Mit Vista kommt IPv6
Eine Gelegenheit, sich mit IPv6 zu befassen, ist die Einführung von Windows Vista, denn Microsoft hat beim aktuellen Windows die TCP/IP-Implementierung komplett überarbeitet. "Vorgängerversionen wie Windows XP verwenden noch zwei verschiedene, getrennt voneinander operierende Stacks (einen für IPv4 und einen für IPV6)", erklärt Buchautor und Windows-Experte Eric Tierling, "bei Vista hat Microsoft dagegen einen Dual-Layer-Stack implementiert."
Das bringt IPv6
Längere IP-Adressen, so dass aus heutiger Sicht jedem Gerät eine eigene, eindeutige Adresse zugeordnet werden kann;
hierarchische Strukturen, die zu effizienteren Routing-Tabellen führen;
bessere QoS-Mechanismen, von denen Echtzeitanwendungen wie VoIP profitieren;
robustere Verbindungs- und Routing-Mechanismen bei Leitungsstörungen;
einfachere Implementierung von Security-Verfahren.
Allerdings hat Microsoft bei Vista und dem Windows Server "Longhorn" den Dual-Layer-Stack nicht nur eingebaut. Im Gegensatz zu den Vorgängerversionen ist IPv6 nun von Haus aus auch aktiviert. Der Softwarekonzern begründet diesen Schritt im "Windows Vista Resource Kit" damit, dass nur so sichergestellt werden könne, dass neue Features wie die Applikation "Windows Meeting Space" unterstützt werden. Diese Anwendung versteht nämlich nur noch IPv6.
Standardmäßig suchen Vista-Rechner deshalb nach dem Start erst einmal nach weiteren IPv6-Hosts (so werden alle Kommunikationsendpunkte in der IPv6-Welt bezeichnet, die keinen Datenverkehr weiterleiten) und Routern (hierunter sind bei IPv6 alle Geräte gefasst, die Datenpakete weitertransportieren können – und ein Node ist in dieser Nomenklatura ein Gerät, das sowohl als Host als auch als Router fungiert). Zudem erhält der Vista-PC zunächst eine standortlokale IPv6-Adresse (Site-Local), die mit dem Präfix FEC0 beginnt. Ersatz für die standortlokalen Adressen sind eindeutige lokale IPv6-Adressen (Unique Local Addresses), die das Präfix FC00 beziehungsweise FD00 besitzen.
Die Suche nach IPv6-Nachbarn hat, wie User berichten, in der Praxis eine etwas störende Nebenwirkung: In reinen IPv4-Umgebungen brauche es eine gewisse Zeit, bis der Rechner im Netz einsatzbereit ist. Zudem scheint diese IPv6-Unterstützung im Zusammenhang mit der Autokonfiguration noch zu einem anderen Phänomen zu führen, wie Ruud Louwersheimer, Experte für Migrationsstrategien beim Carrier British Telecom (BT), beobachtet hat: "Die Vista-Rechner versuchen, in IPv4-Umgebungen einen Tunnel in das Internet aufzubauen, um so IPv6-fähige DHCP-Server zu finden." Da nicht genau dokumentiert ist, wo (eventuell bei Microsoft?) die Rechner nach den DHCP-Servern suchen, empfiehlt es sich in Corporate Networks, die Tunnel zu blocken. Um erste Erfahrungen zu sammeln, kann hier auch wie bereits angesprochen mit den standortlokalen Adressen gearbeitet werden. Oder der IT-Administrator deaktiviert die Unterstützung gleich ganz.