Crisp Perspective

Die Disruption kommt nicht über Nacht

22.11.2017
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Quantenrechner und Computer-Gehirne

Auch im Umfeld der Compute-Architekturen sieht Velten grundlegende Veränderungen aufziehen. "Die heutigen Computer funktionierten nicht wirklich gut und effizient", bilanziert der Crisp-Chef. Mit neuen Konzepten wie Quanten-Computern und dem Neuromorphic Computing stünden jedoch bereits neue Ideen in den Startlöchern - mit teilweise weitreichenden Auswirkungen auf andere IT-Bereiche. Beispielsweise ließen sich mit einem funktionierenden Quanten-Computer sämtliche derzeit existierenden Security-Werkzeuge problemlos aushebeln. Dass es sich dabei nicht um reine Science Fiction handelt, zeigt die Tatsache, dass sich etliche große Unternehmen bereits ernsthaft mit der Technik beschäftigen, beispielsweise Volkswagen.

Velten verweist jedoch auch darauf, dass es derzeit durchaus noch gewisse Probleme bereitet, die physikalischen Voraussetzungen zu schaffen, um mit unterschiedlichen Quantenzuständen rechnen zu können. Der Analyst hält daher auch große Stücke auf ein anderes neues Compute-Konzept, das Neuromorphic Computing. Dabei geht es darum, mit Hilfe von IT die Strukturen des menschlichen Gehirns nachzubilden. Es gibt keine Trennung von Speicher und CPU. Das Projekt "The Machine" von Hewlett Packard, an dem die Entwickler bereits seit Jahren basteln, zielt in diese Richtung. Der Vorteil dieses Compute-Konzepts liegt Velten zufolge darin, dass die Technik eine gewisse Fehlertoleranz mitbringt und auch in der Lage ist, mit unpräzisen Informationen umzugehen.

Unternehmens-IT muss Stackology lernen

Die Herausforderung für die IT-Verantwortlichen in den Unternehmen werde in Zukunft vor allem darin liegen, sich aus all diesen Techniken die passenden Bausteine für die eigene Infrastruktur herauszusuchen. Stackology sei das Zauberwort an diese Stelle, sagt Velten, die richtige Orchestrierung beim Digital Platform Design. Eine wichtige Rolle spielten dabei auch die Schnittstellen sowie die Application Programming Interfaces (APIs). Deren Zahl wachse auch immer schneller, beobachtet der Analyst und verweist auf die rund 18.000 derzeit öffentlich verfügbaren APIs. Das mache die Sache allerdings auch immer komplexer und unübersichtlicher.

Um den Überblick zu behalten, brauchen die Unternehmen aus Sicht von Crisp Research eigenes Know-how und die entsprechenden Ressourcen. "Developer werden zum Erfolgsfaktor", sagt Velten. Es gehe darum, die eigene Plattform mit einer eigenen Mannschaft weiterzuentwickeln, während die grundlegenden Infrastruktur-Dienste weitestgehend automatisiert betrieben würden.

Gute Zeit, um nach Geld zu fragen

Im Aufbau der internen Ressourcen liegt aus Veltens Sicht auch der Schlüssel, neue Techniken gewinnbringend einzusetzen. Hier schließt sich für den Analysten zudem der Kreis zum Startpunkt der lernenden Organisation inklusive der notwendigen Freiräume, sich mit Technik zu beschäftigen. Wer eigene Fähigkeiten aufbaue, schaffe Vertrauen, was wiederum die Basis für Kreativität bilde, so die Rechnung des Crisp-Chefs. Und die könnte aufgehen, auch wenn es durchaus gewisser Investitionen bedürfe, um so eine Organisation aufzubauen. "Die Zeit war noch nie so gut, beim Management nach mehr Geld zu fragen."