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Social Media Conference

"Der Mob auf Facebook wartet nicht"

27.10.2010
Von 


Simon Hülsbömer betreut als Senior Research Manager Studienprojekte in der Marktforschung von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE. Zuvor entwickelte er Executive-Weiterbildungen und war rund zehn Jahre lang als (leitender) Redakteur tätig. Hier zeichnete er u.a. für die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich.

Aussitzen ist tödlich

Wie wichtig eine schnelle Reaktion auf negative Kritik im Social Web ist, verdeutlichte Social-Media-Berater Björn Ognibeni, der unter anderem für die Deutsche Bahn tätig ist. Bei unternehmerischen Unstimmigkeiten und damit einhergehenden kritischen Nachfragen von klassischen Journalisten könne die Pressestelle durchaus schon einmal auf den nächsten Tag vertrösten. Bei der steigenden Öffentlichkeit, die Blogger, Twitterer und andere Social-Media-Aktive genießen, gelte dieser Grundsatz kaum noch. "Der Journalist legt den Hörer auf und wartet auf die Antwort aus der Pressestelle. Der Mob auf Facebook wartet aber eben nicht. Da muss sich die PR gewaltig umstellen", so Ognibeni. Der Tipp aus der Runde: Häufig würde es bei schon reichen, zunächst eine Standardantwort nach dem Motto "Danke für Ihre Anfrage. Wir prüfen sie und melden uns wieder" zu geben. Wichtig sei natürlich, später auch wirklich ausführlich zu antworten - die erste Gefahr eines "Shitstorms aus dem Nichts" sei durch die kurzfristige Rückmeldung in den meisten Fällen jedoch schon gebannt.

Was legal ist, ist noch lange nicht legitim

Ein grundsätzliches Problem, mit dem viele Unternehmen zu kämpfen hätten, sei die eigene Rechthaberei, so Lange. Auch wenn das Unternehmen formal im Recht sei - beispielsweise bei der Abmahnung von Bloggern, die negative Aussagen über ein Unternehmen treffen oder sogar Unternehmensinterna veröffentlichen - sei es selten ratsam, dieses Recht mit allen Mitteln einzufordern. "Legalität ist im Social Web nicht das Gleiche wie Legitimität", warnte der PR-Mann vor der schnellen juristischen Keule. Robert Bartel, Syndikusanwalt der Deutschen Bahn, pflichtete ihm bei und erläuterte, dass der Streisand-Effekt (stark negative PR durch Beharren auf dem eigenen Recht) durch Besonnenheit verhindert werden könne. Als Beispiel führte er den Fall des Blogs Netzpolitik.org ins Feld. Dessen Betreiber Markus Beckedahl hatte im Zuge des Bahn-Datenskandals Anfang 2009 DB-interne Unterlagen veröffentlicht und damit nach Auffassung der Bahn-Verantwortlichen einen illegalen Geheimnisverrat begangen. Die Bahn verklagte den Blogger aber nicht, weil wegen fehlender Rechtssicherheit ein erfolgreicher Prozessausgang nicht garantiert werden konnte und der zu befürchtende Imageschaden durch einen solchen Prozess in der ohnehin polarisierenden Datenschutzdebatte zu groß gewesen wäre. Langes Tipp: "Der Klügere gibt nach - und das muss nicht immer unbedingt der sein, der im Recht ist."

Kommunikation ist alles

Ibrahim Evsan, einst Gründer der Videoplattform Sevenload und heute Chef des Social-Gaming-Anbieters United Prototype, erzählte schließlich, wie er und sein Team seit jeher mit drohender Kritik aus dem Social Web umgehen: "Wir nehmen uns ein bisschen Zeit für den Kritiker, reden ein bisschen mit ihm und machen ein Video zum Thema. Problem gelöst!" Was sich fast schon zu simpel und unkonventionell anhört, habe bisher immer funktioniert. Schlussfolgerung des Panels: Was zählt, ist einzig und allein die auf sachlicher Ebene existierende Kommunikation mit dem Nutzer.