SAP-Kunden fordern

"Wir wollen die alte SAP wiederhaben"

11.12.2008
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

"SAP hat seine Prinzipien über Bord geworfen"

Laut Werner Schwarz, CIO Gerolsteiner Brunnen, ist die immer dicker werdende Preisliste ein Beleg für die wachsende Komplexität der SAP-Produkte.
Laut Werner Schwarz, CIO Gerolsteiner Brunnen, ist die immer dicker werdende Preisliste ein Beleg für die wachsende Komplexität der SAP-Produkte.

Der Ärger sitzt tief bei vielen SAP-Kunden. Offenbar gärt es schon seit Jahren innerhalb der SAP-Klientel. Begonnen habe es mit dem Abschied aus der R/3-Welt und dem von SAP erzwungenen Neukauf von Mysap-Lizenzen, berichtet Gerolsteiner-CIO Schwarz. In der Folge hätten sich die Walldorfer von dem integrierten Produktansatz der Vergangenheit mehr und mehr verabschiedet. Benötigten die Anwender zusätzliche Funktionen, müssten sie diese heute kaufen, kritisiert der IT-Leiter. Zusätzlich steige mit diesem modularisierten Produktansatz auch noch die Komplexität. Deutlich werde dies beispielsweise an der Preisliste des Softwareherstellers. Umfasste diese im Jahr 2002 noch rund 70 Seiten, so seien es heute fast 220. "Fast so dick wie der Otto-Katalog", vergleicht der Schwarz mit einem Schmunzeln, "nur dass Otto deutlich günstiger ist."

Vor allem die wachsende Komplexität der Systeme macht den CIOs zu schaffen. Die SAP-Landschaften müssten wieder beherrschbar werden, fordern sie. Vor Jahren hatte ihr Softwarelieferant alles in einem Paket integriert. Damit hätten sie die Systeme im Griff gehabt, berichten die IT-Leiter. Diesen Pfad habe der Konzern jedoch verlassen. "SAP hat seine Prinzipien über Bord geworfen", beklagt Michael Kranz, CIO der Krones AG. Heute biete SAP viele unterschiedliche Systeme, Module und Funktionen an, kritisieren die CIOs - noch dazu jedes mit einem eigenen Preisschild. Die Komplexität wächst, lautet ihr Fazit. "Wir kämpfen mit einem Zoo an Systemen." Für die Argumentation der SAP-Verantwortlichen, eben wegen dieser wachsenden Komplexität die Supportgebühren erhöhen zu müssen, haben die IT-Leiter nur ein Kopfschütteln übrig: "SAP hat die Architektur der gelieferten Systeme ständig komplizierter gestaltet und damit die Anforderungen an den Support selbst fortlaufend erhöht."

Trotz aller Kritik wollen die CIOs nicht mit SAP brechen. Wir sind auf eine langfristige und konstruktive Zusammenarbeit angewiesen, sagt Krones-CIO Kranz. Viele Unternehmen seien bis in die Haarspitzen von SAP durchdrungen. Daher wären sie grundsätzlich auch an einer starken SAP interessiert. Das funktioniere jedoch nur mit den Kunden, nicht gegen sie, stellt Kranz klar. Sollte SAP diese Abhängigkeit der Kunden und die daraus resultierende Monopolstellung weiter missbrauchen und das Vertrauen der Anwender brechen, gebe es kaum eine Basis für eine künftige Partnerschaft, so das Fazit der Kein-ES-Vertreter.