Chef Chano Fernandez auf der Bühne in Dublin.
Foto: Workday

Sanofi-Manager Sacré erläutert die Gründe für den Anbieterwechsel: Mit Success Factors hätte er sich nach eigenen Worten ein vierjähriges Projekt ans Bein gebunden, "ohne wirklich viel Innovationen dafür zu bekommen." Dann doch lieber gleich einen harten Schnitt! Die Cloud-Software von Oracle schied aus damaliger Sicht ebenfalls aus: "Die wäre heute vielleicht diskutabel, damals war sie es nicht." Workday sei folglich "der einzige ernstzunehmende Konkurrent gewesen." Für dessen Produkt habe unter anderem gesprochen, dass es sich leicht navigieren lasse und "wirklich integriert" sei.

Cape-Clear-Übernahme brachte Infrastrukturbasis

Die tiefe Integration verdankt Workday seiner One-Platform-Strategie. Und die wiederum lässt sich auf eine im Jahr 2008 getätigte Akquisition zurückführen. Damals verkaufte Annrai O`Toole, einer der Pioniere in Sachen Web-Services, sein Unternehmen Cape Clear an Workday. Die dort entwickelte Web-Services-Integration bildet nun die infrastrukturelle Basis für alle Workday-Applikationen.

O’Toole selbst ist heute der "europäische CTO" von Workday. Darauf angesprochen, wozu das Unternehmen einen dedizierten europäischen Technikchef brauche, lacht der charismatische Ire: "Mir ist es völlig egal, welchen Titel ich trage." Workday sei schon vor der Übernahme sein Kunde gewesen. Und es habe sich damals gerade der Trend abgezeichnet, dass Anwendungsanbieter eine eigene Infrastruktur als Integrationsbasis verwendeten: "Die ursprünglichen Standalone-Infrastrukturen haben sich überlebt. Tibco ist als letzter Anbieter übrig geblieben."

Weshalb braucht ein SaaS-Anbieter wie Workday eine solche Infrastruktur? - Vor allem deshalb, weil ein HR-System Anschluss an bis zu 200 unterschiedliche Anwendungen habe, erläutert O’Toole. Um diese Komplexität zu managen, sei eine robuste und flexible Infrastruktur unabdingbar.

O’Tooles Entwickler erledigen die Arbeit, die der Kunde zwar spürt, aber nicht sieht. Derzeit sind sie unter anderem damit beschäftigt, die noch weitgehend monolithischen Workday-Applikationen in Microservices zu zerteilen. Das ist zum Beispiel notwendig, um innovative Funktionen wie lernende Maschinen und Sprachverarbeitung (Natural Language Processing) differenzierter unterstützen zu können.

Annrai O Toole, europäischer CTO von Workday, kennt sich aus mit Softwareintegration. Er kam durch die Übernahme von Cape Clear ins Unternehmen.
Foto: Workday

Darüber hinaus will das Entwicklerteam das klassische ETL-Verfahren (Extract, Transform, Load) für Datenübernahme- und Dateanalyseverfahren durch einen weniger aufwändigen und schnelleren Prozess ersetzen, der auch das Bereinigen und Kategorisieren der Fremddaten während der Übernahme unterstützt. Die "CloudLoader" getaufte Funktion soll das Go-live für neue Objekte beschleunigen und die Verbindung zwischen Workday-Daten und externen Datenquellen vereinfachen.

Eigenes Ökosystem im Aufbau

Da Workday nicht alle von seinen Kunden benötigten Anwendungen selbst entwickeln kann oder will, geht das Unternehmen seit Jahren Partnerschaften mit anderen Softwareanbietern ein. Bereits vier Jahre dauert eine Kooperation mit dem CRM-Experten Salesforce.com an. Laut Enterprise-Development-Chef Nittler wird diese Zusammenarbeit immer "reicher" und stärker: Kunden könnten die Vertriebsfunktionen von Salesforce nutzen und die Daten an Workday Financials übergeben.

Ganz neu ist ein Abkommen mit ADP, einem alteingesessenen Spezialisten für Software und Services auf dem Gebiet der Personalinformationen: Ab der HCM-Version 27 soll ADP dort bei der Erfassung lokaler Payroll-Informationen aushelfen, wo es dafür noch keine landesspezifische Workday-Funktion gibt. Auch mit Microsoft strebt Bhusri eine "tiefere Integration" an, die er aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht näher spezifizieren möchte.

Oracle und SAP hingegen werden wohl aus diesem Ökosystem ausgeschlossen bleiben. Ersteres nicht nur wegen persönlicher Antipathien der Workday-Gründer, sondern auch, weil Oracle mit HCM Cloud mittlerweile ein ernstzunehmendes Konkurrenzprodukt zu bieten hat. Auch SAP ist mit SuccesFactors ein direkter Wettbewerber, eine Partnerschaft schließt Geschäftsführer Kull deshalb kategorisch aus. Immerhin hat Workday vor etwa sechs Monaten eine Schnittstelle freigegeben, über die sich beispielsweise die SAP-Payroll-Anwendung mit Workday HCM integrieren lässt.

In der Kooperation mit anderen Anbietern sieht Crisp-Research-Mann Haydecker eine Trumpfkarte, die Workday ausspielen könne. "Auch wenn es nicht immer einfach ist, einem Mitbewerber einen Teil vom Kuchen zu überlassen, unterstützt Workday durch seine offenen Schnittstellen die Anbindung von Konkurrenzsystemen", stellt der Marktbeobachter fest. "Das bietet Kunden einen wichtigen Vorteil, da sie sich ihr System so zusammenstellen können, wie es für ihre Bedürfnisse am besten ist."

Partnerschaften wie die mit ADP ebnen Workday in Deutschland den Weg, meint Frank Niemann, Vice President Software and SaaS Markets bei PAC.
Foto: PAC

Auch PAC-Analyst Niemann sieht hier Chancen: "Partnerschaften wie die mit ADP in Sachen Global Payroll sind strategisch, um den Kunden umfassende Services zu bieten." Die Partner spielten eine zentrale Rolle für das weitere Wachstum des Unternehmens, da mit der Verbreitung der Plattform auch der Bedarf an Umsetzungskapazität steige.

Produkt und Plattform genießen Sympathien

Eher ungewöhnlich ist laut Niemann in diesem Zusammenhang, dass Workday die Lösungen durchweg selbst verkauft, anstatt Dienstleistungs-Partnerschaften dafür zu nutzen. Das Vertriebskonzept sehe sogar vor, dass immer ein Workday-Team in das Projekt eingebunden sei, sogar wenn ein Partner das Vorhaben steuere. Eine entscheidende Frage sei folglich, ob und wie es Workday gelinge, hierzulande aus eigener Kraft die erforderlichen Vertriebs- und Beratungskapazitäten vorzuhalten.

Davon abgesehen habe das Unternehmen "angesichts der wachsenden Nachfrage nach innovativen HCM-Lösungen" gute Chancen, "eine wichtige Rolle auf dem deutschen Markt zu spielen", urteilt Niemann. Produkt und Plattform seien jedenfalls überzeugend. Diese Ansicht teilt auch das renommierte Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Gartner. Es bescheinigt der HCM-Suite sowohl hinsichtlich des Funktionsumfangs als auch in Bezug auf die Architektur mit den beiden großen Konkurrenten Oracle und SAP mehr als nur mithalten zu können.

Vor allem in Sache Kundenzufriedenheit sticht Workday seine Mitbewerber Gartner zufolge aus: In den Kategorien Produktqualität, Systemdurchsatz, Anwenderfreundlichkeit (Mitarbeiter/Manager), Systemverwaltung, Workflow, Reporting/Analytics, Integration mit anderen Anwendungen, Anpassungsfähigkeit/Erweiterbarkeit, Dokumentation und Verfügbarkeit von Trainings liegen die Urteile, die Workday-Kunden abgeben, über dem von Gartner errechneten Durchschnitt. Die höchsten Punktzahlen erzielen die Aspekte Qualität, Integrationsfähigkeit und Performance. Trainings und Benutzerfreundlichkeit fallen dagegen leicht ab.

Weniger überzeugt ist Gartner allerdings vom Community-basierten Entwicklungskonzept: "Workdays Fähigkeit zur Entwicklung erweiterter Funktionen ist beschränkt", urteilen die Analysten. Zudem bemängeln sie, dass es außerhalb Nordamerikas noch zu wenige Referenzkunden gebe. Und last, but not least sei Workday nicht gerade eine Billiglösung. Der Anbieter nehme "Premium-Preise", und der Wechsel auf seine HCM-Suite erfordere hohe Anfangsinvestitionen, die sich möglicherweise jedoch auf längere Sicht auszahlten.