Linux auf dem Prüfstand

13.03.2002
Von 
Jan Schulze ist freier Autor in Erding bei München.

Auf der z900 installierte das Projektteam Linux in VM, um das originäre Mainframe-Betriebssystem beizubehalten. Da für Rotter das Ressourcen-Sharing ein besonders wichtiges Merkmal der Großrechner ist, kam für die OMV eine native Linux-Implementierung nicht in Betracht. Beim Ressourcen-Sharing können die Systemressourcen, etwa Speicher oder Prozessorleistung, den auf der Maschine aktiven Servern oder Applikationen dynamisch zur Verfügung gestellt werden. Benötigt zum Beispiel eine Datenverarbeitung während der Nacht viel Rechenleistung, können diese Ressourcen aus gerade wenig genutzten Anwendungen zugeteilt werden. Linux als natives OS erlaubt aber nur das Ressourcen-Sharing beim Prozessor. „Im Moment sehe ich keine Chancen, ohne VM Linux halbwegs flexibel zu fahren“, erläutert der IT-Profi.

Probleme mit System-Management

Bis jetzt betreibt das Unternehmen ausschließlich Testsysteme mit einigen SAP-Applikations-Servern auf dem Mainframe. Rotter ist generell mit den Erfahrungen zufrieden: „Linux ist bis heute sehr stabil, die Applikations-Server laufen gut.“ Allerdings lasse das System-Management noch zu wünschen übrig. „Wir haben zum Beispiel Tivoli für die Überwachung oder das Workload-Scheduling eingesetzt. Das funktioniert zum Großteil noch nicht“, stellt Rotter fest. Das Framework wurde von IBM bereits für Dezember 2001 angekündigt, einige Wochen wird sich die OMV nach eigener Einschätzung aber noch gedulden müssen. Neben SAP hat die OMV auch bereits andere Systeme auf dem Linux-Teil des Mainframe ausprobiert, darunter eine neue Oracle-Version. Auch hier seien alle Tests erfolgreich verlaufen.

Für Rotter bietet sich das Mainframe-Linux auch als günstige Plattform für neu einzuführende Systeme an: Statt sich bereits im Vorfeld eines Projektes aufgrund eines erwarteten Workloads auf eine Hardware festzulegen, lasse sich ein neuer Applikations-Server zuerst auf dem Mainframe installieren. „In den ersten Tagen und Wochen benötigt das noch sehr wenig Ressourcen“, so Rotter. Der dauerhafte Workload zeige sich manchmal erst nach ein paar Monaten. „Und dann kann ich immer noch entscheiden, ob der Applikations-Server auf Linux, z/OS oder eine AIX-Box gelegt wird.“

Wenn die Testphase beendet und auch seitens der SAP die nötigen Rahmenbedingungen geschaffen wurden, möchte der Konzern zuerst sein Retail-System für die Tankstellenshops produktiv auf den Mainframe legen. Auch soll dort ein Teil der SAP-Applikations-Server dauerhaft eine Bleibe finden. Seitens der IT-Abteilung steht dem nichts mehr im Weg, es fehlt nur noch die Bestätigung der „General Availability“ durch SAP und IBM. Bislang ist R/3 für Linux auf dem Mainframe noch nicht offiziell zertifiziert.

Für Rotter ist es wichtig, dass die nun in der Testumgebung entwickelten Komponenten als Produktionssystem eingesetzt werden können: „Wir müssen ein Gefühl für die benötigten Ressourcen und möglichen Probleme bekommen. Das kriegen wir erst in der Produktion.“