CW: Auf der diesjährigen International Supercomputing Conference (ISC '09) steht auch das Thema Cloud Computing auf der Agenda. Große Cloud-Anbieter wie Amazon oder Google nutzen für ihre IT-Infrastruktur aber nicht mächtige zentrale Server sondern eine Vielzahl standardisierter x86-Rechner. Werden die klassischen Supercomputer im Cloud-Zeitalter zum Auslaufmodell?
Kranzlmüller: Diese Frage lässt sich durch eine Klassifizierung der Anwendungen beantworten: Hochleistungsrechneranwendungen können treffend in einem dreidimensionalen Raum klassifiziert werden, dessen Dimensionen Rechenleistung, Datenvolumen und Kommunikationsintensität sind. Die verschiedenen Systemarchitekturen für Supercomputing sind meist in einer der drei Dimensionen optimal und bieten Kompromisse bezüglich der zwei anderen Dimensionen. Clouds bieten anpassbare Rechenleistung und gegebenenfalls großen Speicher bei geringer Kommunikationsleistung. Die Superrechner auf den obersten Plätzen der TOP 500 bieten dagegen meist eine spezielle Verbindungslösung mit hoher Kommunikationskapazität. Die Grenzen zwischen diesen Systemen geraten aber zunehmend in Bewegung.
CW: In welchen Bereichen sollten Unternehmen x86-Server-Farmen gegenüber herkömmlichen Supercomputern bevorzugen?
Kranzlmüller: Grundsätzlich hängt die Einsatzmöglichkeit einer Cloud natürlich von der Anwendung ab. Wenn es dabei um lineare Prozessabläufe und unabhängige, vergleichsweise kleinere Datenmengen geht, dann kann eine Cloud durchaus sinnvoll eingesetzt werden. Bei großem Speicherbedarf oder eng gekoppelten, parallelen Prozessen mit entsprechend großen I/O-Anforderungen sind Clouds im Vergleich zum Supercomputer oft unbrauchbar.