So wird die nächste Cloud-Dekade besser

Kommentar  24.07.2024
Von 

David Linthicum ist ein US-amerikanischer Technologieexperte und Buchautor. Zu seinen Schwerpunktthemen gehören unter anderem Cloud Computing, SOA, Enterprise Application Integration und Enterprise Architecture.

Die Tech-Branche kann – GenAI zum Trotz – die Augen nicht vor den Fakten verschließen: Die Cloud-Kunden sind zunehmend unzufrieden und wandern ab.
Angesichts aktueller Abwanderungstendenzen unter den Kunden, müssen sich Public-Cloud-Anbieter mit Blick auf die nächsten zehn Jahre etwas einfallen lassen.
Angesichts aktueller Abwanderungstendenzen unter den Kunden, müssen sich Public-Cloud-Anbieter mit Blick auf die nächsten zehn Jahre etwas einfallen lassen.
Foto: amgun | shutterstock.com

Die Cloud-Computing-Landschaft verändert sich drastisch. Das liegt insbesondere daran, dass Unternehmen den Wert von Public-Cloud-Lösungen zunehmend in Frage stellen. Das markiert eine Abkehr von der in den vergangenen Jahren vielfach vertretenen Ansicht, die Public Cloud sei ein Allheilmittel für sämtliche Technologie- und Infrastrukturerfordernisse. Inzwischen werden Wirksamkeit, Kosteneffizienz und strategische Ausrichtung in Zusammenhang mit Public-Cloud-Instanzen allerdings großflächig neu bewertet.

Darauf müssen die Cloud-Anbieter in den kommenden Jahren reagieren - die Planung dürfte diesbezüglich (hoffentlich) längst angelaufen sein. Wie diese für die kommenden zehn Jahre aussehen könnte - oder sollte - beleuchten wir in diesem Artikel.

Der Public-Cloud-Glanz verblasst

Ursprünglich wurde die Public Cloud wegen ihres Potenzials, Kosten zu reduzieren und Prozesse zu optimieren, gepriesen. Diese Verlockungen von billigeren, schnelleren und flexibleren Lösungen führte zu einer breiten Akzeptanz der Technologie - und plötzlich hatte jeder eine Cloud-First-Strategie - von der Regierungsinstitution bis hin zum Großunternehmen. Davon konnten in erster Linie die Hyperscaler profitieren - also Amazon Web Services, Microsoft und Google Cloud.

Ein paar Jahre später zeigt sich, dass die erwarteten Benefits in weiten Teilen ausgeblieben sind. Von signifikanten Produktivitätssteigerungen durch die Public Cloud können viele Unternehmen weiterhin nur träumen - ebenso wie von überschaubaren Kosten. Und als ob das nicht genug wäre, machen auch die inzwischen drastisch gesunkenen Aufwendungen für On-Premises-Computing und Storage-Server den Cloud-Anbietern einen weiteren Strich durch die Rechnung.

Das Softwareunternehmen 37signals etwa hat seine Profitabilität durch die Abkehr von der Cloud dramatisch verbessert: Bereits eine Million Dollar konnte die Company so einsparen - und unterstreicht damit, was immer mehr Unternehmen realisieren: Die direkten Kosten für Hardware und Hosting in "Shared"-Rechenzentren können im Vergleich zu den Kosten für Public Cloud Services deutlich geringer ausfallen.

Inzwischen ist es auch eine Art offenes Geheimnis, dass nicht wenige Unternehmen heimlich, still und leise ihre Workloads aus der Cloud abziehen und zurück ins eigene Datacenter holen oder zu einem Colocation-Anbieter migrieren. Ihr Ziel: Die Fehler der Cloud-Migration auszubügeln, respektive unter den Teppich zu kehren. Dabei ist jedoch auch anzumerken, dass viele Unternehmen in die Cloud migriert sind, ohne ihre Applikationen zu überarbeiten oder einem Reengineering zu unterziehen. Stattdessen war das Motto in vielen Fällen "Lift and Shift".

Wie die Cloud-Anbieter reagieren (sollten)

Für die großen Cloud-Anbieter besteht trotz des Trends, der Public Cloud den Rücken zu kehren, kein Grund zur Besorgnis. Sie werden schon alleine aufgrund des Generative-AI-Booms (vorerst) weiterwachsen. Schließlich stellen die Public-Cloud-Anbieter den Weg des geringsten Widerstands dar, um die Technologie einzusetzen. Das wird sich positiv auf das Cloud-Wachstum der nächsten Jahre auswirken. Dennoch müssen sich die Anbieter Gedanken machen, wie sie auf lange Sicht ihr Marktwachstum sicherstellen können - denn auch der KI-Boom wird (zumindest in der aktuellen Ausprägung) nicht ewig anhalten. Wir hätten da zwei Vorschläge:

  1. sollten sie aufhören, einen "Cloud-Only-Ansatz" zu propagieren. Viele Public-Cloud-Anbieter werben mit ihren eigenen, spezifischen Systemen - etwa in Bereichen Security, Datenbanken, Anwendungsentwicklung, Container oder Serverless Computing. Allerdings sind die nicht mit anderen Public-Cloud-Instanzen oder On-Premises-Systemen kompatibel - was für die Kunden letztlich in einem Cloud-Silo resultiert. Das kommt für die meisten Firmen inzwischen nicht mehr in Frage: Sie legen heute Wert auf heterogene und autonome Plattformen, die sämtliche eben genannte Aspekte umfassen. Das heißt für die Anbieter, neue Offenheit zu schaffen und Tools zu entwickeln und anzubieten, die Cloud-übergreifende Kompatibilität bieten.

  2. müssen sie Wege finden, ihre Preise zu senken. Der häufigste Ausstiegsgrund in Sachen Cloud sind zu hohe Kosten. Darüber, warum die Anbieter die gesunkenen Preise für Hardware und Services nicht an ihre Kunden weitergeben, lässt sich nur mutmaßen - Investoren zufriedenzustellen, könnte dabei allerdings unter Umständen eine Rolle spielen. Nur sind die Zeiten vorbei, in denen Unternehmen voreilig Cloud-Systeme anschaffen - nur um sich im Anschluss in der berüchtigten "Buyers Remorse" zu suhlen. Nur wenn es den Public-Cloud-Anbietern gelingt, ihren Kunden künftig kosteneffiziente Lösungen anzubieten, werden sie die Abwanderung ins eigene Rechenzentrum sowie zu Colocation- und Managed-Service-Anbietern verhindern können.

(fm)

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