Günstiger und nachhaltiger

Edge AI als Alternative zu GenAI?

08.07.2024
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
KI auf dem Smartphone, im Auto oder anderen Geräten könnte weniger Energie verbrauchen und eher die Privatsphäre schützen als große KI-Modelle in zentralen Rechenzentren.
Edge AI - egal ob auf dem Smartphone, im Auto oder auf anderen Geräten - soll weniger Energie verbrauchen als die großen KI-Modelle in den Rechenzentren.
Edge AI - egal ob auf dem Smartphone, im Auto oder auf anderen Geräten - soll weniger Energie verbrauchen als die großen KI-Modelle in den Rechenzentren.
Foto: metamorworks - shutterstock.com

Enorme Chancen für die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft verspricht sich die Plattform Lernende Systeme (PLS)/acatech von Edge AI. In dem Whitepaper "Edge AI: KI nahe am Endgerät - Technologie für mehr Datenschutz, Energieeffizienz und Anwendungen in Echtzeit" analysiert das deutschlandweite Netzwerk von Expertinnen und Experten aus dem Bereich der KI das Potenzial der Technik.

Edge-AI-Anwendungen

Mithilfe von Edge AI könnte der Gesundheitszustand von Patientinnen und Patienten in Echtzeit überwacht werden. Oder Fahrerassistenzsysteme reagieren blitzschnell auf Hindernisse und erhöhen so die Sicherheit im Straßenverkehr. Ebenso könnten Edge-AI-basierte Stromzähler zu einer stabilen Versorgung mit erneuerbaren Energien beitragen.

Das Potenzial und die Herausforderungen von Edge AI analysiert das Whitepaper "Edge AI: KI nahe am Endgerät".
Das Potenzial und die Herausforderungen von Edge AI analysiert das Whitepaper "Edge AI: KI nahe am Endgerät".
Foto: Plattform Lernende Systeme

Ziel ist es letztlich, die Daten möglichst dort zu verarbeiten und zu analysieren, wo sie entstehen, also nahe am Endgerät - egal, ob Smartphone, Auto oder Roboter etc. Da die Daten auf diese Weise, so das Whitepaper, nicht über große Distanzen an Rechenzentren übertragen werden müssen, könnten die KI-Systeme schneller reagieren.

Mehr Datenschutz

Und noch ein Aspekt spricht laut PLS für diese Technik: Die Daten von Personen oder Unternehmen verbleiben sicher beim Nutzenden. Dies eröffne vielfältige Einsatzmöglichkeiten überall dort, wo ein Betrieb in Echtzeit wünschenswert ist, und sensible Daten verarbeitet werden. Das könnten etwa Gesundheitsdaten in der Medizin oder wertvolle Unternehmensdaten sein. Gleichzeitig ermöglicht es Edge AI so den Unternehmen, unabhängiger von den meist außereuropäischen Cloud-Anbietern zu agieren, da die Datenströme an der Quelle verarbeitet werden.

Weniger Energieverbrauch

Da sensible Daten beim Nutzenden verbleiben, ist der Einsatz von Edge AI auch im Gesundheitswesen von Interesse.
Da sensible Daten beim Nutzenden verbleiben, ist der Einsatz von Edge AI auch im Gesundheitswesen von Interesse.
Foto: raker - shutterstock.com

Zudem habe Edge AI einen geringeren Energieverbrauch als die derzeit dominierenden generativen KI-Modelle, die auf immer größeren zentral verarbeiteten Datenmengen und immer höheren Rechenkapazitäten basieren. Und damit verbrauchen sie immer mehr Energie. So benötigt dem Whitepaper zufolge ein Bildgenerator beim Erstellen eines Bildes so viel Energie wie für das Aufladen eines Handyakkus notwendig ist.

Herausforderung Security

Hier sehen die Autorinnen und Autoren in Edge AI einen potenziellen Treiber für ressourcenschonende KI-Innovationen. Auf diese Weise sind die begrenzte Rechenleistung und Speicherkapazität auf dem Endgerät, mit denen Edge AI auskommen muss, Chance und Herausforderung zugleich. Ein weitere Challenge ist das Thema Security. Denn Edge-AI-Systeme auf vielen Endgeräten bieten unter Umständen mehr Angriffsflächen für Cyberattacken als ein gut geschütztes Rechenzentrum.

Plattformen entwickeln

Ein weiterer Knackpunkt ist, dass sich die KI-Softwarelösungen für eine bestimmte Hardware meist nicht einfach auf ein anderes Endgerät übertragen lassen. Zudem fehlen Expertinnen und Experten für das Hardware-Design, was ebenfalls den Einsatz von Edge AI in der Praxis noch bremst. Die Autorinnen und Autoren des Whitepapers empfehlen deshalb, Plattformen zu entwickeln, auf denen Basisbausteine für Edge AI bereitgestellt werden, die je nach Bedarf an verschiedene Branchen angepasst werden können.

Gelingt es, diese Herausforderungen zu meistern, wäre Deutschland und Europa aus Sicht der Verfasser aufgrund der Expertise der hier ansässigen Industriezweige und der Erfahrung in der Entwicklung physischer Produkte ein idealer Standort, um das Potenzial von Edge AI auszuschöpfen.