Microsoft vs. CISPE

Keine Einigung im Cloud-Streit

03.06.2024
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Seit Februar verhandeln europäische Cloud-Anbieter mit Microsoft über dessen angeblich wettbewerbsschädigende Praktiken. Doch eine Einigung ist weiter nicht in Sicht.
Der Streit um Microsofts Cloud-Praktiken ist längst nicht ausgeräumt. Die Verhandlungen ziehen sich und scheinen zäh zu verlaufen.
Der Streit um Microsofts Cloud-Praktiken ist längst nicht ausgeräumt. Die Verhandlungen ziehen sich und scheinen zäh zu verlaufen.
Foto: Dmitry Natashin - shutterstock.com

Die Vereinigung Cloud Infrastructure Services Providers in Europe (CISPE) hat Berichte dementiert, wonach eine Einigung im Kartellstreit mit Microsoft kurz bevorstehe. Zuvor hatte das Online-Magazin Politico unter Berufung auf Insider berichtet, beide Seiten hätten sich auf einen Multi-Millionen-Dollar-Deal geeinigt, in dessen Zug die europäischen Cloud-Provider ihre Kartell-Klage gegen den US-Hyperscaler zurückziehen würden.

Diese Gerüchte seien falsch, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters die CISPE-Verantwortlichen. Die Gespräche mit Microsoft würden fortgesetzt. Zwar lägen bereits Vorschläge auf dem Tisch, wie der Streit aus der Welt geschafft werden könnte. Von einer Einigung könnte jedoch keine Rede sein.

Missbraucht Microsoft seine Marktmacht?

Der Streit dreht sich vor allem darum, wie Microsoft seine Produkte wie zum Beispiel Microsoft 365 und Windows immer enger mit seinen Azure-Cloud-Services und anderen Diensten verknüpft. Für Konkurrenten sei es fast unmöglich, mit eigenen SaaS-Diensten dagegenzuhalten, wirft CISPE dem US-amerikanischen Softwareriesen vor. Darüber hinaus könne Microsoft seine Software in der eigenen Azure-Cloud immer günstiger anbieten als Wettbewerber in deren Clouds.

Hier lesen Sie alle Details zum Cloud-Streit:

Der Wettbewerb werde außerdem dadurch behindert, dass Microsofts Software in den Clouds anderer Anbieter nicht so gut funktioniere. So lautet denn auch das Fazit von CISPE: Durch den Missbrauch seiner marktbeherrschenden Stellung untergrabe der Softwaregigant den fairen Wettbewerb und schränke die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher auf dem Markt für Cloud-Dienste ein.

Der Streit schwelt bereits seit Jahren. Im November 2022 hatte CISPE offiziell Beschwerde gegen Microsoft bei der Generaldirektion Wettbewerb (GD COMP) der EU-Kommission eingereicht. Trotz aller Beteuerungen von Microsoft, seine Geschäftspraktiken zu ändern, hätten die entsprechenden Initiativen nichts dazu beigetragen, bestehende Probleme zu lösen, so die Anschuldigung. Im Gegenteil: Statt unfaire Lizenzierungspraktiken zu ändern, habe Microsoft neue, unnötige und unfaire Praktiken eingeführt.

Zähe Verhandlungen

Für Microsoft dürfte es in erster Linie darum gehen, eine langwierige Untersuchung seitens der EU-Behörden abzuwenden, die eine potenzielle Geldbuße sowie strikte Vorgaben hinsichtlich der künftigen Geschäftspraktiken nach sich ziehen könnte. Die Gespräche laufen seit Februar 2024. Mit Lippenbekenntnissen und leeren Beschwichtigungsversuchen werde man sich allerdings nicht abspeisen lassen, machten die CISPE-Verantwortlichen klar. Im ersten Quartal 2024 müssten wesentliche Fortschritte erzielt werden, hatte es geheißen. Doch die Verhandlungen scheinen sich hinzuziehen.

Microsoft muss seine unlauteren Geschäftspraktiken einstellen, machte Francisco Mingorance, Generalsekretär von CISPE, unmissverständlich klar.
Microsoft muss seine unlauteren Geschäftspraktiken einstellen, machte Francisco Mingorance, Generalsekretär von CISPE, unmissverständlich klar.
Foto: CISPE

"Jeder Tag, der verstreicht, ohne dass eine Lösung gefunden wird, untergräbt die Lebensfähigkeit des europäischen Cloud-Infrastruktursektors weiter und schränkt die Cloud-Optionen für europäische Kunden ein", warnte Francisco Mingorance, Generalsekretär der CISPE, vor einigen Monaten. Der Verbandschef machte unmissverständlich klar, dass Microsoft seine unlauteren Softwarelizenzierungspraktiken beenden müsse, um den Streit zu beenden.