1. Undefinierte und überhöhte Ziele
Der Anstoß zum Outsourcing kommt oft von oben. Das Top-Management will IT-Kosten sparen. Dabei steigen die Ansprüche schnell ins Unermessliche. Enttäuschungen stellen sich zwangsläufig ein.
- Reinhard Eschbach, Thomas Cook: Transparenz ist das A und O
„Jeder Dienstleister ist nur so gut, wie ihn der Auftraggeber steuert. Outsourcing darf keine Black Box sein: Ich will verstehen, was der Provider macht, und kontrollieren, ob dies in Einklang mit meinen Zielen steht. Die Transparenz der Kosten – sowohl meiner eigenen als auch derjenigen des Providers – halte ich für wichtig. Eine Open- Book-Policy schafft nicht nur Vertrauen, sie ist auch effizienter, weil beide Seiten wissen, welche Hebel sie ansetzen können.“ - Ralf Stalinski, Cognis: Akzeptanz beim User schaffen
„Wer auslagert, sollte im Vorfeld eine Art Inventur machen, um einen Überblick darüber zu haben, welche Services in den einzelnen Ländern erbracht werden. Erschwert wird Outsourcing vor allem durch die Kluft zwischen der User-Akzeptanz und der Erwartung des Managements. Es ist ja kein Geheimnis, dass Endanwender eine Standardisierung zunächst als Einschränkung empfinden. Hier ist die interne Kommunikation gefordert, die Belegschaft muss die Vorteile der Maßnahmen nachvollziehen können. “ - Walter Friedl, Vistec: Know-how auf Augenhöhe
„Meine goldene Regel lautet: Auf Kundenseite muss es eine Instanz mit mindestens gleichem Know-how geben wie auf der Provider-Seite. Ich habe dafür einen IT-Service-Delivery-Manager für alle Infrastrukturthemen und eine SAP-Managerin für die Applikationen abgestellt. Beide sind dafür zuständig, dass der eingekaufte Service bei unseren Anwendern verlässlich und in guter Qualität ankommt.“ - Dirk Ostermann, RAG: Prozesse zerschlagen
„Ganz wichtig: Sie müssen Prozesse zerschlagen. Sowohl im Eigenbetrieb als auch bei einer internen Auslagerung in eine Tochtergesellschaft schwingen sich Abläufe und Kommunikationswege zwischen Nutzer und IT ein, die nicht immer effizient sind. Die Lethargie und die Das-habenwir- schon-immer-so-gemacht-Einstellung müssen Sie durchbrechen. In dieser Phase ist Führung durch Kommunikation gefragt, denn für alle Betroffenen ändert sich viel.“ - Carsten Stockmann, Mayflower: Beziehung weiterentwickeln
„Outsourcing ist ein Prozess, den man permanent weiterentwickeln sollte. Das Mühsame und Qualvolle besteht dann darin, die Beziehung so zu gestalten, dass sie auch tatsächlich Vorteile bringt. Das heißt, es geht nicht mehr um die Technik – die hat man ja ausgelagert –, sondern darum, Verbesserungen auf der Geschäftsprozess-Ebene zu erreichen.“ - Udo Haarhaus, Dynamit Nobel: Ziele müssen klar sein
„Man muss sich als Auftraggeber über seine Outsourcing-Ziele im Klaren sein. Der Anbieter will das Projekt natürlich unbedingt an Land ziehen. Der Anwender will in der Regel seine Kosten senken. Da herrscht auf beiden Seiten eine gewisse Gier. Aber wenn der Auftraggeber nicht exakt hinterfragt, wie und wo sein Provider die Einsparungen erzielen will, gehen die Partner leicht von unterschiedlichen Annahmen aus.“ - Martin Limpert, Preh GmbH: Hoheit über Prozesswissen sichern
„Die wichtigste Motivation für unsere Outsourcing- Aktivitäten war die Konzentration auf unsere Kernkompetenzen. Hohe Anforderungen etwa an die 7x24- Stunden-Verfügbarkeit der SAP-Systeme können wir intern nicht gewährleisten. Damit wir den reibungslosen IT-Betrieb für unsere Fachabteilungen sicherstellen können, haben wir die Hoheit über das Prozesswissen und das SAP-Wissen im Hause behalten.“
"In der frühen Phase gibt es meistens ein Konglomerat an Wünschen: Man will Kosten sparen, neue Technik möglichst schnell implementieren und die Servicequalität verbessern. Alle Ziele gleichzeitig zu erreichen ist unrealistisch", winkt Niels Fischer, Partner der Schickler Unternehmensberatung in Hamburg, ab. Um die Ziele zu formulieren, muss die Ausgangsbasis bekannt sein. Viele Unternehmen haben ihre interne IT bereits transparent aufgestellt, IT-Dienste samt Service-Levels definiert und Leistungen mit Preisen versehen. Das sind ideale Voraussetzungen für einen Vergleich mit den Leistungen der Outsourcing-Provider. Nicht selten endet ein Auslagerungsvorhaben an dieser Stelle, denn wo die IT sauber aufgestellt ist, gibt es für den Outsourcing-Provider oft kein Verbesserungspotenzial und wenig zu verdienen. Allenfalls das Argument der Mengenrabatte im Einkauf von Hard- und Software sowie der Skaleneffekte fällt noch ins Gewicht, muss aber mit dem Aufwand und den Reibungsverlusten aufgewogen werden.
Eine aufgeräumte IT ist jedoch die Ausnahme: "90 Prozent der Unternehmen mit mehr als 100 IT-Arbeitsplätzen wissen weder genau, welche und wie viel IT-Komponenten sie tatsächlich im Einsatz haben, noch haben sie Erfahrung darin, eine Due Diligence vorzubereiten", vermutet Eberhardt Schott, Professor für Datenverarbeitung, Marketing und Organisation an der FH Aschaffenburg und Partner beim Beratungshaus Intargia. Diesen Unternehmen steht die Kärrnerarbeit bevor, eine vernünftige Ausgangsbasis für ein Auslagerungsprojekt herzustellen. Dieses sogenannte Baseling entspricht einer Bestandsaufnahme: IT-Ausstattung, Kosten, Verträge und Prozesse sind zu erheben beziehungsweise zu beschreiben. Provider übernehmen diese Arbeit bei Bedarf im Rahmen der Due Diligence. Sie haben Profis, deren Tagesgeschäft die Bewertung der Kunden-IT ist.
Ausgehend von der erhobenen Basis sollten weitere Ziele definiert werden: Was sind die Aufgaben der kommenden Jahre? Welche KPIs (Key Performance Indicators) sind in drei oder fünf Jahren erstrebenswert? Welche SLAs benötigt das Unternehmen in welchen Segmenten? Soll etwa eine einheitliche IT-Umgebung eingeführt werden? Wer sich bei der Beantwortung dieser Fragen auf den Outsourcing-Anbieter verlässt, bekommt, was der Provider kann, nicht jedoch, was er braucht.
Die Qualität der aktuellen IT ist dürftig und eine Implementierung neuer Applikationen und Funktionen unvermeintlich. Doch gibt es im Unternehmen weder das dafür benötigte Geld noch die qualifizierte Experten. Folge ist, dass sie marode IT ausgelagert werden soll.
Eine problematische IT sollte man in Ordnung bringen, bevor man sie auslagert. Das ist die Theorie, in der Praxis gibt es aber Zwänge, die keinen Aufschub dulden. "In einer ungeordneten IT ohne SLAs und belastbare Datenbasis sollte man zunächst kleine Outsourcing-Projekte starten", rät Schott. Einfache Hosting- und Outtasking-Projekte, in deren Rahmen klar abgegrenzte Aufgaben an externe Provider übergeben werden, entrümpeln den Betrieb und schaffen Erfahrungswerte für weitere Deals. "So kann man Outsourcing trainieren", muntert der Experte auf. Allerdings sollten unter solchen Umständen keine hohen Sparziele gesteckt werden. Aufräumarbeiten lassen sich Provider bezahlen, ebenso Investitionen in neue Software und Hardware. Gleiches gilt für Mitarbeiter mit Bestandsschutzgarantien, die der Provider übernimmt.