Microsoft drängt zur Mietsoftware

28.03.2002
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Wolfgang Miedl arbeitet Autor und Berater mit Schwerpunkt IT und Business. Daneben publiziert er auf der Website Sharepoint360.de regelmäßig rund um Microsoft SharePoint, Office und Social Collaboration.

Licence 6.0: Microsoft hat im Mai letzten Jahres unter dem Namen „Licence 6.0“ ein neues Lizenzmodell vorgestellt. Die Frist für kostengünstige Übergangsprogramme endet am 31. Juli 2002. Danach gibt es beispielsweise keine Software-Updates mehr. Microsoft verspricht mit dem Modell eine Vereinfachung und mehr Transparenz für Kunden. Neu sind unter anderem integrierte Angebote für Lizenzen, Services und Support, Web-basierendes Lizenz-Management und die Wahl zwischen Kauf-, Miet- und Leasingmodellen. Vor allem für große Unternehmen lohnt es sich, vor Ablauf der Frist die bestehenden Lizenzverträge zu prüfen. Neuverhandlungen mit Microsoft können in vielen Fällen zu Kostenersparnissen führen (www.microsoft.com/germany/lizenzierung/.

Desinteresse beim Mittelstand

Noch kaum Notitz vom neuen Microsoft-Programm hat Bärbel Nissen genommen, die beim Evangelischen Christophoruswerk Duisburg eine IT-Abteilung mit 150 Dektops und acht Servern verantwortet: „Ich habe zwar schon die eine oder andere Broschüre gesehen, aber für uns ist ohnehin alles uninteressant, was in Richtung Mietsoftware geht.“ Nissen ist schon froh, eine komplette Migration auf Windows 2000 erfolgreich hinter sich gebracht zu haben, an permanenten Updates - etwa auf Windows XP - hat sie kein Interesse. Zwar ist die IT-Leiterin mit ihrer Microsoft-Plattform zufrieden, bei einem kompletten Schwenk des Herstellers in Richtung Mietsoftware würde sie aber den Umstieg auf Alternativen wie Linux vorziehen.

Dass die Lizenzbotschaft im Mittelstand auch vier Monate vor Ablauf der Übergangsfrist noch nicht angekommen ist, das lässt auch eine neue Promotion-Aktion von Microsoft vermuten. Mit einer Upgrade-Aktion für Office XP und Windows XP für 69 Cent pro Tag auf der Basis der „Open Subscription License“ und einer Vertragsdauer von drei Jahren soll dieser Klientel der Einstieg in die „Vertragsgebundene Lizenzierung“ schmackhaft gemacht werden.

Spannend dürfte sein, ob Microsoft in der Folge der neuen Lizenzstrategie auch die Release-Politik ändern wird. Bereits jetzt führt der Hersteller als Argument für das neue Modell ins Feld, dass zukünftig noch häufigere, aber weniger einschneidende Updates kommen werden. Die Vermutung, dass damit eventuell die bisher kostenlosen Service-Packs verschwinden werden, wollte eine Microsoft-Sprecherin jedenfalls nicht dementieren. In letzter Konsequenz würde das bedeuten, dass Anwender in Zukunft um wie auch immer geartete Mietlizenzen nicht mehr herumkommen werden und so der von Spöttern vielfach zitierten „Microsoft-Steuer“ noch stärker unterworfen wären.