Studie Cloud-ERP 2023

SAP S/4HANA ist Quasi-Standard

23.11.2023
Von 
Dr. Andreas Schaffry ist freiberuflicher IT-Fachjournalist und von 2006 bis 2015 für die CIO.de-Redaktion tätig. Die inhaltlichen Schwerpunkte seiner Berichterstattung liegen in den Bereichen ERP, Business Intelligence, CRM und SCM mit Schwerpunkt auf SAP und in der Darstellung aktueller IT-Trends wie SaaS, Cloud Computing oder Enterprise Mobility. Er schreibt insbesondere über die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen IT und Business und die damit verbundenen Transformationsprozesse in Unternehmen.
Das Gros der ERP-Anwender setzt mittlerweile auf SAP S/4HANA, um digital zu transformieren und Wettbewerbsvorteile zu erschließen - nur eine Erkenntnis unserer aktuellen Studie zum Thema.
Im ERP-Kosmos dreht sich alles um SAP.
Im ERP-Kosmos dreht sich alles um SAP.
Foto: Akash Sain - shutterstock.com

Ein integriertes ERP-System (Enterprise Resource Planning) gilt noch immer als Herzstück der IT-Landschaft, auch wenn dem ERP schon häufiger die Totenglocke geläutet wurde. 91 Prozent der Unternehmen setzen eine ERP-Lösung ein und davon fast drei Viertel (74 Prozent) eine SAP-S/4HANA-Lösung.

An SAP S/4HANA führt kein Weg vorbei

Größere Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und mittelgroße Firmen mit 500 bis 999 Beschäftigten nutzen SAP S/4HANA am häufigsten (jeweils 81 Prozent). Kleinere Betriebe mit weniger als 500 Beschäftigten sind deutlich zurückhaltender (64 Prozent). Das ist das Kernergebnis der Studie "SAP S/4HANA 2024 - Aktuelle Cloud-ERP-Trends", die CIO, CSO und COMPUTERWOCHE zusammen mit adesso orange, KPS Consulting, All for One Group, Microsoft, Neptune Software und SUSE realisiert haben. An der Studie nahmen 349 Geschäfts- und IT-Verantwortliche aus deutschen Unternehmen unterschiedlicher Branchen, Größen und Umsatzklassen teil.

Dass die überwiegende Mehrheit der Befragten eine SAP-S/4HANA-Lösung nutzt, dürfte, sofern es sich um SAP-Kunden handelt, damit zusammenhängen, dass die Mainstream-Wartung und die erweiterte Wartung für SAP ERP (SAP ECC 6.0), 2027 beziehungsweise 2030 endet - Stand heute. Für SAP-Neukunden, unter denen sich auch Unternehmen befinden, die bislang kein ERP-System einsetzen, kommt in der Regel ebenfalls nur die Einführung der aktuellen ERP-Suite von SAP in Frage.

Zur Studie 'SAP S/4HANA 2024 - Aktuelle Cloud-ERP-Trends' im Aboshop

Frühzeitiger Umstieg als Wettbewerbsvorteil

Interessant ist, dass 38 Prozent der Befragten, die kein ERP haben, SAP S/4HANA (on-premises/Cloud-Edition) sehr zeitnah einführen und nutzen wollen. 15 Prozent implementieren diese ERP-Suite gegenwärtig oder beginnen in Kürze mit der Einführung, und 23 Prozent wollen sie in den kommenden zwölf Monaten installieren. Diese Eile überrascht nicht, wenn man bedenkt, dass sechs von zehn Befragten davon überzeugt sind, dass der frühzeitige Umstieg einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz bringt.

Kernziel der SAP-S/4HANA-Einführung beziehungsweise -Migration ist es, die digitale Transformation voranzubringen. Für 51 Prozent der Befragten ist das von "entscheidender" oder "sehr großer" Bedeutung, für 26 Prozent von "großer" Bedeutung. Selbstredend wollen Unternehmen aus ihrer digitalen Transformation mit SAP S/4HANA auch geschäftlichen Nutzen ziehen. Ganz oben auf der Nutzenagenda stehen:

  • die Steigerung des Umsatzes (55 Prozent),

  • mehr Flexibilität in Bezug auf die Anpassung des Business an neue Anforderungen (44 Prozent) sowie

  • mehr Tempo bei Innovationen (35 Prozent) und

  • Kostensenkungen (34 Prozent).

Dass Kostensenkungen keine Top-Priorität sind, lässt sich angesichts hoher Energiepreise und volatiler Märkte positiv deuten, zeigt es doch, dass die Befragten nicht dem kurzfristigen Cost Cutting erliegen, sondern lieber ihr Business entwickeln wollen. Einen Cost-Cutting-Ansatz verfolgen bei den Funktionsträgern in erster Linie die C-Level-Verantwortlichen (Geschäftsführung/Vorstand/CIO/CDO/CTO), nämlich in 38 Prozent der Fälle, vor der Fachbereichsleitung und der IT-Leitung (34 beziehungsweise 32 Prozent).

Unternehmen führen SAP S/4HANA vor allem deshalb ein, weil sie ihre digitale Transformation vorantreiben möchten.
Unternehmen führen SAP S/4HANA vor allem deshalb ein, weil sie ihre digitale Transformation vorantreiben möchten.
Foto: Christine Plote - Research Services

Cloud- sticht On-Premises-Betrieb aus

Die Wahl des passenden Betriebsmodells für SAP S/4HANA ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt. Der Trend geht hier, wie bei ERP-Systemen generell, in Richtung einer SaaS-Cloud-Lösung. 61 Prozent der Befragten nutzen die Public Edition von SAP S/4HANA Cloud, also eine hoch standardisierten Multi-Tenant-Lösung, 38 Prozent setzen die Private Edition ein, die sich als Single-Tenant-Lösung individuell anpassen lässt.

In beiden Fällen gilt das "RISE with SAP"-Programm als Königsweg für den Einstieg in SAP S/4HANA Cloud. 62 Prozent der Befragten stimmen dem "voll und ganz" oder "ganz" zu, allen voran größere Unternehmen (70 Prozent) und mittelgroße Firmen (68 Prozent). Deutlich skeptischer sind in dieser Hinsicht die kleineren Betriebe (54 Prozent).

Unternehmen, die SAP S/4HANA On-Premises nutzen wollen, bevorzugen für den Umstieg die System Conversion nach dem Brownfield-Ansatz (39 Prozent). Jeweils 27 Prozent realisieren die Umstellung auf diese ERP-Suite in Form einer kompletten Neueinführung nach dem Greenfield-Ansatz oder nutzen den Color-Field-Ansatz, der die Vorteile aus Greenfield und Brownfield vereint.

Top-3-Herausforderungen bei SAP S/4HANA-Umstieg

Die Umstellung auf die aktuelle ERP-Suite von SAP hält jedoch eine ganze Reihe von Herausforderungen bereit. Die drei größten:

  • der Aufwand für die Datenmigration (39 Prozent),

  • die Anpassung der IT-Landschaft (37 Prozent) sowie

  • fehlende Personalressourcen in den Fachbereichen (36 Prozent).

Schwierigkeiten bereiten auch die Einhaltung der vorgegebenen Migrations-Timeline (29 Prozent), der Personalengpass in der internen IT und das (zu geringe) SAP-S/4HANA-Know-how in den Fachbereichen (jeweils 26 Prozent). Es verwundert daher nicht, dass neun von zehn Befragten die Einführung/Migration mit Hilfe eines oder mehrerer SAP-Dienstleister verwirklichen, sei es im Rahmen der Umstellung oder einer dauerhaften Betreuung.

Die größten Herausforderungen in HANA-Projekten stellen für die Unternehmen der Aufwand der Datenmigration und die Anpassung der IT-Landschaft dar.
Die größten Herausforderungen in HANA-Projekten stellen für die Unternehmen der Aufwand der Datenmigration und die Anpassung der IT-Landschaft dar.
Foto: Christine Plote - Research Services

Wunschliste - mehr Big Data/Analytics, Blockchain, CRM und Co.

Die Studie liefert darüber hinaus zahlreiche weitere aufschlussreiche Ergebnisse und auch manche Überraschung. Unternehmen, die diese ERP-Suite einsetzen, sehen gleich in mehreren Bereichen Nachholbedarf. Allen voran wünschen sie, dass Big Data-/Analytics- (41 Prozent) und Blockchain-Technologien (39 Prozent) sowie CRM-Funktionen (38 Prozent) stärker Einzug in SAP S/4HANA halten. Weit oben auf Wunschliste steht auch das Thema Marketing Automation (27 Prozent). Interessant: Deutlich weniger wichtig ist den Befragten die Einbindung von KI-Technologien (21 Prozent), von zusätzlichem Content für Robotic Process Automation, RPA (17 Prozent) und von IoT-Technologien (16 Prozent).

Auch die Rolle der SAP BTP als Integrationsplattform wurde beleuchtet. Fast drei Viertel der Befragten (74 Prozent) sagen, dass der SAP BTP in dieser Hinsicht hohe Bedeutung zukommt, um vorhandene SAP-/ und Non-SAP-Software einfach und schnell zu verknüpfen. Das ist ein wichtiger Aspekt, da im Umfeld von SAP-S/4HANA (Cloud) häufig Non-SAP-Lösungen genutzt werden, um spezielle Prozessanforderungen abzubilden, zum Beispiel im Kundenmanagement.

Außerdem interessant: Die Befragten bauen internes SAP-S/4HANA-Know-how primär durch Pilotprojekte (45 Prozent), Schulungsprogramme und Zertifizierungen (40 Prozent) sowie durch die Bereitstellung von Lernmaterial, Online-Kursen und Community-Foren (38 Prozent) auf. Die Durchführung von Pilotprojekten ist bei mittelgroßen Firmen (53 Prozent) und kleineren Betrieben (44 Prozent) beliebt, bei größeren Unternehmen eher weniger (36 Prozent).

Risiken durch schwache Planung und Wissenssilos

Last but not least gibt es auch eine Kehrseite der Medaille in Bezug auf den SAP-S/4HANA-Umstieg. Bei der Mehrzahl der Unternehmen hapert es zum Teil erheblich bei der Transformationsplanung und -herleitung. 60 Prozent der Befragten stimmen (voll und ganz) der Aussage zu, nicht ausreichend Zeit in diese Aufgabe investiert zu haben. 27 Prozent stimmen dem "eher" zu. Eine nicht optimale Planung hat jedoch meist zur Folge, dass ein Projekt nicht so erfolgreich verläuft wie gewünscht.

88 Prozent hadern zudem mit internen SAP-Wissenssilos, die ihr Knowhow und damit Herrschaftswissen nicht mit anderen SAP-Anwenderinnen und -Anwendern teilen wollen. Diese Wissenssilos gefährden nicht allein die Umstellung auf SAP S/4HANA (Cloud), sondern blockieren auch neue Geschäftsmodelle und stellen somit ein Geschäftsrisiko dar. Die gute Nachricht: 86 Prozent der Unternehmen haben dieses Problem erkannt und entsprechende Maßnahmen fest eingeplant oder zumindest angedacht.

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Foto: Se_vector - shutterstock.com

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Studiensteckbrief

Herausgeber: CIO, CSO und COMPUTERWOCHE

Studienpartner: adesso orange, KPS (beide Platin), All for One Group (Gold), Microsoft, Neptune Software (beide Silber), SUSE

Grundgesamtheit: Oberste (IT-)Verantwortliche in Unternehmen der DACH-Region: Beteiligte an strategischen (IT-)Entscheidungsprozessen im C-Level-Bereich und in den Fachbereichen (LoBs); Entscheidungsbefugte sowie Experten und Expertinnen aus dem IT-Bereich

Teilnehmergenerierung: Persönliche E-Mail-Einladung über die exklusive Unternehmensdatenbank von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE sowie - zur Erfüllung von Quotenvorgaben - über externe Online-Access-Panels

Gesamtstichprobe: 349 abgeschlossene und qualifizierte Interviews

Untersuchungszeitraum: 14. bis 21. September 2023

Methode: Online-Umfrage (CAWI)

Fragebogenentwicklung und Durchführung: Custom Research Team von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE in Abstimmung mit den Studienpartnern