Wer auslagert, verkauft eine Kundenbeziehung mit sich selbst
Am Beginn eines Auslagerungsprojekts steht erst einmal ein Paradoxon: Vor dem Start tritt der Outsourcing-Anbieter in den Verhandlungen als Käufer und das Anwenderunternehmen als Verkäufer auf. Outsourcing beginnt häufig mit dem Verkauf des bislang vom auslagerungswilligen Unternehmen genutzten IT-Equipments. Dahinter verbirgt sich unter anderem auch ein Finanzierungsmodell, das ähnlich wie ein "Sale-and-lease-back"-Verfahren vorsieht, die IT-Installation an den künftigen Betreiber zu verkaufen, der sie anschließend gegen eine monatliche Miete dem Anwenderunternehmen zur Verfügung stellt.
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Ob der Rollentausch zwischen Verkäufer und Einkäufer immer besonders gut gelingt, ist zu bezweifeln. So locken etwa die Verkäufer der IT-Dienstleister mit besonders attraktiven Angeboten (insbesondere beim Kauf von IT-Töchtern), doch die Einkäufer auf Anwenderseite sollten nicht die Wechselwirkung zwischen aktuellen Verkaufskonditionen und der Qualität der später gelieferten Leistung aus den Augen verlieren. Im Zentrum des Vertrags steht ein Abnahmeversprechen von IT-Dienstleistungen über mehrere Jahre. Das auslagernde Unternehmen sollte sich darüber im Klaren sein, dass es für diese Zeitspanne jeglichen Wettbewerb ausschließt.
Mit anderen Worten: Wer eine Kundenbeziehung mit sich selbst verkauft, muss eine enge Bindung ertragen. Outsourcing ist kein Befreiungsakt, sondern ersetzt eine interne, oft nicht eindeutig festgeschriebene Beziehung durch eine externe, formale Bindung. Die langfristige Zusammenarbeit ist Grundlage des Geschäftsmodells der Anbieter, ihre Kalkulation beruht auf Erwartungen über den künftigen Geschäftsverlauf. Der Wert der zu übernehmenden IT-Ressourcen oder Funktionen spielt eine untergeordnete Rolle.
In den letzten Jahren haben einige "clevere" Anwenderunternehmen es verstanden, durch geschickte Verhandlungen sehr gute Preise zu erzielen. Auf der Anbieterseite haben einige "hungrige" Neueinsteiger übersehen, dass statt impliziter Abnahmeversprechen nur vertragliche Abnahmepflichten wirklich zählen. Solche Verträge laufen aber tendenziell für beide Seiten schlecht. Denn ein Outsourcing-Anbieter, dessen Geschäftsmodell sich aufgrund geringer Abnahmemengen nicht rechnet, ist eher selten ein angenehmer Partner. Wer eine Kundenbeziehung mit sich selbst verkauft, sollte dem Outsourcer die Möglichkeit einräumen, seine Investitionen wieder hereinzuholen.