Arbeiten in Deutschland war für viele Spanier lange kein Thema mehr. Deshalb staunte Juan Antonio Artigas nicht schlecht über einen Film aus dem Jahr 1963. Seine Landsleute reisten damals in ein fernes Land, auf der Suche nach Arbeit. Doch seit dem Filmdreh hat sich in Europa vieles verändert. Bedeutete es damals noch, nach einer langen Zugfahrt mit vielen Passkontrollen und noch mehr Formularen in einer ungewissen Zukunft anzukommen, so pendelt der IT-Ingenieur Artigas heute wie selbstverständlich zwischen Frankfurt am Main und Barcelona.
Derzeit denken junge Spanier wieder darüber nach, für eine berufliche Perspektive ins Ausland zu gehen. Doch die Bedingungen seit den 1960er Jahren haben sich gravierend verändert. Suchten damals hiesige Industrieunternehmen in Südeuropa nach billigen Arbeitskräften für ihre Fabriken, denken heute Firmen darüber nach, wie sie studierte Informatiker und Ingenieure aus Europa ins Land holen können.
Vertraute Umgebung bevorzugt
"Deutschland hat einen guten Ruf, und es ist für Spanier attraktiv, für einige Jahre hierher zum Arbeiten zu kommen", erzählt Juan Antonio Artigas in perfektem Deutsch. Den 43-Jährigen zog es 2009 zum ersten Mal für ein IT-Projekt nach Frankfurt am Main.
Momentan arbeitet er zwar in Deutschland, Teil seiner Aufgabe ist es aber, sich regelmäßig mit den Kollegen in Spanien vor Ort auszutauschen. "In Deutschland habe ich mehr Möglichkeiten, die Projekte sind interessanter und größer", erzählt Artigas. Noch in Spanien besuchte er einen Deutschkurs, um sich gut vorbereitet auf die Jobsuche zu begeben. Zwar sei es gerade im IT-Umfeld nicht unbedingt notwendig, die Landessprache zu sprechen, doch gleich in seinem ersten Projekt arbeitete der Spanier in einem rein deutschsprachigen Team: "Die Arbeitssprache war Englisch, doch ohne Deutschkenntnisse hätte ich viel weniger von den Zwischentönen mitbekommen."
Artigas bereut es keineswegs, dass er vor einigen Jahren den Schritt gewagt hat, nach Deutschland zu kommen. "IT-Kenntnisse sind standardisiert und das Expertenwissen überall gleich. Doch ich habe viel auf der persönlichen und kulturellen Ebene dazugelernt. In einem internationalen Team geht jeder anders an die Lösung eines Problems heran. Das ist nichts, was man in der Schule lernt."
Der IT-Dienstleister GFT verfügt über mehrere Niederlassungen auf der iberischen Halbinsel und in Brasilien. Mitarbeiter können sich je nach Auftragslage für andere europäische Länder bewerben, wobei es mehr IT-Spezialisten aus Spanien nach Deutschland zieht als umgekehrt. "Wir sind gut mit unseren HR-Kollegen in Spanien und Brasilien vernetzt und tauschen uns regelmäßig aus", berichtet Bettina Mann, verantwortlich für das Personalwesen von GFT in Deutschland. Das Recruiting finde im jeweiligen Land statt, da die Kollegen die Bedingungen des dortigen Arbeitsmarkts am besten kennen. Dass die Bewerber allerdings noch zögern, ihre vertraute Umgebung zu verlassen, kann die GFT-Personalerin immer wieder beobachten: "Die Zahl der Bewerbungen in Spanien ist in den vergangenen Monaten kaum angestiegen."
Im Projekt spricht man Deutsch
Umgekehrt wagen es die über Fachkräftemangel klagenden deutschen Firmen nur selten, sich in Südeuropa nach neuen Mitarbeitern umzusehen. Viele sind unsicher, wie der dortige Arbeitsmarkt und die Bewerbersuche funktionieren oder an welche Universitäten sie sich wenden sollen. Obwohl die Studienabschlüsse europaweit seit der Bologna-Reform leichter vergleichbar sind, herrschen hierzulande Skepsis, manchmal auch Vorurteile und Arroganz zu der Frage, was von südeuropäischen Absolventen zu erwarten sein könnte.
Ein mittelständisches IT-Beratungsunternehmen, das nicht genannt werden möchte, fürchtet vor allem die Kosten und den Aufwand, Interessenten in Südeuropa anzuwerben und von einem Umzug nach Deutschland zu überzeugen. "Unsere Kunden erwarten, dass die Berater in den Projekten auch Deutsch sprechen", so ein häufig genanntes Argument.
Doch es gibt durchaus Überlegungen, das Potenzial zu nutzen und einzelne Entwicklungsprojekte nicht nach Indien, sondern nach Südeuropa auszulagern. Dafür sprechen die guten IT-Kenntnisse der Südeuropäer und das günstige Kostenniveau.
Die gut ausgebildeten Fachkräfte in Ländern mit hohen Arbeitslosenzahlen zögerten zuletzt oftmals noch, sich auf den Weg ins ferne Deutschland zu machen. Nach den Beobachtungen des Informatikprofessors Carlos Delgado Kloos, der in Madrid an der Universidad Carlos III lehrt, ändert sich das aber langsam, und einige Studenten erkundigen sich bei Delgado Kloos nach Jobperspektiven im Ausland: "Viele junge Leute waren häufig im Ausland auf Reisen und denken jetzt auch über die besseren Jobchancen im Norden nach."
- Platz 1: Google
Zum zweiten Mal in Folge wählen Europas Informatikstudenten den Suchmaschinenanbieter Google als ihren Favoriten, wenn es um die Wahl des künftigen Arbeitgebers geht. - Platz 2: Microsoft
Der Softwareriese Microsoft verbesserte sich um einen Platz und belegt nun den zweiten Rang in der Skala der begehrtesten europäischen IT-Arbeitgeber. - Platz 3: IBM
Dafür verschlechterte sich IBM um einen Rang und belegt nun Platz drei. Man muss dem weltgrößten IT-Anbieter zugute halten, dass er seit Jahren in diesen Rankings sehr gut abschneidet - Platz 4: Apple
Apple genießt Kultstatus. Obwohl das Unternehmen ganz selten eine Stelle ausschreibt, möchte der Computernachwuchs in der Firma von Steve Jobs arbeiten. - Platz 5: Intel
Intel verschlechtert sich um einen Platz und landet in diesem Jahr auf Rang fünf. Der Chiphersteller hat es mittlerweile geschafft, auch unter Entwicklern als interessanter Arbeitgeber zu gelten. - Platz 6: Cisco
Cisco hat sich vom neunten auf den sechsten Platz vorgearbeitet und hat in den letzten Jahren fleißg an seinem Image als weltweit größter Netzanbieter, der die Arbeitsplätze von morgen ausstattet, gearbeitet. - Platz 7: Nokia
Endlich der erste Europäer: Wie auch im vorigen Jahr belegt Nokia Platz sieben und durchbricht die Vorherrschaft der amerikanischen Arbeitgeber. - Platz 8: Oracle
Denn schon auf Rang acht folgt wieder eine US-Firma. Der Datenbankanbieter Oracle kämpfte sich vom 14. Platz unter die Top-Ten. - Platz 10: Siemens
Gerade noch in die Top Ten schaffte es die zweite europäische und erste deutsche Firma: Siemens. Der Münchner Weltkonzern hat seine skandalträchtigen Monate hinter sich und blickt optimistisch nach vorne – verbesserte sich um zwei Plätze.