Tieto Enator nähert sich Deutschland durch Zukäufe

25.03.2004
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Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Mit diesem Vorgehen bekräftigt Tieto Enator das Image des lokalen Anbieters, behebt aber nicht die Schwäche, auf die Analysten häufig hinweisen. "Ich habe Tieto Enator immer als solide und mit kompetenten Mitarbeitern besetzt wahrgenommen. Das Unternehmen hat aber Probleme, Skaleneffekte zu erzielen, wenn es um internationale Deals geht", bemängelt Pascal Matzke, Consulting Director der Meta Group. Das sehen die heimischen Großanwender ähnlich und entscheiden sich bei umfangreichen Outsourcing-Deals vornehmlich für internationale Konkurrenten wie IBM, Hewlett-Packard und CSC. Laut einer Erhebung des Brancheninformationsdienstes "Computerwire" vergaben skandinavische Unternehmen im letzten Jahr 20 Auslagerungsprojekte mit einem Wert von jeweils mehr als einer Milliarde Euro, nur sechs wurden von lokalen Anbietern gewonnen.

"An den großen Infrastruktur-Deals des letzten Jahres in Skandinavien haben wir uns nur dort beteiligt, wo sie in größerem Umfang vertikales oder Applikations-Know-how umfassten", sagt Lehti dazu. Die letztjährigen großen Auslagerungsprojekte in Skandinavien waren aber Infrastrukturvorhaben: Der Finanzkonzern Nordea, Tieto-Enator-Kunde im Applikationsbetrieb, lagerte für 2,7 Milliarden Dollar an IBM aus. Die Fluggesellschaft SAS vergab einen mit 1,5 Milliarden Dollar dotierten IT-Outsourcing-Vertrag an CSC, und Hewlett-Packard betreibt die IT von Ericsson für eine Milliarde Dollar.

"Die globalen IT-Dienstleister haben die großen skandinavischen Anbieter wie Tieto Enator und WM-Data enorm unter Druck gesetzt", beobachtet Sinz. Mittlerweile hat Tieto Enator laut PAC-Zählung seine Spitzenposition im skandinavischen Software- und Servicemarkt, die es zwischenzeitlich durch die Fusion des finnischen Hauses Tieto mit der schwedischen Anbieter Enator vom schärfsten regionalen Widersacher WM-Data übernommen hatte, an IBM verloren. "Für Tieto Enator stellt sich nicht allein die Frage nach der Position im internationalen Servicegeschäft. Das Unternehmen muss auch eine Antwort auf die Frage finden, wie es mittel- und langfristig die Marktanteile im Heimatmarkt sichern will", kommentiert Sinz ein.

Gekauftes Wachstum

 Tieto Enator ist mit rund 13 000 Mitarbeitern weltweit der größte skandinavische IT-Dienstleister vor dem Konkurrenten WM-Data. Das Unternehmen entstand im April 1999 aus der Fusion der finnischen Tieto Corp Oy mit der schwedischen Enator AB. Im letzten Jahr konnte der Serviceanbieter seine Einnahmen um acht Prozent auf 1,37 Milliarden Euro steigern (davon 1,276 Milliarden Euro in Skandinavien). Der Gewinn verbesserte sich um gut zehn Prozent auf 130 Millionen Euro. Die Ebita-Marge belief sich auf 10,4 Prozent. Organisch wuchs Tieto Enator im letzten Jahr allerdings nicht, das Umsatzplus ist den acht im letzten Jahr übernommenen Firmen zu verdanken. Das Gros der Einnahmen stammt aus den Branchen Banken und Versicherungen, öffentliche Hand und Telekommunikation. In Deutschland beschäftigt Tieto Enator rund 350 Mitarbeiter. Seit Juni 2001 übernahmen die Skandinavier die hiesigen Unternehmen MAS

GmbH, Sykora GmbH, Seals Document Services GmbH sowie die Inveos AG.

Die von Tieto-Enator-Chef Lethi formulierte Strategie sieht vor, sich auf wenige vertikale Märkte zu konzentrieren und diesen hochwertige Dienste anzubieten. "Wir haben uns von einem Anbieter mit horizontalen Massendiensten zu einem Dienstleister mit hochwertigen Branchenlösungen entwickelt", erklärt Lehti. Das Unternehmen wird als global tätiger Nischenanbieter ausgerichtet. So sei man etwa in der Holz- und Papierbranche mit einem weltweiten Marktanteil von 35 Prozent die Nummer eins, und auch in anderen vertikalen Märkten zählt sich Tieto Enator zur Weltspitze.

Die Anwender scheinen mit dem Anbieter zufrieden, die Analysten bescheinigen Tieto Enator gute und stabile Kundenbeziehungen. Doch der Markt ist im Umbruch: "Der Trend bei den Anwendern geht dahin, sich auf wenige hochwertige Beziehungen zu konzentrieren", schildert Matzke. "Die großen Anwender neigen zu internationalen One-Stop-Shops wie IBM, EDS, CSC und HP." Sollte sich diese Entwicklung fortsetzen, bliebe den regionalen Nischenanbietern nur die Rolle des Juniorpartners großer IT-Dienstleister.