Microsofts Inflection-Deal - eine verkappte Übernahme?

17.07.2024
Von 
Lynn Greiner, Autorin für die COMPUTERWOCHE-Schwesterpublikation CIO.
Nach den USA prüfen nun auch die Wettbewerbshüter in Großbritannien die Einstellung früherer Inflection-Mitarbeiter durch Microsoft.
Hat Microsoft beim Inflection-Deal geschummelt? Die DMA prüft nach.
Hat Microsoft beim Inflection-Deal geschummelt? Die DMA prüft nach.
Foto: Andrey_Popov - shutterstock.com

Die britische Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde (Competition and Markets Authority, DMA) hat angekündigt, Microsofts Praktiken rund um den Lizenz-Deal mit dem KI-Startup Inflection genauer unter die Lupe zu nehmen.

Microsoft hatte im März bekanntgegeben, dass mit Mustafa Suleyman und Karen Simonyan zwei der drei Mitbegründer von Inflection zu dem Unternehmen stoßen. Ihre Aufgabe sei es, mit Microsoft AI eine neue Organisation ins Leben zu rufen, die sich auf die Weiterentwicklung von Copilot und anderen KI-Produkten für Consumer konzentriert. Suleyman wurde dabei zum CEO, Simonyan zur Chefwissenschaftlerin der Gruppe ernannt.

Wie aus dem Blog-Eintrag von Satya Nadella hervorgeht, schlossen sich auch etliche weitere Inflection-Mitarbeiter den beiden früheren Deep-Mind-Wissenschaftlern an. Gleichzeitig soll Microsoft Berichten zufolge rund 650 Millionen Dollar an Lizenzgebühren gezahlt haben, um die KI-Modelle von Inflection über die Azure-Cloud-Plattform weiterzuverkaufen.

Merger oder nicht Merger?

In der nun aufgenommenen Untersuchung beschäftigen sich die Wettbewerbshüter der DMA mit der Frage, ob es sich bei Microsofts Neueinstellungen faktisch um eine Übernahme handelt und, falls ja, ob dadurch der Wettbewerb in Großbritannien erheblich eingeschränkt wird.

"Die Regulierungsbehörden stellen diese Praktiken zu Recht in Frage, denn sie können Innovation und Wettbewerb abwürgen", kommentiert Phil Brunkard, Executive Counselor bei der Info-Tech Research Group, UK, die Entscheidung. "Wir sollten Startups dazu ermutigen, unabhängig zu wachsen, damit sich ein natürlicher Wettbewerb entwickeln kann. Das stellt sicher, dass Investitionen auf der Grundlage von Leistung getätigt werden und verhindert, dass marktbeherrschende Akteure die Regeln des Wettbewerbs nach ihren eigenen Vorstellungen bestimmen können."

FTC untersucht, EUC beobachtet

Die britischen Regulierungsbehörden sind nicht die einzigen, die diese Aktivitäten in Frage stellen. Bereits im Juni leitete die Federal Trade Commission (FTC) in den USA eine Untersuchung ein, um festzustellen, ob es sich bei der Einstellung von Schlüsselpersonen in Kombination mit der Lizenzvereinbarung tatsächlich um eine heimliche Übernahme handelt.

Auch die Europäische Union verfolgt die Entwicklungen genau. Reuters berichtete im April, dass EU-Kartellamtschefin Margrethe Vestager beobachtet, ob andere Unternehmen Microsofts Strategie des Talent- und Technologietransfers anstelle einer formellen Fusion nachahmen. Sollte sich dies zu einem Trend entwickeln, der die Regeln für Fusionen und Wettbewerb umgeht, könne das Konsequenzen haben, so Vestager gegenüber Reuters. (mb)