Vom Ego zum Lego

Bauen 4.0: So digitalisiert Rhomberg den Bau

19.09.2016
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 

LifeCycle Tower one

Von außen unterscheidet sich das LCT One kaum von einem klassischen Bürogebäude. Es entstand aber in nur acht Tagen iin Hybrid-Bauweise.
Von außen unterscheidet sich das LCT One kaum von einem klassischen Bürogebäude. Es entstand aber in nur acht Tagen iin Hybrid-Bauweise.
Foto: Müller Norman A. /Cree

Disruptiv im Vergleich zur heutigen Bauwelt geht Rhomberg auch innerhalb des Gebäudes vor. In seinen Smart Buildings, die als Passivhäuser ausgelegt sind, werden einzelne Komponenten wie Lichtschalter, Sensoren etc. per IoT in die Steuerung eingebunden. Hierzu steht jedoch kein Rechner mehr im Keller, sondern dies erfolgt aus der Cloud. Bei der intelligenten Vernetzung des LCT ONE arbeitet CREE mit der Zumtobel Gruppe, Bosch Software Innovations, Dassault Systèmes, einem Anbieter für 3D-Design-Software und Modcam, einem Startup mit Fokus auf Digitale Bilderkennung zusammen.

Gemeinsam haben die Unternehmen den LCT ONE nun zu einem Vorzeigeobjekt umgebaut, das zeigen soll, welchen Nutzen das Internet der Dinge (IoT) in vernetzten Gebäuden bringen kann. So wurde etwa ein ganzheitliches Lichtkonzept zu Energie-Management entwickelt. Durch vordefinierte Zeiten und Bewegungsmelder wird das Licht nur dann eingeschaltet, wenn es auch benötigt wird. Zudem werden Kunst und Tageslicht kombiniert - wobei die Jalousien automatisch so gesteuert werden, dass auch der Blendschutz optimal ist und der Kühlbedarf gering. Insgesamt spart dies bis zu 75 Prozent der Beleuchtungsenergie im Vergleich zu Bürogebäuden ohne eine derartige Steuerung.

IoT im Smart Building

Im Smart Building können über ein Dashboard alle Parameter kontrolliert und gesteuert werden.
Im Smart Building können über ein Dashboard alle Parameter kontrolliert und gesteuert werden.
Foto: Zumtobel

In einer zweiten Stufe wurde dieses System weiter ausgebaut, um durch eine bessere Nutzung von Daten die Lichtinfrastruktur noch energieeffizienter zu machen, die Wartungskosten zu senken und die Kundenzufriedenheit zu steigern. Gleichzeitig dienen die Informationen auch dazu, das Raum-Management zu verbessern und die Reinigungsabläufe zu optimieren. Dazu werden einerseits Präsenzsensoren des bestehenden Beleuchtungssystems genutzt als auch zusätzliche Sensoren direkt in die Leuchten integriert.

Das Lichtsystem und die Sensoren liefern ihre Daten an die Cloud-basierte IoT-Suite von Bosch Software Innovations, wo sie gesammelt, weiterverarbeitet und analysiert werden. Die Ergebnisse werden dann in anschaulichen, leicht verständlichen Grafiken auf einer Art Armaturenbrett, einem webbasierten Dashboard, dargestellt, das die Zumtobel Group zusammen mit Bosch Software Innovations entwickelt hat.

Die gewonnenen Daten sollen bei einem effizienteren Energie-Management helfen sowie zur Verbesserung der Anwenderzufriedenheit und zur Wartungsplanung dienen. So können automatische Lichtstimmungen angepasst und verbessert werden. Und bei einem Wartungsbesuch können nicht nur die Leuchten ausgetauscht werden, die bereits ausgefallen sind, sondern auch die, die wahrscheinlich bald ausfallen werden. "Es geht in Zukunft nur noch um Daten", skizziert Rhomberg die künftige Entwicklung.

Wertschöpfung im IoT

Ein Beispiel dafür sind die Daten der Präsenzsensoren, die im LCT ONE verbaut wurden. Sie geben Auskunft darüber, wie gut bestimmte Zonen im Gebäude genutzt werden: Ist in einem Raum fast niemand anwesend, könnte dieser umgewidmet werden - etwa in eine Besprechungszone oder ein flexibles Büro, wo sich mehrere Nutzer einen Schreibtisch teilen. Dadurch können Räumlichkeiten einspart und Miet- und Betriebskosten gesenkt werden. Ebenso lassen sich Reinigungskräfte effizienter einsetzen, da etwa Putzpläne quasi automatisch on demand erstellt werden. Ebenso wäre es denkbar, Getränkeautomaten etc. im Gebäude nur in gut frequentierten Bereichen zu installieren.

Welchen Zusatznutzen ein noch dichteres Datennetzwerk bietet, prüfen die Zumtobel Gruppe und Bosch Software Innovations im zweiten Stockwerk des LCT ONE. Dort wurden zusätzliche 22 weitere Präsenzsensoren angebracht, die eine sogenannte "Heat Map" liefern: Das heißt, jeder Sensor übermittelt Anwesenheitsdaten nur für sein Beobachtungsfeld - womit man sozusagen ein in 22 Pixel aufgelöstes Anwesenheitsbild des Raumes bekommt.

Auf diese Weise sind keine Rückschlüsse auf die Identität der anwesenden Personen möglich, aber es wird gezeigt, welche Teile des Raumes besonders häufig und welche weniger frequentiert werden. Zusätzlich wurden acht optische Sensoren des schwedischen Start-ups Modcam installiert, die eine noch detaillierte Analyse der Raumnutzung ermöglichen. Mit diesen Detaildaten könnte etwa die Steuerung von Licht oder Jalousien noch genauer erfolgen, um so weiter Energie zu sparen. Eine weitere Idee ist, künftig CO2-Sensoren in den IoT-Gebäuden zu verbauen, um so auf die Belüftungsanlagen zu verzichten. Sinkt dann der Sauerstoff, würde das intelligente Gebäude den Menschen auffordern zu lüften.

Eine Zukunftsvision ist im Augenblick noch der Gedanke, dass im IoT-Gebäude Stehleuchten und Deckenfluter künftig die Funktion von IoT-Hubs übernehmen. Also Sensoren, WLAN etc. alles in einer Leuchte integriert wird und diese untereinander vernetzt sind. Auf diese Weise könnte im Gebäude komplett auf jegliche Verkabelung - außer den Stromkabeln - verzichtet werden. "Letztlich wird das durch Beleuchtung ermöglichte IoT durch neue datengestützte Dienste auch zusätzliche Einkommensströme für die Gebäudebetreiber oder -manager generieren", zeigt sich Rhomberg überzeugt, "es wird eine Verschiebung der Wertschöpfung vollständig auf IoT geben."