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Ganswindt-Portrait: Ex-Kronprinz hinter Gittern

14.12.2006

Heute ist Kleinfeld um Aufklärung des Schmiergeld-Skandals bemüht. "Es geht um den Ruf des Hauses. Wir werden keine Kompromisse machen", betonte der Manager am Dienstag. Da wusste er wohl noch nicht, dass noch am selben Abend die Verhaftung seines Weggefährten Ganswindt verkündet werden würde. Die Staatsanwaltschaft verdächtigt Ganswindt, das Schmiergeldsystem in der Kommunikationssparte zumindest toleriert zu haben. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" wurde er schon frühzeitig von einem Manager über die Zahlungen informiert. Bei diesem Gespräch habe Ganswindt eine in seinem Büro installierte Rauschanlage eingerichtet, um ein Abhören zu verhindern, sagte der Beschuldigte laut SZ aus.

Ganswindt stand bei Siemens gehörig unter Erfolgsdruck. Die Telekommunikationsmärkte waren weltweit in der Krise, die Siemens-Sparte hatte viel zu viel Personal an Bord. So war es denn auch eine der ersten Amtshandlungen Ganswindts im Herbst 2001, den Abbau von nochmals 7.000 Stellen zu verkünden. Weitere Stellenstreichungen sollten folgen. Ein halbes Jahr später setzte er den Verkauf der Router-Tochter Unisphere an Juniper durch. Trotz seiner nicht gerade leutseligen Art war der disziplinierte Manager durchaus angesehen. Im vergangenen Jahr erhielt er die Ehrendoktorwürde der renommierten TU München, auch wegen herausragender fachlicher Leistungen.

Arbeitnehmervertreter bei ICN hatten anfangs einen gemischten Eindruck von dem Manager. "Er ist nicht dadurch aufgefallen, dass er ein Händchen für den Umgang mit Beschäftigten hätte", meint einer, der mit ihm zu tun hatte. In den Verhandlungen um einen Lohnverzicht der ICN-Beschäftigten wurde Ganswindt von der Arbeitnehmerseite einmal gefragt, ob er nicht auch auf einen Teil seines Einkommens verzichten wolle. Ganswindt habe geantwortet, da die Verkehrstechnik erfolgreicher gewesen sei, habe er bei seinem Wechsel zu ICN ja ohnehin schon Verzicht geübt, das müsse reichen.

Auch solche Äußerungen machten Ganswindt nicht unbedingt beliebter. Allerdings wurde dem Manager zu Gute gehalten, dass er gelernter Maschinenbauer war. "Die haben gesagt: Das ist kein schlechter, weil er ein Techniker ist und kein reiner Kaufmann", hieß es. Zudem habe Ganswindt später versucht, mehr zuzuhören und die Mitarbeiter mitzunehmen. Doch weder der Stellenabbau noch die Zusammenlegung von ICN mit der Mobilfunksparte ICM - zuerst unter Lothar Pauly und seit September 2005 unter Ganswindts Führung - oder der Verkauf der Handys an BenQ brachten den ganz großen Durchbruch. Als Folge löst Siemens seine Kommunikationssparte nun komplett auf und kappt damit seine Wurzeln. (dpa/ajf)