Kollegen in Sweatshirts und Jeans auf dem Messestand? No way, fand Claudia Kimich, die damals, Mitte der 90er Jahre, für den Außenauftritt einer IT-Sicherheitsfirma verantwortlich zeichnete. Kurzerhand verweigerte die technische Vertriebsleiterin den nachlässig gekleideten Kollegen ihre Namensschilder. "Das brachte mir zwar Ärger ein. Aber das war es wert", meint die Diplominformatikerin. "Eine ungepflegte Erscheinung der Mitarbeiter hätte ein falsches Bild vom Unternehmen abgegeben."
Heute käme Kimich wohl gar nicht mehr in die Verlegenheit, sich über Outfits zu streiten, denn der Schönheitswettbewerb auf den Firmenfluren ist in vollem Gange. Kein Wunder. "Die äußere Erscheinung von Mitarbeitern hat einen zunehmenden Einfluss auf ihre Karriere", sagt Sonja Bischoff, Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der Universität Hamburg. In einer wissenschaftlichen Langzeitstudie erforschte sie die Bedeutung der Attraktivität im mittleren Management. Ergebnis: Während 1986 erst sechs Prozent der Befragten die äußere Erscheinung als Erfolgsfaktor beim Berufseinstieg einstuften, stieg die Zahl 2003 auf 27 Prozent. IT-Kollegen stechen mit besonders hohen Werten heraus. Unter ihnen stuften 43 Prozent der Männer und sogar 50 Prozent der Frauen ein ansprechendes Äußeres als Karrierefaktor ein. Damit belegen die ITler in der Studie nach den Kollegen der Werbeabteilung den zweiten von zehn Plätzen - noch vor dem Marketing oder dem Vertrieb.
Für wen der Anzug ein Muss ist
Die Beauty-Botschaft hat die IT-Abteilungen erreicht. Mehr und mehr Kollegen - vom Programmierer bis zum Systemadministrator - begreifen, dass neben dem Know-how auch das Outfit zählt. "Die Umgebung prägt das Erscheinungsbild der Beschäftigten", erklärt Anja Galka-Jürgens, Senior Personalberaterin beim Karriereportal Jobware Online-Service in Paderborn. "Je mehr sie direkt mit Kunden zu tun haben, desto eher achten die Mitarbeiter auf ihr Äußeres und ihr Auftreten." Denn das beeinflusst auch ihre Karrierechancen. "Es geht darum, dass man sich klar wird, wo man hin will", sagt Kimich, die heute als freie Trainerin in München ITler in Sachen Eigen-Marketing und Persönlichkeit coacht. "Wer nicht im Anzug rumlaufen will, kann auch kein Pre-Sales-Chef werden."
- 1. Nicht mauern!
Ein Anzug allein macht noch keine Karriere. Dennoch hilft ein attraktives Design der persönlichen Benutzeroberfläche in vielen Lebenslagen. Also: Öffnen Sie sich für den Gedanken, dass neben Wissen und Können auch der Auftritt zählt. Selbstvermarktung ist eben nicht nur etwas für Marketing-Leute. Einem Techniker vertraut der Kunde generell schon - einem gut gekleideten erst recht. Warum also auf diese Form der Kundenbindung verzichten? - 2. Nicht verkleiden!
Ein Programmierer im Brioni-Anzug würde nur Kopfschütteln hervorrufen. Um ein attraktives Erscheinungsbild abzugeben, kommt es darauf an, die eigene Persönlichkeit attraktiv zu präsentieren. Optische Brüche vermeidet man am besten, indem man seinen eigenen Stil findet - jenseits von Sportsocken und Funktionsjacke. Statt des Anzugs überzeugt an manch einem Kollegen vielleicht eher die Kombination dunkle Jeans plus Hemd (und Sakko). Wer keine Krawatten mag, greift möglicherweise zum dunklen Rollkragenpullover plus Anzughose. - 3. Achtung, Details!
Oft sind es Kleinigkeiten, die das Outfit stimmig erscheinen lassen - oder die es zerstören. So sollte etwa das Muster der Krawatte den Gesamteindruck der Kleidung unterstützen (also mit Hemd und Sakko harmonieren). Ansonsten besteht die Gefahr, dass vom Träger nur der "lustige" Schlips in Erinnerung bleibt. Der Gürtel sollte zu den Schuhen passen. Also bei beidem entweder zu braun oder zu schwarz greifen, nicht mischen. Wichtig: Das richtige Schuhwerk kann oft über topp oder Flop entscheiden. Teure Treter entpuppen sich häufig als gute Investition, weil sie etwa in Besprechungen ein Blickfang sind. Nicht akzeptabel sind Sneakers und ungeputzte Schuhe - egal welcher Art. - 4. Keine Hektik!
Auch wenn Einkaufen nicht zu Ihren Hobbys gehört: Lassen Sie sich beim Einkleiden unbedingt genug Zeit. Vielleicht hilft Ihnen Ihre bessere Hälfte oder eine Freundin bei der Beratung. Dann sind Sie nicht allein dem Urteil des Verkäufers ausgeliefert - und Ihrem eigenen. Probieren Sie verschiedene Stücke an, nur so lässt sich herausfinden, was wirklich zu Ihnen passt. Ein Jackett darf nicht bei der kleinsten Bewegung kneifen. Und Frauen sollten nur dann Highheels tragen, wenn sie darauf auch problemlos laufen können. - 5. Strategisch anziehen!
Man zieht sich nicht für den Job an, den man hat, sondern für den, den man anstrebt. Schließlich sind auch (Personal-)Chefs Augenmenschen. Wer also eine Stelle als Pre-Sales-Chef anstrebt, sollte nicht in ausgeleierten Pullis und Jeans rumlaufen. Denn so wird ihm kaum eine Position mit Kundenkontakt zugetraut. Man muss den Rucksack ja nicht gleich gegen eine Aktentasche aus Krokoleder eintauschen. Aber vielleicht tut es auch eine Schulterumhängetasche in gedeckter Farbe. Und was spricht dagegen, sich bei den Outfits von Kollegen oder Geschäftspartnern etwas abzuschauen? So bekommt man neue Ideen frei Haus geliefert, ohne gleich Modeprospekte wälzen zu müssen. Schließlich hat man Wichtigeres zu tun.