Mitarbeiter bekommen mehr Freiraum

Der BI-Arbeitsplatz der Zukunft

29.07.2013
Von K-D Schulze, V Oßendoth C. Dittmar
Mitarbeiter wollen nicht nur Anweisungen befolgen und vorgefertigte Inhalte konsumieren. Sie wollen eigene Ideen einbringen und Informationen nach ihren Wünschen verknüpfen. Das gilt auch für die Nutzer von Business-Intelligence-Systemen (BI).
BI-Anwender werden künftig mehr Freiheit erhalten. Das ergab eine Studie.
BI-Anwender werden künftig mehr Freiheit erhalten. Das ergab eine Studie.
Foto: Terry Chan/Shutterstock

Zwar sind noch 40 Prozent der BI-Anwender reine Empfänger von Standardberichten, die sie, wenn überhaupt, nur marginal weiter anpassen. Doch in jedem vierten Unternehmen gehen die BI-Verantwortlichen davon aus, dass künftig BI-Architekturen an Bedeutung gewinnen werden, die den Anwendern mehr Spielraum lassen. Das sind Ergebnisse der Europäischen "Business Intelligence Maturity Audit"-Studie 2012/13 (biMA) des Beratungsunternehmens Steria Mummert Consulting.

Aufgrund sich schnell verändernder Märkte und verkürzter Innovationszyklen müssen Unternehmen zunehmend kurzfristige, informationsbasierte und fundierte Entscheidungen treffen. CEOs wollen zudem heute wissen, was als nächstes passiert – nicht was letzte Woche oder letztes Jahr gelaufen ist. Entsprechend zügig werden analytische Daten und Auswertungen benötigt, um geschäftskritische Fragestellungen zu beantworten. Selten ist Zeit, lange Umwege über offizielle Demand-Management-Prozesse zu nehmen oder auf die meist stark ausgelastete IT-Abteilung zu warten.

So neigt sich die Ära vom passiven Anwender, der ausschließlich Empfänger von vordefinierten Standardberichten ist, dem Ende zu. Der BI-Arbeitsplatz der Zukunft wird durch technisch flexible Lösungen gekennzeichnet sein, die es den Anwendern erlauben, Analysen in Echtzeit und graphisch aufbereitet durchzuführen und dabei auch Daten aus Drittquellen ad-hoc einzubinden.

Data Scientists sind begehrt

Data Scientists sind als interne Berater für das Management immer stärker gefragt. Diese BI-Fachexperten benötigen ein Höchstmaß an Flexibilität und Freiheit. Sie fungieren als Lotsen in der wachsenden Informationsflut und unterstützen das Management proaktiv, indem sie in geschäftskritischen Entscheidungsprozessen Daten aufbereiten und fachlich interpretieren.

Für die komplexen Analysen nutzen Data Scientists Daten aus den unterschiedlichsten Quellen, nicht nur aus dem eigenen Data Warehouse. Sie verwerten dabei sowohl bereits strukturierte Informationen wie Excel-Tabellen als auch komplett unstrukturierte Daten wie Studientexte, Weblogs oder E-Mails. Die Experten sind technisch geschult und gleichzeitig tief in die geschäftliche Materie eingearbeitet. Der Vorstand oder die Abteilungsleitung erhält fertige Szenarien über künftige Entwicklungen geliefert sowie aufbereitete Entscheidungsvorlagen.

Der Anteil der Data Scientists, die in Unternehmen als BI-Nutzer tätig sind, soll von heute sechs Prozent auf zehn Prozent in den kommenden Jahren wachsen, so die biMA-Studie. Die gut ausgebildeten Experten sind auf dem Arbeitsmarkt allerdings eine äußerst knappe und teure Ressource. Viele Unternehmen setzen auf externe Kräfte anstatt eigene Mitarbeiter für dieses Rollenprofil zu qualifizieren. Jedem vierten Unternehmen fehlt internes Know-how. Durch die Big-Data-Debatte verschärft sich der Wettbewerb um geeignete Spezialisten zusätzlich. In welchem Umfang Unternehmen kurzfristig neue Kräfte rekrutieren können, bleibt also abzuwarten.

Agilere BI-Architekturen erforderlich

Mehr Freiheit, Flexibilität und Analysefähigkeit sind das Ziel. Dies stellt die nach traditionellen Mustern aufgebauten BI-Landschaften jedoch vor beträchtliche Herausforderungen, denn deutlich agilere BI-Architekturen sind gefragt. Zukünftig muss eine steigende Anzahl von Anwendergruppen viel schneller, fokussierter und individueller mit Informationen versorgt werden, zum Teil auch auf der feinsten Granularitätsstufe. 51 Prozent der für die biMA-Studie Befragten sehen zum Beispiel einen wachsenden Bedarf an Self-Service-BI-Funktionalitäten. Dabei können Anwender je nach Softwarehersteller Berichte oder Dashboards im definierten Rahmen modifizieren oder sogar individuell Daten integrieren.

In diesem Zusammenhang gewinnen sogenannte (temporäre) Sandboxes an Bedeutung. Mit ihnen werden bestimmte Anwendungen bewusst vom Rest der übrigen BI-Systeme getrennt. In dieser Umgebung können Anwender ihre Auswertungen frei durchführen und mit den Daten interaktiv ohne Auswirkungen auf den übrigen analytischen Plattformen arbeiten. 13 Prozent der Unternehmen setzen heute bereits Sandboxes ein, so die Studie. Künftig planen mehr als doppelt so viele mit dieser Form der flexiblen Integration fachlicher Daten für Sonderanalysen zu arbeiten.

Keine Freiheit ohne Grenzen

Der Umbau der BI-Landschaften ist ein wichtiger Schritt von der standardisierten Berichtserstellung hin zu maßgeschneiderten Lösungen. Der Faktor „Time-to-Market“ für neue oder geänderte Auswertungen reduziert sich dadurch signifikant. Auf der anderen Seite führt das Plus an Flexibilität am BI-Arbeitsplatz teilweise zu Dateninseln. Die sind durchaus gewollt.

Damit die gewährte Freiheit jedoch nicht in einer „BI-Anarchie“ mündet, ist es wichtig, den BI-Nutzern ein klares Regelwerk an die Hand zu geben. Darin kann beispielsweise festgehalten werden, wie sich bestimmte Kennzahlen definieren. Das sichert die Vergleichbarkeit der Daten, und das Unternehmen spricht mit einer Sprache. 70 Prozent der in der Studie befragten Unternehmen haben die übergreifende Koordination aller BI-Aktivitäten durch eine spezielle BI-Governance allerdings noch vor sich. (kf)

biMA-Studie

Die Studie „biMA®2012/13“ (Business Intelligence Maturity Audit) wurde nach den Jahren 2004, 2006 und 2009 bereits zum vierten Mal durchgeführt. Dabei kommen die über 650 Teilnehmer erstmals nicht nur aus dem deutschsprachigen Raum, sondern aus 20 europäischen Ländern. Die methodische Basis bilden das von Steria Mummert Consulting entwickelte BI-spezifische Reifegradmodell Business Intelligence Maturity Model (biMM) sowie die darauf aufbauende Analysemethode Business Intelligence Maturity Audit (biMA).

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