Jeder in der Familie weiß heute, wie SaaS – Software as a Service – funktioniert: Der Sohn ersteigert den Gameboy bei ebay, die Mutter bestellt ein Buch bei Amazon, und der Vater erledigt seine Steuererklärung am PC mit Hilfe einer Software von Datev. Bei all diesen Anwendungen benutzt der Kunde ein Computerprogramm, ohne dass er es auf dem eigenen PC Software installieren muss. Stattdessen stellt der Anbieter – beispielsweise eBay oder Amazon – das entsprechende Programm über den Internet-Browser zur Verfügung. Das Prinzip dahinter nennt man auch "One-to-many": Es gibt eine einheitliche Lösung, die zeitgleich sehr viele nutzen können. Dennoch geraten die Daten, die jeder Einzelne in die Bildschirmmaske eingibt, nicht mit denen anderer User durcheinander – wenigstens meistens nicht.
Ängste sind nicht unberechtigt
Solche One-to-many-Lösungen gibt es also schon lange, relativ neu ist aber, sie für Unternehmenssoftware etwa zum Kunden-Management (CRM) zu verwenden. Im Mittelstand bringen der Idee viele ein tief sitzendes Misstrauen entgegen. Die Angst: Wer die CRM-Lösung nicht mehr selbst vorhält, der hat auch keine Kundendaten mehr – die lagert in diesem Fall der Softwareanbieter und schickt sie bei Bedarf durch die Leitung. Die Kontrolle geht zum Teil verloren, und so etwas schreckt gerade Mittelständler.
Joachim Schreiner, Vertriebsdirektor Deutschland bei Salesforce.com, dem führenden Anbieter von CRM-Lösungen auf Mietbasis, hält die Angst vor Datenverlust für unberechtigt. "Viele Firmen, zum Beispiel Symantec, eines der wichtigsten IT-Sicherheitsunternehmen, arbeiten mit unserer Software. Und wenn die keine Angst haben, dann brauchen sich die anderen auch keine Sorgen zu machen." Dass die Angst dennoch nicht unberechtigt ist, zei-gen gerade die jüngsten Angriffe auf Salesforce und ihre Folgen (siehe unten).
Denis Werner, Geschäftsführer des mehrfach preisgekrönten Mietsoftwareanbieters Commercetools aus München, ist trotzdem der Meinung, dass mögliche Gefahren überzeichnet werden: "Viele Mittelständler lassen ja schon seit Jahren einige Lösungen extern hosten, oder sie haben ihre Rechenzentrum ausgelagert. Theoretisch setzen sie sich damit den gleichen Gefahren aus wie die Nutzer einer Software-als-Service-Lösung."
"Die Frage ist nur noch, wie schnell"
Bei Commercetools, das E-Business-Lösungen aus der Leitung anbietet und sich dafür zum Teil erfolgsabhängig bezahlen lässt, stapelt sich die Arbeit bis unter die Decke; auch Sa-lesforce.com hat nach eigenen Angaben welt-weit bereits mehrere 10.000 Kunden. Die Analysten von Gartner prophezeien SaaS bis 2011 einen Marktanteil von 25 Prozent, und Alexander Kubsch vom Marktforschungsinstitut TechConsult sagt: "SaaS wird sich als künftiges Liefermodell durchsetzen. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern wie schnell."
Die vom Lizenzverkauf abhängigen Anbieter reagieren sehr unterschiedlich auf die Heraus-forderung. John Thomson, Chef des US-Sicherheitsexperten Symantec, kündigte Ende März an, sein Unternehmen wolle Anti-Spam- und Backup-Lösungen als Services anbieten. Gleichzeitig räumte er ein, dass für Symantec damit kurzfristig schmerzhafte Einschnitte verbunden sein könnten.
Bei Microsoft will man von derlei Szenarien noch nichts wissen und verlegt sich lieber darauf, das Problem kleinzureden. "Aus unserer Sicht ist das eine Form des Application Hosting. Mit unserem Partner-Hosting-Modell bieten wir unseren Kunden schon seit Jahren etwas Ähnliches an", sagt Werner Leibrandt, Direktor Mittelstand bei Microsoft Deutschland. "Das läuft zum Beispiel so, dass der Partner eine individuelle CRM-Lösung für einen Kunden entwickelt und sie dann auch betreibt."