Prozessor-Architektur

Der x86-Prozessor wird 30 - wie Intel dank IBM alle Gipfel stürmte

23.06.2008
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Simon Hülsbömer betreut als Senior Research Manager Studienprojekte in der Marktforschung von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE. Zuvor entwickelte er Executive-Weiterbildungen und war rund zehn Jahre lang als (leitender) Redakteur tätig. Hier zeichnete er u.a. für die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich.

Das Fließkomma-Fiasko

Im Sommer 1994 entdeckten Intel-Entwickler einen winzigen Fehler in der Berechnung von Fließkomma-Operationen auf dem ersten Pentium-Chip. Intel behob das Problem, das zu selten auftrat und zu unbedeutend erschien, als dass der Rückruf bereits ausgelieferter Chips gerechtfertigt gewesen wäre. Ein großer Fehler: Der Mathematikprofessor Thomas Nicely entdeckte den Fehler einige Monate später und meldete ihn an Intel. Dort aber fühlte sich niemand zuständig. Nicely veröffentlichte den Fehler und seine Erfahrungen mit dem Kundenservice im Internet und sorgte für ein PR-Desaster für Intel. Die öffentliche Entrüstung kostete den Konzern Ansehen, die Pentium-Rückrufaktion 475 Millionen Dollar. "Damals haben wir gelernt, auf unsere Kunden zu hören", schreibt der ehemalige Vorstandschef Albert Yu in seinem Buch "Creating the Digital Future".

Neue Ideen unter Silizium

1995 erschien der Pentium Pro. Mit 5,5 Millionen Transistoren und einer anfänglichen Taktgeschwindigkeit von 150 Megahertz (später 200 Megahertz) konnte er erstmals innovative Techniken realisieren. Beispiele sind drei parallel arbeitende Risc-Pipelines, eine hohe Anzahl von Befehlen pro Taktzyklus, Level-Z-Cache, Speculative Execution und Out-of-Order-Execution. Applikationen wurden damit schneller, die Leerlaufzeiten der CPU verringert.

"Intel setzte mit kleinteiligeren Algorithmen auf die Vorteile der Risc-Technologie, ohne dabei die x86-Architektur umgehen zu müssen", analysiert Computerwissenschaftler Todd Mowry von der Carnegie Mellon University. Der Pentium Pro war nichts anderes als ein Risc-Prozessor innerhalb einer x86-Maschine und schaffte quasi über Nacht einen großen Fortschritt in der Performance. "Intel baute zunächst eine schnelle Maschine und überlegte sich dann, wie sich die x86-Architektur am besten einbinden ließ", verrät Mowry, der auch als Intel-Berater arbeitet. Der Ansatz, neue Ideen in fremden Architekturen zu suchen, war der richtige. Gelsinger blickt zurück: "Dieser Pentium war ein gewaltiger Sprung. Wir haben die besten Ansätze, die in Minicomputern und Mainframes schlummerten, implementiert und mit Silizium überzogen." Im Gegensatz zum Mainframe, dessen Komponenten über eine große Fläche verteilt seien, eröffne die Komprimierung auf kleinen Chips den Entwicklern mehr Möglichkeiten, so der Designer.

Im Mai 1997 stellte Intel den Pentium II Prozessor mit 7,5 Millionen Transistoren vor und ermöglichte dadurch PCs einer neuen Leistungsklasse. Der Chip verband die fortschrittliche Architektur des Pentium Pro mit der eigens entwickelten MMX-Technologie. Sie erweiterte die Mikroprozessor-Architektur mit ihren damals 220 Befehlen um 57 neue Instruktionen, die rechenintensive Routinen speziell für Multimedia- und Kommunikationsanwendungen beschleunigten. Intel bot den Chip mit Taktfrequenzen von 233 bis 450 Megahertz an.