Java SE Universal Subscription

Oracle bittet Java-Kunden zur Kasse

27.07.2023
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Laut Gartner erwarten Oracle-Kunden von den neuen Java-Lizenzbedingungen einen Anstieg des Abopreises je Mitarbeiter um das Zwei- bis Fünffache. Auch dürften die Audits zunehmen.

Seit der Einführung des neuen Java-Lizenzmodells im Januar haben die Analysten von Gartner mit vielen Kunden gesprochen. Diese erwarten einen steilen Anstieg der Oracle-Lizenzkosten. Mehr als 80 Prozent gedenken daher, ihre Java-Anwendungen künftig auf den Runtime-Umgebungen von Drittanbietern auszurollen. Das berichtet The Register.

Mit dem Abo-Modell Java SE Universal Subscription zieht Oracle die Zügel an. Auf Anwender kommen zusätzliche Kosten zu.
Mit dem Abo-Modell Java SE Universal Subscription zieht Oracle die Zügel an. Auf Anwender kommen zusätzliche Kosten zu.
Foto: Tada Images- shutterstock.com

Demnach warnt Gartner auch davor, dass Oracle die Einhaltung der Java-Lizenzbedingungen durch Anwender verstärkt überprüfen wird. Einer von fünf Java-Anwendern muss demnach in den nächsten drei Jahren mit einem Audit rechnen.

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Mit dem neuen Abo-Modell wird Java teurer

Oracle hatte im Januar 2023 die neue Java SE Universal Subscription eingeführt, die die bisherigen Lizenzmodelle "Java SE Subscription" und "Java SE Desktop Subscription" ablösen kann. Zwar können Kunden der älteren Modelle ihr Abo noch zu den bestehenden Bedingungen verlängern, doch Oracle lockt mit den Argumenten Einfachheit, Transparenz und Rechtssicherheit auf das neue Modell. Damit sei die universelle Nutzung von Java über das gesamte Unternehmen hinweg möglich - von PCs über Server bis in die Clouds von Drittanbietern. Die Lizenzverwaltung werde einfacher, Unternehmen müssten nicht mehr explizit die Systeme identifizieren, die Java verwenden.

Inzwischen hat Oracle offenbar den Druck erhöht, damit die Anwender auf das neue Modell umsteigen. The Register berichtete Anfang Juli 2023, dass die Softwerker damit begonnen hätten, E-Mails an Unternehmen zu versenden, um ihnen "Gespräche über Java-Abonnements anzubieten". Das Magazin vermutet, dass Oracle Unsicherheit streuen und Informationen sammeln wolle, die für künftige Lizenzverhandlungen von Vorteil sein könnten.

Neu am überarbeiteten Java-Modell ist, dass Anwenderunternehmen nicht mehr nur die eigentlichen Java-User beziehungsweise Prozessoren lizenzieren müssen. Vielmehr wird die Mitarbeiterzahl der Gesamtbelegschaft als Bemessungsgröße für die Berechnung der Nutzungsgebühren herangezogen. Als Mitarbeitende zählen dabei alle Voll- und Teilzeitkräfte sowie befristet Beschäftigte.

Java-Lizenzen auch für Outsourcing-und Beratungspartner notwendig

Hinzu kommen Angestellte von anderen Unternehmen wie Beratungsfirmen, Outsourcern oder Partnern, sofern diese das Geschäft des jeweiligen Betriebs unterstützen. Dort, wo Oracle-Java nur auf wenigen Prozessoren im Einsatz ist, müssen Unternehmen nun ihre komplette Organisation durchlizenzieren. Bei der nächsten Subscription-Verlängerung haben sie mit erheblichen Preissteigerungen zu rechnen, wie die Deutsche Oracle User Group (DOAG) ausführt (siehe dazu auch den interessanten Blogbeitrag von DOAG-Vorstand Michael Paege).

Nitish Tyagi, Associate Principal Analyst und Mitverfasser eines neuen Gartner-Reports zum Thema Java, macht gegenüber The Register folgende Rechnung auf: Ein Unternehmen mit 49.500 Mitarbeitern, die nach dem bisherigen Lizenzmodell durch die "Named-User-Plus"-Lizenz (NUP) abgedeckt sind, setzt zudem Oracle JDK auf 5.000 Prozessoren ein. Im Rahmen des bisherigen Vertrags zahlt es 742.500 Dollar für die NUP-Lizenzen plus 900.000 Dollar für die Prozessorlizenzen. Das neue Universal-Subscription-Modell würde das Unternehmen aber 3.118.500 Dollar kosten - eine Preissteigerung um 90 Prozent.

"Für große Unternehmen erwarten wir sogar eine Kostenerhöhung um das Zwei- bis Fünffache, abhängig von der Anzahl der Mitarbeiter des Unternehmens", sagt Tyagi. "Bitte denken Sie daran, dass Oracle Mitarbeiter als Teilzeit-, Vollzeit-, Zeitarbeiter, Agenten und Auftragnehmer definiert. Jeder, der interne Geschäftsabläufe unterstützt, muss gemäß dem neuen Abomodell lizenziert werden", so der Gartner-Mann.

Audits dürften den Druck erhöhen

Die Marktforscher schätzen zudem, dass bis 2026 jedes fünfte Unternehmen, das Java-Anwendungen einsetzt, von Oracle geprüft werden wird - auch wenn das für den Softwarekonzern mit einigem Aufwand verbunden sei. Unternehmen müssten mit "Gebühren für die Nichteinhaltung von Vorschriften" rechnen. Gartner erwartet, dass mehr als 30 Prozent der Unternehmen, die Java-Anwendungen einsetzen, nicht korrekt nach den Oracle-Regeln lizenziert sind. Der Druck von Oracle werde dazu führen, dass bis 2026 mehr als 80 Prozent der Java-Anwendungen auf Java-Laufzeitsystemen von Drittanbietern eingesetzt werden - gegenüber 65 Prozent im Jahr 2023, so Gartner.

Seit der Ankündigung des neuen Preismodells von Oracle ist bereits festzustellen, dass immer mehr Kunden auf Java-Runtimes von Drittanbietern wie Azul, Amazon Corretto, Eclipse Temurin und IBM Semuru ausweichen. Viele Umfragen deuteten auf einen Rückgang der Nutzung des Oracle JDK und einen Anstieg der Nutzung anderer Java-Runtimes hin, stellt Tyagi fest.

Der Gartner-Analyst berichtet von Gesprächen mit Java-Anwendern, die große Verunsicherung gezeigt hätten. "Die Kunden, die das alte auf User und Prozessoren basierende Abonnementmodell nutzen, sind sehr daran interessiert, dieses Modell beizubehalten. Sie beschäftigen sich aber intensiv mit der Frage, unter welchen Umständen Oracle sie in das Universal-Subscription-Modell drängen kann." (hv)